Blue Eyes crying in the rain

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Was bedeutet es eigentlich, sein Herz zu verlieren?

Nicht das eigene, nein. Das, was man mit sich getragen hat. Das Herz, mit ich meinen Körper geteilt hatte. Ich hatte es direkt unter meinem eigenen getragen. Was man in sich hat schlagen hören. Auch, wenn es nur ganz leise war und einem Flüstern glich. Ich habe dieses Leben in mir wachsen gespürt. Es stupste mich an, hielt mich in mancher Nacht wach und hat mich mit einem Geheimnis beschenkt, welches ich nie geglaubt hätte zu besitzen. Das, welches ich geheim gehalten hatte.

Nun würde es nie jemand sehen.
Niemand würde von seiner Existenz wissen, außer mir.

Es war als wäre es brutal aus mir heraus geschnitten worden und lag nun in meinen Händen. Leblos und kalt. Nie wieder würde es warm und voller Leben sein. Wahrscheinlich verharrte ich schon Stunden so und weinte gemeinsam mit dem Himmel, doch ich brachte es nicht übers Herz mich zu bewegen. Denn das würde bedeuten, dass mir eingestehen musste, dass dies hier die Wirklichkeit war.

Wie war es nur so weit gekommen?

Ich hatte doch nur ein paar Schmerzen... Nicht viel.

Nur ein Zucken.

Ging man nun mit nüchternem Wissen an all das hier heran, kann man sagen, dass ungefähr 11-15% aller festgestellten Schwangerschaften mit einer Fehlgeburt enden. Das Risiko einer Fehlgeburt singt eigentlich mit jeder Schwangerschaftswoche... Doch so eben steigt es bei psychischem Stress.

Psychischen Stress?

Den hatte ich gerade genug für ein ganzes Leben. Wenn man mein ganzes letztes Jahr betrachtete, kam schon einiges zusammen. Ich wäre fast gestorben. Ein paar Wochen hatte ich das Glück ein Rapunzelleben zu führen und nicht aus meinen Haus raus zu dürfen, ich habe meine Hochzeit abgesagt, bin durchgebrannt mit jemand, der gewiss älter als mein Ururgroßvater sein könnte und zusätzlich dazu noch ein Vampir. Oh und hatte ich die Vampire aus Italien vergessen, die mich lieber als überdimensionalen Bettvorleger haben wollten? Meine Freundin wurde für ihr Leben gezeichnet. Ich hatte gedacht, dass ich Lisa, der besten Freundin meiner Mutter, vertrauen könnte. Schließlich hat sie mich aufwachsen sehen. Sie hat so viele Menschen belogen, sich selbst eingeschlossen.

Mir fehlte die Luft in meiner Lunge.

Dass all dieser Stress zu so etwas führen konnte, davor warnt ein keiner. Sicher hatte Doktor Smith gesagt, dass mir Ruhe gut täte, wenn ich diesen Weg wirklich gehen wollen würde... doch schien ich mir ein wenig in meiner eigenen Haut verloren. Sie war viel zu groß für mich gewesen und ich war scheinbar noch immer nur ein kleines naives Kind, was sich etwas Unmögliches in seinen Kopf gesetzt hatte.

Nun saß ich in meinem überdimensionalen Baum und wusste nicht, wie ich es herunter schaffen würde, ohne mir all meine Knochen zu brechen. Ich war mal wieder weit übers Ziel hinaus geschossen.

Nackt und blutig saß ich in der Mitte des Waldes. Der Regen hatte vor Stunden aufgehört. Diesig schlichen sich die kalten Nebelbänke durch den Wald. Es war so still hier, nicht einmal ein Vogel rief, auch sie hatten die Freude verloren, ihr glückliches Lied zu singen.

Ich konnte meine Augen nicht von meinen Händen nehmen. Auch auf ihnen waren die Reste von mein Blut, die der Regen noch nicht weggespült hatte. Doch im Zentrum davon war etwas, was mir das Herz zerriss.

Es sollte mein Kind sein, mein ganzer Stolz, mein Baby. Carlisle hätte der beste Vater werden und ich Mutter werden sollen. Wie eine richtige Familie, aber das Leben kam uns in den Weg. Das Schicksal... es hatte einen anderen Plan mit mir gehabt, als ich es gedacht hatte. Ich kam mir von dem Schicksal betrogen und verraten vor. Was hatte dieses kleine Wesen schon getan, das es noch nicht einmal einen Monat leben durfte?

The Colors of the WaterfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt