Straight through the heart

5 1 0
                                    


Dann würde es wohl Italien werden.

Italien...

Wenn ich an dieses Land dachte, musste ich an die Bilder denken, die Lisa mir öfters mal von ihrer Heimat und ihren Reisen gezeigt hatte. An die Zypressen die gen Himmel wuchsen. Die alten Kirchen und Schlösser, die über das ganze Land verstreut waren. Es gab viel Geschichte in diesem Land. Das Römische Reich war nur ein Teil davon. Das warme Mediterrane Wetter. Kein Regen, nur die strahlende Sonne über der Adria. Touristen mit Sonnenbränden. Kinder mit geschmolzenem Eis auf ihrer Kleidung. Ja, sogar an Pizza und Pasta musste ich denken. Alles in allem klang das gar nicht mal so schlecht.

Vielleicht wäre der Februar nicht der beste Monat um dorthin zu fliegen, aber im Sommer war es nun einmal unmöglich für uns. Denn dann müsste Carlisle nur das Flugzeug verlassen und wäre ein riesiges Neonschild für das Übernatürliche. Wir wollten und durften nicht auffallen, niemand durfte uns trennen.

Doch vorher, so hatte ich mir einen Plan gemacht, würde ich zu meinem Vater gehen. Nachdem ich bei Charlie gewesen bin, ist dieser scheinbar zu Dad und beide hatten einen ziemlich hässlichen Streit. Alles nur wegen mir, weil ich Charlie weder von dem Prägen noch von den ‚Kulturunterschieden' der beiden Fraktionen wusste. Ich war zu 100% daran schuld. Es war keine schöne Erfahrung. Doch hätte ich nicht gedacht, dass die 90% der Wahrheit so etwas bei Charlie auslösten.

Irgendwie müsste ich diese Wogen ein wenig glätten, schließlich konnte Vater genauso wenig für all das hier, wie ich. Also wieso sollte ich auch nicht nach Hause gehen. Ich war ein Wolf und kein Lamm, also müsste ich mich auch so verhalten. Ein Wolf kniff nicht einfach seinen Schwanz zusammen und versteckte sich. So hatte ich den Schlüssel des schwarzen Mercedes genommen und war einfach losgefahren.

Es war dennoch ein komisches Gefühl, über den Fluss zu dem Gebiet der Quileute zu fahren, weswegen ich ständig zwischen den Bäumen Ausschau nach den Wölfen hielt. als ich den Mercedes etwas abseits von dem Haus meines Vaters parkte, hatte mein Herz zu rasen begonnen. Wie würde darauf reagiert werden, dass ich hier war? Nicht nur von Dad, sondern auch von meinem alten Rudel.

Dieses kleine rote Haus meiner Kindheit. Es war Montag, eigentlich hätte ich zur Schule gehen müssen, doch würde ich im nächsten Schuljahr auf die Forks High School wechseln und dann das komplette Schuljahr wiederholen, also wäre es unnötig gewesen, schlafende Hunde zu wecken. Da würde es nichts mehr ausmachen, wenn ich den Rest des Jahres Selbststudium beging und ab und zu ein bisschen Nachhilfe von meinem persönlichen Geschichtslehrer bekam.

Ein letztes Mal atmete ich tief ein und aus. Ich sammelte allen Mut, den ich aufbringen konnte, ehe ich mit weichen Knien ausstieg und auf die Eingangstür zu lief. In der Ferne war kein Wolf zu hören. Nichts schien darauf hinzuweisen, dass sie gleich kommen würden und mich angreifen wollten. Also hätte ich wohl einen guten Tag erwischt. Vielleicht hatten sie weder das Auto noch mich gewittert?

Mit einem Klopfen gab ich meine Anwesenheit preis. Es dauerte einen Moment ehe die Tür von mir Vater geöffnet wurde. In seinem Blick war einerseits die Erleichterung zu sehen, auf der anderen Seite sah er dennoch etwas beunruhigt aus. Selten hatte ich diesen Anblick auf dem Gesicht meines Vaters gesehen, dennoch kannte ich ihn.

„Kaya..." Er flüsterte kaum, fast so, als hätte er beinahe vergessen, wie der Klang meines Namens war. „Dad." Sagte ich unwissend, ob es ein freudiges oder bedrückendes Gespräch werden würde. Oder ob es direkt hier enden würde. Vielleicht wollte er mich nicht sehen. Vielleicht... vielleicht würde er mich direkt wieder wegschicken, wie er es damals mit Lisa getan hatte. Doch rollte er wortlos beiseite und ließ mich eintreten.

„Ich habe schon darauf gewartet, dass du vorbei kommst." Langsam betrat ich das Haus meiner ‚Jugend'. Irgendwie hatte ich erwartet, dass all meine Sachen auf den Müll gewandert waren, doch es sah alles noch so gleich aus. Selbst der Geruch war noch gleich. Nichts war berührt oder verändert. In einem Karton im Flur standen sogar noch ein paar Hochzeitssachen. Für einen Moment blieb ich stehen und sah zu ihnen hinab. Ich konnte ein paar der Einladungen sehen, die in einem Weiß Ton gehalten waren und kleine silberne Schneeflocken drauf hatten. Damals war ich so froh gewesen, die Karten gefunden zu haben. Auch wenn es nicht lange her war, so schien er mir aus einem anderen Jahrhundert zu kommen.

The Colors of the WaterfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt