30.

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Den restlichen Tag bin ich ungewohnt schweigsam und hänge eher meine Gedanken nach. Auch als alle beschließen, dass man eine nette Runde bei uns zuhause machen könnte, sage ich nichts. Ich glaube, ich brauche einfach mal wieder Ruhe. Aber wenn heute alle bei uns rumhängen, wird das auch wieder nix. Trotzdem freue ich mich irgendwie auf einen Abend mit meinen Freunden.

Zum Schulschluss treffe ich Kaiden und Shane an meinem Auto wieder- zu allem Überfluss steht Stacy bei ihnen und klammert sich an Shane, der sie allerdings beinahe vollkommen ignoriert.
Mit einem Kopfnicken bedeute ich den beiden Jungs, einzusteigen. Ohne lange zu warten setze ich mich selbst hinters Steuer und starte direkt den Motor. Kaum, dass die Beiden sitzen, fahre ich los.
"Da hat's aber jemand eilig heute." lacht Shane und ich schenke ihm nur ein gezwungenes Lächeln.
Vorerst setzen wir Shane bei sich zuhause ab, er wird später zu uns kommen. Kaiden und ich gehen noch etwas einkaufen, bevor wir unser Heim betreten.

"Ehm, Hi Mom, Hi Dad." Überrascht stammeln wir eine Begrüßung an unsere Eltern, die am Wohnzimmertisch sitzen und Kaffee trinken.
"Hallo ihr Beiden! Schön, dass ihr da seid!"
Kaiden und ich wechseln unauffällig einen 'was-zur-Hölle-ist-denn-jetzt-los'-Blick, bevor wir uns zu ihnen setzen und in belanglose Gespräche verwickelt werden. Wann haben wir das letzte Mal gemeinsam am Tisch gesessen und miteinander gesprochen? Sicherlich lange bevor ihre Firma erfolgreich wurde. Jedenfalls kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Mom reißt mich aus meinen Gedanken und ich zwinge mich, ihr weiter zuzuhören.
"...jedenfalls müssen wir nachher auch schon wieder los, in unserer Abwesenheit hat sich einiges angestaut. Ihr versteht das doch, oder?"
"Ja Mom." antworten wir wie einstudiert
"Und demnächst gehen wir mal wieder alle zusammen schön was essen, ja?"
"Ja Mom."
Klingt, als hätten sie uns irgendwas zu sagen. Aber jetzt ist natürlich erstmal wieder die Firma wichtiger.

Wenig später verschwinden Kaiden und ich in mein Zimmer.
"Was zur Hölle hab ich verpasst, dass Mum und Dad sowas neuerdings mit uns kommunizieren möchten?" Kaiden runzelt genervt die Stirn und schaut mich abwartend an, doch ich atme nur laut aus und schürze die Lippen.
"Ich weiß es auch nicht. Wahrscheinlich ist ihnen aufgefallen, dass sie ja Kinder haben und dass man sich da ab und zu drum kümmern müsste. Vielleicht hätten sie lieber Goldfische kaufen sollen, statt Zeit im Bett zu verbringen damals."
"Ach Schwesterherz. Dein allgemeiner Groll ist nicht gerade gut für dich."
 neckt er mich sanft, doch dazu bin ich gerade nicht aufgelegt.
"Für mich ist gerade so einiges nicht gut. Witzig, oder?"
Kaiden schmeißt sich zu mir auf mein Bett und legt seine Arme um mich. Ich schmiege mich an ihn und im Stillen danke ich unseren Eltern, dass ich kein Einzelkind bin.
Wir hören, wie unten die Haustür ins Schloss fällt und treffen uns gegenseitig mit einem vielsagenden Blick. 
Augenblicke später trampeln wir in die Küche, um ein paar Snacks vorzubereiten, bis unsere Freunde kommen. Anscheinend wurde beschlossen, dass wir nicht die ganze Zeit zocken möchten wie sonst. 
Gerade fülle ich noch Chips in eine Schüssel, als es schon klingelt.
"Ich geh schon!" ruft Kaiden mir zu uns öffnet die Tür. Da ich länger nichts höre, gehe ich davon aus, dass es Jenny ist und die Beiden sich angemessen begrüßen- wie das frisch Verliebte so machen, wenn sie sich zwei Stunden nicht gesehen haben.

Plötzlich taucht neben mir eine Hand auf und greift zu den Chips. Seine Präsenz spüre ich dicht hinter mir und eigentlich möchte ich gerade nichts sehnlicher, als mich nach hinten zu lehnen, und mich bei ihm anzuschmiegen. Stattdessen beiße ich mir auf die Lippe und schlage sanft seine Hand weg.
"Finger weg, Shane, die sind für alle."
"Ich bin professioneller Vorkoster."
"So so. Dann sei doch mal ein professioneller Schlepper und bring das schon mal ins Wohnzimmer." Damit drücke ich ihm die Chips und noch eine weitere Schüssel mit Snacks in die Hand und schiebe ihn aus dem Raum. Mein Blick verfolgt ihn, bis er aus meinem Sichtfeld verschwindet, dann drehe ich mich wieder um und reinige noch schnell die Arbeitsfläche.
Mein Handy vibriert und zeigt mir eine Nachricht von Bea an. Ich stütze mich mit den Unterarmen auf den Tresen, um die Nachricht entspannter zu lesen. Sie wäre wohl mit Adrian unterwegs und fast da. Gerade schicke ich meine Antwort ab, als sich Shanes Hände von hinten auf meine Hüften legen. Schnell richte ich mich auf, doch dabei drückt er mich näher an die Küchenzeile, sodass ich zwischen ihm und dem Tresen eingekesselt bin.
Meine Haut kribbelt von seinen Berührungen und mein Herz scheint eine ganz eigene Vorstellung davon zu haben, wie es schlagen sollte.
"Du hast mir auf den Hintern geschaut, Stimmt's?" raunt er in mein Ohr.
Ich schlucke schwer, bevor ich antworten kann. "Ich musste ja aufpassen, dass du nicht unterwegs alles auffrisst, so als professioneller Vorkoster..."
"Hmmm, ich muss noch was ganz anderes vorkosten, glaube ich." Mit diesen Worten dreht er mich um und hebt mich mit Leichtigkeit auf die Arbeitsfläche. Mit sanftem Druck schiebt er sich zwischen meine Beine und nähert sich meinem Oberkörper.
"Oh. Und was genau wäre das?" frage ich gespielt erstaunt mit erhobener Augenbraue.
Zärtlich streift er mit seinen Fingern an meiner Kinnlinie entlang, über meine Lippen- schon sind seine Finger an meinem Hals entlanggeglitten und berühren die Haut an meinem Schlüsselbein. "Das alles..." Gebannt beobachtet er die Gänsehaut, die seinen Berührungen auf meiner Haut folgt, bevor er den Blick wieder hebt und mir tief in die Augen sieht. "Gott, du bist so wunderschön." haucht er leise und beugt sich weiter zu mir. Seine Lippen sind nur noch so wenige Centimeter von meinen entfernt und so verlockend, doch irgendwie versuche ich trotzdem ihn wegzuschieben. "Shane, nicht, du und .."
Weiter komme ich nicht, denn ohne auf meine halbherzigen Versuch, ihn wegzuschieben zu reagieren, küsst er mich. Leise seufze ich, schiebe die Gedanken an Stacy und ihre Drohungen für den Moment beiseite und erwidere seinen leidenschaftlichen Kuss. Als wüssten meine Hände nicht, wo sie hinwollen, streichen sie von Shanes Hinterkopf, über seine Hüften zu seinem Hintern und pressen ihn fester an mich. Er brummt leise und zufrieden, als eine Stimme im Flur mich aufschrecken lässt.
Stacy. Was tut sie hier?!
Shane scheint ähnlich überrascht wie ich zu sein, was ich als perfekten Moment nutze, um ihn von mir wegzuschieben und von dem Tresen zu hüpfen. Ich greife nach meinem Handy und verstaue es in meiner Hosentasche, als Stacy die Küche betritt. Sofort wirft sie sich Shane wortwörtlich an den Hals und presst ihre grell geschminkten Lippen auf seine Wange. Sein Blick wirkt hilflos, trotzdem lässt er sie gewähren. Sie löst sich mit einem Schmatzen von ihm, wirft mir einen eindeutigen, warnenden Blick zu und zieht ihn mit sich in das Wohnzimmer. Ich presse die Zähne aufeinander, schließe meine Augen kurz und atme geräuschvoll aus, bevor ich ihnen folge. Stacy lässt sich gerade auf Shanes Schoß fallen, kaum dass er sich auf die Couch gesetzt hat.
"Also jedenfalls heiratet Daddy an dem Tag und ich hätte dich gern als meine Begleitung dabei, Baby. Ja oder ja?" glücklich grinst sie ihn an, während mir fast das Herz stehen bleibt.
Klar, erst vor wenigen Tagen kam meine Einladung zur Hochzeit von "Meredith und Daniel". Irgendwie war das total untergegangen, in meinem allgemeinen Chaos.
Aufmerksam beobachte ich Shanes Reaktion auf ihre Frage.

Ein schiefes, unehrliches Lächeln auf den Lippen, nickt er leicht. "Natürlich..."


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Tüdelü. 

Etwas kürzer und ich hab bisschen gebraucht, aber jetzt geht's ja weiter :D
Ich bin derzeit allein auf Arbeit und dementsprechend fertig wenn ich abends nach Hause komme, da war gerade echt nicht viel Zeit zum schreiben leider, obwohl mein Kopf fast explodiert vor Ideen. ( Nicht nur für diese Geschichte ;) )

HeartracerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt