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Cian-James Spencer

Halb fünf klingelte mein Wecker. In Ruhe machte ich mich fertig. Heute würde ich meine Ruhe haben! Ich würde eine Stunde früher als sonst Joggen gehen. Mich würde diese Caitlyn nicht nerven!

Gut gelaunt ging ich nach unten, öffnete leise die Haustür und machte ein paar Dehnübungen zum aufwärmen.

"Bist du fertig? Dann können wir anfangen." Erschrocken drehte ich mich um. "Was zum Henker tust du hier?!", fuhr ich das Mädchen an, welche in einer Ecke stand und mich beobachtete.

"Wir sind zum Joggen verabredet. Ich wusste, dass du eine Stunde früher aufstehst. Ich bin ja nicht bescheuert."

"Nein. Nein, das bist du nicht. Du bist krank! Ein Psycho!" "Du bist interessant." Laut schnaufte ich und joggte los. Dieses aufdringliche Mädchen folgte mir natürlich.

Mein iPhone klingelte, weshalb ich stehen blieb und es aus meiner Hose holte. Es war Dylan. "Was gibts?", fragte ich ihn, als ich angenommen hatte. "Wo bist du?" "Ich bin schon Joggen. Was ist denn los? Sonst fragst du nie danach." "Ich wollte heute was mit dir machen. Ich bin gerade zu Hause angekommen."

Ich fragte mich wirklich, wo er die Nacht über gewesen war. "Ich bin so in einer halben Stunde da, ja?" Leicht freute ich mich. Mit meinem Bruder hatte ich schon sehr lange nichts mehr unternommen. "Okay, bis gleich."

Dylan legte auf und ich steckte mein iPhone wieder ein. "Wer war das?" Ich verdrehte meine Augen. Das Mädchen war ja auch noch da! "Mein Bruder." Ich joggte wieder los und machte eine kleine Runde. Da Dylan sehr launisch war, konnte er sehr schnell seine Meinung ändern und das wollte ich nicht.

Ich joggte etwas schneller, drehte an dem riesigen Felsen um und lief zurück.

"Blake?" Verwirrt stoppte ich. "Wie hast du mich gerade genannt?" "Du hast schwarze Haare. Also nenne ich dich einfach Blake. So lange, bis ich deinen Namen habe. Auf Facebook finde ich dich nicht über deinen Nachnamen."

"Woher kennst du meinen Nachnamen?", fragte ich diesmal noch verwirrter. Jetzt machte sie mich neugierig. "Ich habe gestern das Klingelschild gelesen."

Ich war doch nicht mehr neugierig.

"Das ist nicht mein Name", erwiderte ich. "Und du wirst mich nicht auf sozialen Netzwerken finden, denn so etwas besitze ich nicht."

Caitlyn seufzte. "Du machst es mir verdammt schwer." "Finde ich nicht. Aber ich habe mal eine Frage an dich", erwiderte ich. "Du kannst mich alles fragen, was du willst!"

"Wenn ich Dir meinen Namen sage, wirst du dann aufhören, so aufdringlich zu sein? Dafür habe ich echt keinen Nerv."

Caitlyn grinste. "Nur, wenn du mir noch deine Nummer gibst." Genervt stöhnte ich auf. "Wenn ich das tue, warum auch immer, wirst du mich nicht nerven, okay? Wir gehen früh zusammen joggen, das war's. Spamst du mich auch nur einmal zu, blockiere ich dich für immer. Ich bin nicht oft am Handy, dafür habe ich keine Zeit!"

Ich sagte es hart, so wie immer.

Doch dieses Mädchen lächelte und hielt mir ihr iPhone hin.

Und dieses Lächeln war hübsch.

Es war das erste mal, das ich so etwas auch nur dachte.

Ich tippte also meinen Namen und meine Nummer ein.

Es war ein Fehler, das wusste ich. Schon bald würde ich es bereuen, da war ich mir sicher.

"Wie spricht man diese vier Buchstaben aus?", fragte sie verwirrt. "Hm, das musst du wohl dann doch selbst raus finden", lächelte ich.

Ich hatte gelächelt.

Wahrscheinlich wurde ich krank.

Ja, das musste es sein!

Schnell rannte ich los nach Hause.

Ich schloss die Haustür auf und rannte ins Schlafzimmer meiner Eltern. "Mum! Mum! Izzy! Wacht auf!" Beide schreckten hoch.

"Ihr müsst mich ins Krankenhaus fahren!", rief ich. Auch Dylan betrat das Zimmer. "Wieso? Was ist passiert? Hast du dich verletzt?" "Ich glaube, ich werde krank!" "Und wieso glaubst du das?" "Ich habe gelächelt!"

Meine Eltern ließen sich beide wieder nach hinten in das Bett fallen, weshalb ich verwirrt war. "Habt ihr mich nicht gehört?" Dylan legte einen Arm um mich. "Komm mit, kleiner Bruder. Wir reden draußen."

Widerwillig ging ich mit Dylan mit. "Ich habe noch nie einen Fremden angelächelt. Nur, wenn es im Script steht. Aber das ist etwas anderes", meinte ich aufgebracht. "War es ein Mädchen?" Ich nickte. "Die ist so aufdringlich!"

"Erzähl mir etwas über sie." "Sie ist ein Psycho. Sie stalkt mich", grummelte ich und zog meine Sportsachen aus. "Wie heißt sie?" "Caitlyn. Und sie ist neu." "Ach so, die. Die geht in meine Klasse. Die Kleine tut mir total leid. Sie wollte nie hier her und niemand redet mit ihr."

"Warum wohl. Die sollte mal zum Psychiater." "Sei nicht so fies. Die sind hier, weil die Mutter wohl schwer krank ist und hier in ihrer Heimat sterben möchte." "Woher weißt du das?", fragte ich. "Habe ihren Bruder kennengelernt. Netter Typ."

"Und das erzählt er dir einfach mal so?", fragte ich skeptisch. Dylan redete sonst nie so viel mit mir oder irgendjemand anderen. Da musste es einen Haken geben! "Wir verstehen uns nun mal gut. Aber sage das niemanden. Er wollte nicht, dass ich es weiter erzähle."

"Als würde ich irgendjemanden was erzählen", erwiderte ich kopfschüttelnd und schnappte mir frische Klamotten. "Ich bin schnell duschen", fügte ich noch hinzu.

"Cian?" An der Tür stoppte ich. "Bitte sei freundlich zu der Kleinen. In der Schule macht sie schon genug durch, vertrau mir." "Ich bin immer freundlich. Du bist der unfreundliche Typ in der Familie", erinnerte ich ihn.

"Da hast du recht. Dann sage ich es anders: sei nicht so abweisend zu ihr. Das hat sie nicht verdient. Sie will sich einfach nur ablenken. Es ist wie bei dir: du tust so, als wäre dir alles egal. Und sie tut so, als wäre sie total fröhlich. Aber sind wir ehrlich: dir ist im Inneren nichts egal und sie ist im Inneren tief traurig."

DARKNESS ∣ Fortsetzung zu Heavy PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt