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Kapitel 32

Laute, dumpfe, knallende Geräusche sind alles, was ich neben dem Rauschen in meinen Ohren hören kann.

Die Zuschauer scheinen zu schreien, reißen ihre Münder auf, erheben ihre Arme, klatschen. Doch nichts davon höre ich.

Bradley ist zwar etwas kleiner und schmaler als der Koloss, der sich vor ihm auftürmt. Jedoch ist er auch flinker und geschickter.

Bradleys Gegner gibt gerade einen Schlag mit seiner Rechten ab, da wehrt Bradley diesen ab und schlägt im selben Moment mit der anderen Faust auf seinen Solarplexus im Oberbauch.

Daraufhin gibt er einen schmerzvollen Laut von sich, der sich in meinen Ohren leise und dumpf anhört. Er scheint sich für eine Sekunde sammeln zu wollen. Diesen Moment nutzt Bradley aus und gibt noch einen Schlag auf seinen Unterbauch ab.

Sein Gegner taumelt ein paar Schritte zur Seite, wirkt wie ein Betrunkener, der die Balance verloren hat. Bradley geht schnellen Schrittes auf ihn zu und tritt ihm in die Körpermitte, wodurch er gegen die Boxringseile geschleudert wird.

Der Mann wird von den harten aber elastischen Seilen aufgefangen, etwa zwei Meter nach vorne katapultiert und fällt zu Boden. Bradley bleibt vor ihm stehen und scheint irgendwas zu ihm zu sagen, denn er macht eine Bewegung mit seinen Armen zu sich. Als würde er sagen »Komm schon.«.

Der Gegner steht urplötzlich auf und gibt einen Schlag ab, den Bradley wieder abwehrt, jedoch tritt ihn der Gegner im selben Moment in seine Magengegend.

Bradley wird durch den Aufprall nach hinten gestoßen und landet mit einem Knall auf seinem Rücken. Der Mann kommt augenblicklich bedrohlichen Schrittes auf ihn zu, doch Bradley springt plötzlich auf und landet auf seinem Gegner. Beide fallen zu Boden und Bradley schlägt immer weiter auf seine Brust ein. In diesem Moment ertönt der Gong zur Pause. Sechzig Sekunden sind um.

Ich fasse mir mit der Hand an den Mund. Mir wird schlecht. Und schwindelig. Dazu, dass ich kaum etwas hören kann, kommt jetzt noch hinzu, dass ich kaum etwas sehen kann. Alles dreht sich und ehe ich es mitbekomme, lande ich auf meinen Knien.

Bradley dort oben zu sehen, wie er auf einen anderen Menschen einschlägt. Das bringt all die Erinnerungen an meinen Exfreund hoch. Diese Gewalt zu sehen, das Geschrei der Zuschauer, und die Aggressivität, die sich in Bradleys Augen widerspiegelt.

Ich erinnere mich schlagartig daran, als wäre es gestern gewesen, wie mein Ex mich schlug. Natürlich nicht ins Gesicht, damit kein Verdacht geschöpft wurde und es nicht auffiel. Wegen völlig banalen Sachen rastete er aus und ließ seinen Frust an mir aus. Zuerst passierte es nach etwa sechs Monaten unserer Beziehung. Er gab mir eine Backpfeife während eines Streits. Ich war völlig schockiert und er entschuldigte sich daraufhin etwa hundert Mal bei mir. Versicherte mir, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Beteuerte mir, wie sehr er mich liebte und ohne mich nicht leben könne.

Von wegen.

Er schlug auch nie allzu fest zu, damit ich keine sichtbaren blauen Flecken bekam. Manchmal reichte schon ein leichter Würgegriff aus, um mich still zu stellen. Und immer wieder drehte er es so, als sei es meine Schuld, da ich diejenige war, die ihn dazu trieb. Ich war für seine Taten verantwortlich.

Bis ich all meine Freunde verlor, da er mir den Kontakt nach und nach verbot. Das Stipendium, das ich für ein Studium in den USA bekam, erschien mir wie ein Rettungsring inmitten eines strömenden Flusses voller Gewalt und Furcht. Und als mein Ex dann wegen einer Schlägerei eine Bewährungsstrafe erhielt, aufgrund dessen er das Land nicht verlassen durfte, ergriff ich endlich meine Chance. Das war nun sechs Jahre her.

Nur um schließlich hier zu landen.

Bei einem Boxkampf. Einem Kampf des Mannes, mit dem ich schlief, der mein Herz schneller pochen lässt, der die schönsten Augen hat, die ich je erblicken durfte. Der Mann, der gerade auf einen anderen Mann brutal und ohne mit der Wimper zu zucken eingeschlagen hat.