54. (Epilog)

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"Kleines, du solltest wirklich langsam aufstehen, der Kaffee wird kalt." raunt seine warme Stimme dicht an meinem Ohr. Sein warmer Atem verursacht mir eine Gänsehaut und mit einem glücklichen, zustimmenden "Hmmhmm" kuschle ich mich wieder tiefer in die Untiefen meines Bettes. Ruckartig verschwindet meine Bettdecke und die damit verbundene Wärme.
Unwillig murre ich und greife nach einem der Kopfkissen, um es dem Deckendieb an den Kopf zu werfen, was mit geschlossenen Augen allerdings etwas schwierig ist. Aber wenn ich sie aufmache, kann ich nicht mehr so tun, als würde ich nochmal einschlafen können.
Lachend fängt Shane das Kissen ab und stürzt sich auf mich. Kniet über mir und kesselt mich praktisch ein, während er federleichte Küsse an meinem Hals verteilt.
"Ich kann gar nicht aufstehen, du hälst mich ja hier fest." nuschle ich undeutlich in seine Haare und schmiege mich an seinen Körper.
"Keine Ausreden! Los jetzt!" grummelt er gespielt streng und zieht mich zumindest in eine sitzende Position.
Seufzend streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. "Kann ich vorher noch duschen gehen oder hast du wirklich schon alles fertig?"
"Ich war noch nicht mal beim Bäcker, mein Herz. Ich weiß doch wie lange du brauchst, bis du endlich aufstehst."
Ein leises "Arsch." entfleucht mir, während ich mich an meinem Freund vorbei ins Bad schleppe.
Seine Hand klatscht leicht auf das eben betitelte Körperteil und ich kann das Schmunzeln auf seinen Lippen fast schon spüren, als er mir ein leises "Ja, ich liebe dich auch." hinterherruft.
Während ich mich selig lächelnd tatsächlich unter die Dusche stelle, höre ich wie die Wohnungstür ins Schloss fällt.
Ich binde gerade noch meine frisch geföhnten Haare zu einem Zopf zusammen, als Shane aus der Küche kommt und schnell, fast heimlich, noch etwas auf den Tisch stellt. Neugierig versuche ich an ihm vorbei zu schauen, doch er kommt direkt auf mich zu und legt seine Hände sanft auf meine Hüften und zieht mich zu sich heran. Zärtlich berühren sich unsere Lippen, doch bevor dieser Kuss zu intensiv wird, löst sich Shane wieder von mir. "Happy Birthday, Kalista." raunt er mir ins Ohr und presst mich fest an sich. Glücklich seufzend schmiege ich mich an ihn, kurz darauf wird der romantische Moment jedoch synchron von meinem knurrenden Magen und dem Klopfen an der Tür unterbrochen. 
Verhindernd, dass ich auf den Tisch gucken kann, schiebt er mich zur Tür, sodass ich aufmachen kann.
Kaiden fällt mir direkt um den Hals, kaum dass ich aufgeschlossen habe.
"Alles Gute, Schwesterchen!"
"Selber alles Gute, Brüderchen!" lache ich und drücke ihn herzlich.
Danach lasse ich mich auch von Jenny beglückwünschen, bevor wir endlich zum wichtigsten Teil des Tages übergehen können. Frühstück.
Auf dem Tisch steht eine wunderschöne kleine Torte, mit Kaidens und meinem Namen. Zwei kleine Kerzen brennen darauf, von uns ausgepustet zu werden, während Shane bereits Kaffee verteilt.
Hätte ich jemals geahnt, was für ein Gentleman in dem vermeintlichen Badboy steckt, hätte ich ihm wahrscheinlich schon anfangs anders gegenübergestanden. Aber wer weiß, ob das so gut gewesen wäre.
Grinsend pusten mein Zwillingsbruder, der immerhin 12 Minuten älter ist, und ich schließlich die kleinen Feuerchen aus und stürzen uns dann auf die noch warmen Brötchen.
"Also, was macht ihr?" fragt Kaiden Shane und mich, doch ich weiß von nichts und Shane lächelt nur verschwörerisch.
"Ich weiß von nichts. Meinetwegen hätten wir auch den ganzen tag im Bett bleiben können. Was stellt ihr an, bevor wir heute Abend in den Club gehen?"
Mein Bruder ist jedoch genauso ahnungslos über seinen Tagesablauf, wie ich über Meinen und so frühstücken wir einfach entspannt, bevor sich unsere Wege, zumindest bis heute Abend trennen. 
Hand in Hand verlassen Shane und ich das Haus, in dem meine Wohnung liegt. Meine Wohnung, in der Shane auch irgendwie wohnt. Mittlerweile steht im Schlafzimmer ein kleiner Schrank mit Klamotten von ihm, auch sein Musikequipment konnten wir samt seinem Schreibtisch unterbringen. Einen eigenen Schlüssel hat er seit, naja, dem verhängnisvollen Abend im Club eigentlich. Also seit fast einem halben Jahr. Und verdammt, ich könnte nicht glücklicher sein im Moment. 
"Verrätst du mir jetzt, was wir machen?" frage ich, hibbelig wie ein kleines Kind auf dem Weg zum Ponyhof.
Doch mein Geliebter grinst und schüttelt verneinend den Kopf, während er die Tür seines Wagens für mich aufhält.
"Geduld, schöne Frau." Dann schließt er die Tür und taucht kurze Zeit später auf dem Fahrersitz auf.
Während der Fahrt beobachte ich die Umgebung und versuche irgendwelche Rückschlüsse zu ziehen, wohin es geht, doch ich bekomme einfach kein verdammtes Wort aus dem hübschen Mann neben mir heraus. Er grinst einfach nur vergnügt und zwinkert mir immer wieder zu. Frustriert schnaubend verschränke ich die Arme vor der Brust und starre aus dem Fenster.
"Hey, da ist Adrians Wagen!"
"Oh echt, hab ich gar nicht gesehen. Was macht der denn hier?" fragt Shane überrascht, doch so ganz überzeugt bin ich nicht. Mit zusammengekniffenen Augen beobachte ich, wie er sich nur schwer ein Lachen verkneifen kann, während er den BMW in eine ziemlich enge Parklücke bugsiert.
"Na los, lass uns aussteigen." haucht er leicht atemlos, nachdem er sich zu mir rüber gebeugt hatte und mir einen ziemlich feurigen Kuss aufgedrückt hat.
Mit leicht roten Wangen nicke ich und scanne interessiert meine Umgebung ab, während ich die Autotür schließe. Shane ergreift meine Hand und führt mich auf einen unscheinbaren Hinterhof. Garage reiht sich an Garage, doch mein Hirn verweigert mir jegliche sinnvolle Dienste und ist damit beschäftigt, Endorphine ohne Ende auszuschütten, als ich bemerke, dass Shane die ganze Zeit leicht mit dem Daumen über meinen Handrücken streicht.
Wie grässlich Verliebte sein können, denke ich mir ironisch grinsend, bevor eine kreischende Bea auf mich zu gerannt kommt.
"Kaliiiiii! Happy Birthday tooooo youuuuuuu!" singt sie schräg und umarmt mich so fest, dass ich schon fast fürchte, meine Rippen knacken zu hören.
Adrian kommt entspannt angeschlendert und schließt sich den Glückwünschen an.
"Und, bereit?" fragt er grinsend und schaut mich dabei an.
"Ich weiß nicht? Keine Ahnung was ihr vorhabt?"
Er wendet sich verwundert an Shane. "Was hast du mit ihr angestellt, dass sie wirklich keinen blassen Schimmer hat?"
Doch der zieht nur vielsagend die Augenbrauen hoch und das verruchte Grinsen, das ich so sehr liebe schleicht sich wieder auf sein Gesicht.
"Okay okay, vielleicht will ich es nicht wirklich wissen." winkt Adrian lachend ab und bedeutet uns, ihm zu folgen. Aufgeregt hüpfe ich ihm hinterher, im Schlepptau meinen Freund und eine meiner besten Freundinnen. 
"Nicht euer Ernst!" Überrascht bleibe ich wie angewurzelt stehen, doch der Schwung aus meiner Hüpferei lässt mich beinahe über meine eigenen Füße stolpern, wäre da nicht Shane direkt hinter mir, der mich sofort auffängt.
"Doch, das ist unser Ernst. Alle diese Wagen stehen zum Verkauf. Such dir einen aus. Alles Gute zum Geburtstag, meine Kleine."
"Das könnt ihr nicht machen."
"Doch. Alle deine Freunde und deine Familie zusammen."
"Nein. Neinneinnein." Eine kleine, glückliche Träne rollt über meine Wange, während ich mich unsicher den vierrädrigen Schmuckstücken nähere die da stehen. Fünf Autos, eins schöner als das Andere.
Shane drückt bekräftigend meine Hand und flüstert mir ein "Doch." ins Ohr, bei dem mir klar ist, dass keine Widerrede geduldet wird.
Doch eigentlich habe ich mich sofort entschieden, nachdem ich meinen Blick einmal über die motorisierten Perlen habe schweifen lassen.
Wie eine Motte vom Licht angezogen schwirre ich um einen fast unscheinbaren Ford Focus RS herum. Weiße Kotflügel. Motorhaube, Dach und Heck aus Carbon. Vollständig aus Carbon, nicht nur foliert für die Optik. Andächtig streichen meine Finger über die Oberfläche, während ich den Wagen umrunde.
"Hey Kali!"
"Andrew?!" erschrocken drehe ich mich um und kann noch im letzten Moment die Hände hochreißen und das Ding fangen, das er mir zuwirft.
Immer noch ungläubig den Kopf schüttelnd schaue ich zwischen dem Schlüssel in meiner Hand, dem Auto neben mir und meinen Freunden hin und her.
Als sie alle gemeinsam das allseits gefürchtete "Happy Birthday to you" anstimmen, ist es um mich geschehen und Freudentränen strömen über mein Gesicht, während ich versuche, sie alle auf einmal in den Arm zu nehmen. 

"Du fährst mir einfach hinterher? Und wenn irgendwas ist, wir sind ja über Funk verbunden." Dieses grenzdebile Grinsen hat sich einfach in mein Gesicht gebrannt und so nicke ich nur, während mein Freund mir Anweisung gibt, ihm in meinem neuen Schätzchen zu folgen. Die Anderen haben sich bereits verabschiedet, denn wir werden uns heute Nacht eh noch alle im Club treffen.
Mein Mund formt beständig ein tonloses "WOW!", als ich das erste Mal in den Wagen steige und den Motor starte.
Nachdem wir über ziemlich einsame Landstraßen gerast sind, uns vielleicht unvernünftiger Weise ein oder zwei kleine Ampelrennen in der Stadt geleistet haben und ich so langsam ein Gefühl für diese Rennmaschine entwickelt habe, stellen wir die beiden Autos auf dem Parkplatz am Strand ab. 
Gemütlich schlendern wir barfuß durch das seichte, aber eiskalte Wasser, bevor wir uns auf den Weg zu dem kleinen Häuschen von Shanes Eltern machen.
Nach einer aufwärmenden Dusche kehre ich in das kleine Wohnzimmer zurück, empfangen von Kerzenschein, einer wunderschönen Rose und einem verboten gutaussehenden Shane, der auf der Couch sitzt und auf mich wartet. Auf dem Tisch steht eine Flasche Wein, zwei Gläser und der obligatorische Pizzakarton. Shane bemerkt meinen Blick und lacht leise.
"Erst hatte ich überlegt, Sushi zu machen oder so, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich unsere Pizza-Religion nicht zerstören möchte."
"Außerdem ist Pizza eine bessere Grundlage fürs Feiern gehen nachher, als Fisch." bekräftige ich seinen Entschluss.
Zustimmend nickt er und kommt auf mich zu. Aus seiner Hosentasche zaubert er plötzlich eine kleine Schachtel und hält sie mir hin.
"Kalista, ich weiß, du hast es heute schon gefühlt tausendmal gehört, aber, naja. So ist das halt, als Geburtstagskind. Gott, ich bin echt schlecht in sowas." Verlegen fährt seine Hand durch seine Haare, die andere nestelt an dem Kästchen herum. "Jedenfalls... Ach Mist, scheiß drauf. Baby, ich liebe dich. Und verdammt, ich wünsche mir eine Ewigkeit mit dir, also bleib gesund und pass auf dich auf. Alles Gute zum Geburtstag." Ich bemerke, wie seine Hände zittern, als er mir die Schachtel entgegenstreckt. Kurzerhand lege ich meine Hände auf seine und hauche ihm einen Kuss auf die Wange. "Danke. Auf eine Ewigkeit zusammen." Erst jetzt öffne ich die kleine Box, die er mir fast schon verzweifelt hinhält. 
Kurzzeitig verschlägt es mir die Sprache. Auf schwarzem Samt funkelt mich eine feine Silberkette an, in der Mitte ein dunkelblauer Stein in Form eines Kristalls. Erst bei näherem hinsehen erkenne ich die ganzen feinen, schimmernden Einschlüsse im Inneren.
Shane nimmt mir das Schmuckstück aus der Hand und tritt hinter mich, um es mir umzulegen. 
Seine Hände gleiten von meinem Nacken über die Schultern auf meine Hüften, sein Atem kitzelt an meinem Hals.
"Der Stein erinnert mich ständig an den Abend, als wir auf der Party deiner Eltern am Teich gesessen haben. Da sah der Sternenhimmel ähnlich schön aus. Und naja, die Form ist fast die Gleiche, wie die Kette, die ich dir eigentlich damals zu unserem Date schenken wollte."
"Die hing danach immer am Rückspiegel vom Mitsubishi... Den Unfall hat sie nicht überlebt." nuschle ich leise und schmiege mich an den Mann hinter mir und genieße einfach seine Nähe und seine Berührungen.

Und irgendwie bin ich mir mittlerweile einfach sicher, dass ich mit diesem Mann eine ganze verdammte Ewigkeit verbringen möchte.

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Jetzt ist aber wirklich Schluss !

Ich hoffe ihr hattet auch Spaß :)

HeartracerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt