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Kapitel 37

»Das ist mein Mädchen!«, jubelt Mel neben mir und klopft anerkennend auf meine Schulter. Dann greift sie nach der Flasche Vodka und schüttet mein Glas wieder voll.

Ich bemerke Toms verwirrten Blick auf mir, jedoch versuche ich, den Blickkontakt mit ihm zu meiden. Ich fühle mich plötzlich so leer. Als würde der Alkohol meine Gefühle abtöten. Und genau das brauche ich jetzt.

»Also, los. Dann spielen wir Bullshit!«, verkündet Jordan aufgeregt in die Runde und deutet auf die Karten, die er vorhin verteilt hat.

Tom beginnt und legt zwei Karten hin. »Zwei Neunen.«, sagt er.

Seine blonde Sitznachbarin, die bis eben noch auf seinem Schoß saß und mit ihm rummachte, scheint ihm zu glauben, denn sie legt ebenfalls zwei Karten hin.

»Zwei Zehnen.«, sagt sie mit arrogantem Unterton und schenkt mir einen giftigen Blick.

»Bullshit.«, reagiert Jordan, der als nächstes dran ist und auf dem Sessel am Kopfende des Couchtisches sitzt, als säße er auf einem Thron. »Zeig mir, was du hast.«, fordert er die Blondine auf.

Mit rollenden Augen dreht sie ihre Karten herum, und siehe da: eine Sechs und eine Sieben.

»Ha! Ich wusste es!«, sagt Jordan triumphierend und mit einem breiten Lächeln, das seine weißen Zähne entblößt. Seine dunkle Hautfarbe lässt sie zudem noch heller erscheinen.

Darauf reagiert die Blondine nur mit einem genervten Schnauben und sie leert ihr Glas ohne mit der Wimper zu zucken, als wäre es Wasser. Dann legt Jordan zwei Karten hin.

»Eine Dame.«

Als nächstes ist Logan dran, der rechts neben mir auf der Couch sitzt. Nach einem etwas zu langem nachdenklichen Blick auf sein Blatt legt er eine Karte auf die von Jordan.

»Ein König.«, sagt er, dreht sich zu mir herum und schaut mir in die Augen. Er sieht etwas belustigt aus, ein zarten Lächeln umspielt seine Mundwinkel, das sehr kleine und zarte Lachfalten um diese bildet, was mir wahrscheinlich nur auffällt, weil ich ihm gerade so nah bin. So nah war ich ihm bis jetzt noch nicht. Aber das macht mir nichts. Mit jeder Sekunde wird etwas mehr Alkohol durch meine Venen gepumpt und lässt meinen Schmerz vergessen. Ich fühle mich wohl in seiner Gegenwart.

»Bullshit.«, platzt es aus mir heraus.

Alle Köpfe der Mitspieler drehen sich zu mir. Ich schaue immer noch Logan an, der amüsiert die Augenbrauen hochzieht. Aus meinem Augenwinkel kann ich erkennen, dass die anderen verblüfft sind.

»Becks, wie kommst du darauf? Ein König ist ja wohl nichts besonderes. Den könnte fast jeder von uns haben.«, entgegnet mir Jordan und runzelt seine Stirn. Dann lacht er laut und sagt: »Sieht wohl so aus, dass du noch einen trinken musst!«, und die Blondine stimmt in sein Gelächter ein, während sie mich gehässig anschaut.

Nein, den König könnte keiner von euch haben. Das weiß ich genau.

»Ich gebe dir eine Chance, deine Wahl zu überdenken.«, schlägt Logan vor und grinst mich von der Seite an. »Ich habe heute meinen netten Tag.«

»Und ich gebe dir noch eine Chance, deine Wahl zu überdenken. Sicher, dass das...«, und ich zeige auf die umgedrehte Karte auf dem Holztisch, «...ein König ist?« Dabei schaue ich ihn emotionslos an. Mein Gott, dieser Alkohol macht mich ganz schön mutig. Oder bin das ich? Mein neues Ich? Das Ich nach Bradley?

»Sicher.«, erwidert Logan und schaut mich mit zusammengekniffenen Augen an, als würde er verstehen wollen, was gerade in mir vorgeht. Dann lasse ich meinen Blick zu Tom schweifen, der mir gegenüber sitzt, sich eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr streicht und mir zu nickt.