Kapitel 43

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»Zwei Vodka Lemon, bitte«, beantwortet Tiff die Frage des Barkeepers, als wir uns auf die Barhocker aus rauem Leder im Five Stars setzen. Es riecht nach Holz und schalem Bier. 

Tiff bemerkt sofort mein entsetztes Gesicht, doch als ich gerade protestierend meinen Mund öffne, entgegnet sie mir schon: »Du brauchst was Hartes nach so einem beschissenen Tag, Süße.«

Und da hat sie vermutlich sogar recht. Also schließe ich wieder meinen Mund und gebe mich geschlagen. 

Es ist schön mit ihr hier zu sitzen. Wie zwei ganz stinknormale Studentinnen mit einem stinknormalen Leben. Kein Herumgeknutsche mit dem Lehrarzt. Keine Einbrecher. Keine illegalen Faustkämpfe.  Einfach in einer Bar sitzen und mit seiner Freundin etwas trinken. So normal hat sich mein Leben schon lange nicht mehr angefühlt.

Nach meinem dritten Vodka Lemon begebe ich mich zur Toilette und muss mich beim Händewaschen an dem Waschbecken abstützen, da ich den Alkohol ziemlich stark zu spüren bekomme. Ich hätte heute mehr essen sollen.

Ich reibe mir die Augen als ich aus dem Toilettenraum komme und für den Blitzteil einer Sekunde fühlt es sich so an, als sei mein Herz zu Eis erstarrt. Das kann einfach nicht sein. Nein. Das ist nicht möglich. 

Panisch reibe ich mir erneut durch die Augen, in der Hoffnung, dass ich mir diese Erscheinung nur eingebildet habe. Doch dann ist er weg. Er

Habe ich wirklich gerade meinen Exfreund gesehen? Nein. Unmöglich. 

Ich habe wahrscheinlich zu viel Vodka getrunken. Ganz genau, daran wird es liegen. Mein Körper spielt mir einen Streich. Doch plötzlich wird mein Magen ganz flau und ich will nur noch hier raus. 

Mit tapsigen Schritten begebe ich mich zu Tiff an die Bar. Mir ist augenblicklich so schwindelig. 

»Ist es okay, wenn wir gehen? Ich fühle mich nicht gut.«

»Hat jemand zu tief ins Glas geschaut heute Abend?«, neckt sie mich und stupst mir in die Seite. Doch als ich keine Miene verziehe, merkt sie, dass ich es ernst meine und sie steht kommentarlos auf. »Komm, zieh' deine Jacke an. Wir gehen.«

Als wir auf die Straße treten, ist es bereits dunkel und die Straßenlaternen flimmern in die Dunkelheit hinein. Tiff legt ihren Arm in meinen, während wir nach Hause gehen. 

Plötzlich fällt mir etwas auf, als wir vor unserem Haus stehen. Die rote Fahne unseres Briefkastens ist nach oben geklappt worden, so als hätte jemand ein Päckchen hineingelegt. Verwirrt stehen wir davor und schauen uns mit gekräuselten Augenbrauen an. 

»Das Fähnchen war doch noch unten, als wir losgingen«, überlegt Tiff laut. »Welcher Paketservice liefert denn nachts?« 

Zuerst zögern wir, doch schließlich mache ich einen Schritt nach vorne und öffne den Briefkasten. 

Ich traue meinen Augen nicht. Ist das...ist das etwa... Versteinert bleibe ich stehen und kann mich wie ein einer Schockstarre nicht mehr rühren.

»Oh mein Gott!«, höre ich plötzlich Tiff neben mir brüllen. Sie steht jetzt ebenfalls vor dem Briefkasten und hält sich vor Schreck die Hände vor ihren weit geöffneten Mund. 

Da ich mich nicht bewegen kann, greift sie hinein und holt heraus, was jemand hingelegt hatte. Es ist Damenunterwäsche. Meine Unterwäsche. Mein schwarzer Slip. 

»Ekelhaft. Widerlich. Wer macht denn sowas? Will er uns Angst einjagen? Hör' mal zu, du erbärmlicher Witz von einem Einbrecher«, schreit Tiff, während sie sich mit der Unterwäsche in der Hand auf der Straße umschaut und nach einem Gesicht sucht, »Du machst uns keine Angst, verstanden? Du bist nichts weiter, als ein armseliger Perversling! Lass' uns gefälligst in Ruhe und such' dir ein Hobby!« 

Stronger - Secret Love #wattys2019 #aestethicaward2020 #glitzeraward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt