42.

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Die Trauung war wunderschön und Daniel sieht wirklich glücklich aus. Es ist lange her, dass er so gestrahlt hat.
Erst nachdem sich der Großteil der Leute am Büffet schon den Bauch vollgeschlagen hat, kommen Stacy und Shane auf uns zu und begrüßen uns.
Ich unterbreche das Gespräch mir Bea und Adrian, die natürlich auch hier sind, um Shane freundschaftlich in den Arm zu nehmen und Stacy zumindest freundlich anzulächeln.
"Was machst du überhaupt hier?" fragte Shane mich, als seine Begleiterin kurz mit anderen Gästen beschäftigt ist.
"Daniels Hochzeit feiern, würde ich sagen." antworte ich vage.
"Das ist mir klar." schnaubt er. "Woher kennst du ihn?"
"Eine sehr lange Geschichte."
"Alles okay Baby?!" quietscht das platinblonde Monster -Stacy- plötzlich dazwischen.
"Ja." Er runzelt die Stirn, ohne den Blick von mir abzuwenden. "Kalista wollte mir gerade erzählen, woher sie Daniel so gut kennt, dass sie auf seine Hochzeit eingeladen wird."
Stacy kneift die Augen zusammen. "Wen interessiert das denn?" meckert sie und will ihn wegziehen. Auch Adrian und Bea haben sich uns zugewandt, Liam legt beruhigend eine Hand auf meinen Rücken.
"Mich." antwortet Shane stur und bleibt stehen, bedenkt mich mit einem auffordernden Blick.
"Nun... Grob gesagt war ich mal sehr gut mit deiner Begleiterin befreundet. WAR befreundet."
"Was ist passiert?"
"Musst du noch weiter nachbohren? Ausgerechnet heute? Menschen ändern sich, Shane. Manchmal funktioniert es einfach nicht mehr." antworte ich gereizt. Unwillig, ihm noch mehr zu erzählen. Ich erzähle ihm mittlerweile gern die ganze Geschichte, mit allem drum und dran, aber nicht hier und heute. Weder der richtige Zeitpunkt, noch der richtige Ort.
Seine Ablenkung nutzt Stacy, um ihn von mir wegzuziehen und sie versteht sich auch hervorragend darauf, ihn während der nächsten Stunden von mir fernzuhalten. Vielleicht ist mir das auch ganz recht so, so muss ich mich nicht weiter rechtfertigen, dass die gesamte Familie mich gut kennt und ich mit allen mindestens fünf Minuten erzähle. Liam versorgt mich derweil mit Cocktails und Snacks, wenn er sich nicht gerade einmischt oder mit Adrian Erzählungen austauscht. 
Endlich wird die Tanzfläche eröffnet und Liam und ich beschließen, uns etwas Bewegung zu verschaffen.
Liam versteht sich glücklicherweise hervorragend auch auf Standardtänze - vielleicht lernt man das mittlerweile auch auf der Uni. Ich erzähle ihm meine Vermutung und er muss lachen. "Nein, Dad hat darauf bestanden, als ich so 14 war oder so. Ein Mann muss tanzen können, hat er immer gesagt. Also bin ich knappe 4 Jahre zum Tanzunterricht gegangen. Und manche Sachen verlernt man eben nicht. Und es kann auch sein, das ich zu einem Auffrischungskurs gegangen bin, nachdem du mich gefragt hast, ob ich mitkomme." fügt er lächelnd hinzu. Jetzt ist es an mir, herzlich zu lachen, doch ich unterbreche abrupt, als Shane auf uns zusteuert.
"Darf ich um einen Tanz bitten, Kalista? Nur einen."
Ich werfe Liam einen fragenden, unsicheren Blick zu, doch er nickt aufmunternd.
Tanzen mit Shane ist auf einem vollkommen anderen Level. Seine dominante Art zu führen, die mir schon damals aufgefallen ist, bringt mich plötzlich nicht mehr zum schwärmen und abheben, trotzdem kann ich nicht leugnen, dass er nach wie vor verdammt gut tanzt und wir sicherlich eine tolle Einheit bilden.
"Danke." Er haucht mir einen Kuss auf die Wange und übergibt mich wieder an Liam, der mich erstmal wieder mit zur Bar zieht.
Adrian und Liam begeben sich mal wieder zur Bar, um unsere Gläser aufzufüllen, als Bea abrupt unser Gesprächsthema ändert. 
"Hast du es ihm gesagt?"
"Was? Wem?" frage ich unwissend.
"Liam. Dass du ihn liebst."
"Ich... Was? Nein! Nein... Wie kommst du darauf?"
"Dein Blick die ganze Zeit. Wärst du in einem Comic, hättest du die ganze Zeit Herzchen-Augen. Spätestens, als du mit Shane getanzt hast. Ihr saht großartig aus, aber nicht zu vergleichen mit dem Feuer zwischen dir und Liam. Außerdem hätte er Shane am liebsten die Hände abgehackt, als er dich von ihm weggezogen hat."
"Das... Nein. Das täuscht bestimmt."
"Was täuscht?" fragt Liam neugierig und setzt sich wieder neben mich, seine Hand bleibt auf meinem Oberschenkel liegen.
"Nichts, nichts." erwidert Bea schnell, zwinkert mir zu und bringt den nächsten Trinkspruch für Daniel und Meredith, obwohl ich das Gefühl habe, als sie über Liebe und Leidenschaft spricht, sie eher zu Liam und mir schaut. 
Viele Stunden und kleine Schnäpse später dünnen sich die Reihen der Partygäste aus und gerade die Älteren verlassen das Grundstück.
Daniel ergreift grinsend das Mikrofon, das beim DJ steht. "Dann wollen wir doch mal die richtige Party steigen lassen, oder?" Seine Mutter, die geradenoch ihre Sachen zusammensucht lacht und hebt gespielt erbost den Zeigefinger, bevor ihr Begleiter sie stützt und zum Auto bringt. Eine beeidruckende alte Dame, ich habe sie schon früher immer sehr gemocht. 
Daniel hört man deutlich an, dass er sich an beinahe allen Runden, die ausgerufen wurden, mitgetrunken hat, doch ich bezweifle, dass es bei mir anders ist. Möglicherweise sollte ich mal meinen Alkoholkonsum der letzten Wochen überdenken. Aber wie so vieles- nicht heute.
Lachend und wahrscheinlich auch leicht schwankend zieht Liam mich zurück auf die Tanzfläche, denn jetzt, wo die Musik auch eine andere ist, ändert sich auch sein Tanzstil.
Nach nur wenigen Songs sind wir an dem Punkt, an dem wir bei unserem Date damals den Club verlassen haben.
"Vielleicht bereue ich das gleich aber, für mich ist gerade der Punkt gekommen, an dem ich dich frage, ob wir nicht vielleicht... zu mir wollen? Mein Mitbewohner ist nicht da..." raunt Liam mir ins Ohr, als wir gerade wieder eine kleine Tanzpause einlegen.
Seine Worte lösen eine Gänsehaut an mir auf und ich schlucke schwer. Das Kribbeln in meinem ganzen Körper nimmt zu und lächelnd nicke ich einfach nur.
Schnell haben wir unsere Sachen eingesammelt, uns verabschiedet und ein Taxi gerufen. Kaum sind wir außer Sichtweite der restlichen Partygäste umfasst Liam meine Taille und küsst mich leidenschaftlich. Sein plötzlicher Ausbruch überrascht mich, doch ohne zu zögern erwidere ich seinen Kuss. Als wäre meine Haut sein Lebenselixier, löst er sich nur für Sekundenbruchteile von mir, um mich dann erneut zu küssen. Auf dem Mund, an meinem Hals, an meinem Ohr, selbst an meiner Schulter- seine Lippen sind einfach überall und ein wohliges Stöhnen entfleucht meiner Kehle. "Gott, das wollte ich schon die ganze Zeit tun..." flüstert er heiser, bevor er erneut seine Zunge zwischen meine Lippen schiebt und seine Hände an meinen Seiten enlanggleiten.
Ich merke, wie es ihm schon im Taxi schwerfällt, die Hände bei sich zu behalten, doch auch das schafft er.
Die Tür seiner Wohnung ist noch nichtmal richtig ins Schloss gefallen, als wir die Schuhe von unseren Füßen kicken und uns wieder aufeinander stürzen. Seine Krawatte und sein Hemd verliert er irgendwo auf dem Weg durch das Wohnzimmer, mein Kleid fliegt über die Couchlehne und als er mich im Türrahmen zu seinem Schlafzimmer hochhebt, tragen wir beide nur noch Unterwäsche.

HeartracerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt