Ich setzte mich auf mein altes Bett und hörte Jess aufmerksam zu. "Chris hat mich angerufen", fing Jess an zu erzählen. "Und?", fiel ich ihr ins Wort. "Wenn du mich nicht unterbrechen würdest, wüsstest du inzwischen mehr", tadelte sie mich und seufzte. "Ja ok. Entschuldige bitte", sagte ich und verstummte. "Also...", begann Jess erneut und machte eine kurze Pause. Ich konnte hören wie sie tief ein und ausatmete. "Chris hat herausgefunden, dass dieser Antonio ein Bekannter deines Onkels war. Dein Onkel ist ja im Gefängnis gewesen und dort ja für alles bestraft worden. Wenn du verstehst was ich meine", sagte Jess. Ich nickte, wohl wissend, dass sie mein Nicken ja nicht sehen konnte. "Antonio arbeitete mit deinem Onkel an sehr vielen Illegalen Dingen und Chris hat auch herausgefunden, dass Samantha eine Zwillingsschwester hatte. Diese Zwillingsschwester wuchs aber nicht bei ihren Eltern auf. Sie wurde als Kind in eine Anstalt gegeben weil sie bereits als Kind als höchst gefährlich eingestuft war. Mit der Zeit schien sich aber ihr Verhalten zu ändern. Somit entließ man sie im Alter von 18 Jahren. Dann war sie über Jahre hinweg von der Bildfläche verschwunden. Chris fand hierzu auch nichts über sie heraus", erzählte sie mir. Ich konnte das alles nicht glauben. Warum hatte Sam nie von ihrer Zwillingsschwester erzählt? Wusste sie überhaupt, dass sie eine Schwester hatte? All diese Fragen prasselten in meinen Kopf wie ein auf dem Boden fallendes Päckchen voll mit Reiskörner. "Was geschah dann?", hackte ich nach, nachdem Jess eine weitere Pause einlegte. "Naja", begann sie erneut. "Nach einigen Jahren nahm Sam's Schwester Kontakt zu ihr und ihren Eltern auf. Sie schlich sich somit wieder in die Familie ein und infizierte somit die ganze Familie. Sie spionierte alle aus. Chris hat sich den Laptop von der vermeintlichen Sam mal genauer angesehen und Fotos gefunden. Diese Fotos zeigen ihre Eltern, die echte Samantha, dich und deine Familie. Sie musste das alles schon lange geplant haben.", danach legte sie wieder eine Pause ein. "Warum pausierst du immer wieder?", fragte ich Jess und legte meine Stirn in Falten. Ich hörte Jess wie sie lächelte und dann sagte, "Ich habe mir Notizen gemacht. Das ist so viel was ich dir erzählen muss. Vielleicht wäre es besser wenn wir uns treffen?". Ich willigte ein und wir machten uns aus, dass sie ihren Sohn bei einer Freundin abgab und dann zu mir kam. Zwei Stundes später saßen Jess, meine Mutter und ich im Wohnzimmer und tranken von unseren Kaffee's. Meine Mutter saß neben mir und hatte ihren Arm auf meinem Rücken. Ab und zu streichelte sie mich wenn sie merkte, wie mein Körper wieder anfing zu zittern. Für kurze Zeit war es still bis meine Mama das Wort ergriff. "Danke Jess, dass du für Megan da bist", bedankte sie sich und lächelte Jess an. "Kein ding. Dafür sind Freunde doch da", gab sie lächelnd zurück und zwinkerte mir zu. "Na gut, was gibt's denn noch was du zu erzählen hast?", wollte meine Mama von ihr wissen. "Ja", setzte Jess an. "Also, ich schätze mal, dass die Meg erzählt hat was ich ihr bereits gesagt habe?". Zustimmend nickten meine Mama und ich, denn während Jess auf dem Weg zu mir war, erzählte ich meiner Mutter alles was Jess mir bereits erzählt hatte. Meine Mutter saß mit aufgerissenen Augen vor mir und war total fassungslos. Genauso wie ich. Ich fühlte mich, als ob ich in einem Traum gefangen wäre und dieser Traum würde nie enden. Jess setzte erneut an. "Samantha's Schwester heißt Mary. Darum auch der Name "Mary Black" auf den Überweisungen", stellte Jess fest. Schön langsam aber sicher ergab alles einen Sinn für mich. "Antonio und die falsche Sam, also Mary, haben also meine Sam gekidnappt? Wozu?", fragte ich verzweifelt. "Ganz einfach", fuhr Jess fort. "Weil sie das Leben wollte was Sam hatte und sie nicht. Sie ist eine gestörte Persönlichkeit. Die erkennt nicht was richtig und was falsch ist." "Jason", platzte es aus mir raus. "I...I...Ist Jason...", weiter kam ich nicht, denn meine Stimme brach ab und ich konnte spüren wie eine neue Welle aus Tränen ankam und sich einen Weg aus meinem Innersten bahnte. "Jason ist von dir", erklärte Jess. "Was?", fragte ich ungläubig. "Erinnerst du dich an den Frauenarztbesuch bevor die vermeintliche Sam schwanger wurde?", fragte mich Jess. "Ja, das weiß ich noch. Was ist damit?", fragte ich und wurde etwas unruhig. "Du hast dir doch Eizellen entnehmen lassen falls die künstliche Befruchtung bei der falschen Sam mit ihren Eizellen nicht klappen würde", frischte Jess meine Erinnerungen wieder auf. "Stimmt", gab ich zu. "Ja, ich habe mich als dich ausgegeben und bei dem Frauenarzt angerufen wo deine eigentlich eingelagert sein sollten. Der Frauenarzt hat mir dann erzählt, dass bei der "falschen" Sam die Schwangerschaft mit ihren Eizellen nicht funktioniert hat. Also hat sie ihn erpresst, damit er ihr deine Eizellen einsetzt. Das hat dann auch funktioniert und somit ist Jason rein Genmaterial technisch gesehen, dein leiblicher Sohn!", sagte Jess und sah mich irgendwie liebevoll an. Meine Mutter grinste bis über beide Ohren. "Ich habe einen Enkel, der wirklich mein eigen Fleisch und Blut ist", frohlockte sie und nahm mich in den Arm. Ich war also wirklich seine leibliche Mutter. Soweit man das als leiblich bezeichnen konnte. Ich war froh, dass dem so war und sie nicht seine Mutter war. Das wäre für mich unerträglich, wenn alles ans Licht kommt und er dann mit solch einer Mutter aufwachsen musste. Oder mit dem Wissen, dass seine "Mama", wie er sie nannte, ihn nur bekam um mich an sich zu binden. "Was ist jetzt aber mit Sam?", stoß ich hervor und war unruhig. "Sam ist laut Chris gefangen. Den Ort versucht er gerade heraus zu finden. Wenn er die Infos dann hat, gibt er alles an einen Freund von ihm, der bei der Kriminalpolizei arbeitet, weiter. Die werden sich dann darum kümmern, dass Sam frei kommt, bevor etwas passieren kann. Umso länger die "falsche" Sam nicht da ist, umso länger kann "deine" Sam leben.", sagte Jess und drückte meine Hand. "Achja", fuhr Jess fort. "Dieser Freund von Chris weiß schon Bescheid, kann aber ohne genaue Anhaltspunkte noch nichts unternehmen. Auf die "richtige"Sam jetzt bezogen. Die "falsche" Sam wird bereits beschattet.", verkündete Jess und klopfte sich auf ihre Schulter. "Ja, du kannst dich sehr gerne selbst loben. Denn das was du alles in den letzten Tagen bewirkt hast, bringt so manch einer in 10 Jahren nicht zusammen!", lobte ich sie und umarmte sie. Jess erzählte uns noch mehr. Das Foto, dass mir der unbekannte Absender gesendet hatte, war erst einige Tage alt. Aber warum mir der Absender das Foto gesendet hatte, wusste niemand. "Ich denke mal, dass sie selbst die Schnauze von dieser Mary voll haben", sagte Jess und sah mich ernst an. "Hoffen wir's", pflichtete ich ihr bei. Während Jess noch weitere Infos raus rückte, spürte ich wie mein Handy vibrierte. Ich griff in meine Hosentasche und sah "Sam" auf dem Display. "Sie ruft an. Was soll ich tun?", fragte ich Jess und meine Mutter. "Heb ab und stell auf laut. Ich nehme das Gespräch auf. Aber sag ja nichts von alle dem hier. Du schaffst das", sagte Jess, griff nach ihrem Handy, schaltete die Aufnahmefunktion ein und nickte mir zu, um mir zu signalisieren, dass ich nun abheben konnte. Gesagt, getan.
"Hallo!", war mein erster Satz an die "falsche" Sam gewandt. Ich beschloss, dass ich sie jetzt nur noch Mary nennen würde. Das mit "falsch" und "richtig" wurde mir zu anstrengend. Völlig emotionslos saß ich da und hörte aufmerksam zu, was Mary zu mir sagte. "Hallo, Meg. Wie geht es dir und Jason?", fragte sie scheinheilig. "Uns geht es gut. Falls du es nicht mitbekommen hast, ich hab dich auf Laut gestellt", informierte ich sie. Jess hielt ihr Handy ganz nah an meinen Lautsprecher, dass sie auch jedes Wort aufnehmen konnte, was Mary zu mir sagte. Meine Mutter und Jess verhielten sich ganz ruhig. Selbst ihre Atmung nahm man nicht mehr wahr. "Ich dachte mir schon, dass du das machen wirst. Ist Jason in der Nähe? Ich würde gerne "Hallo" zu ihm sagen", fragte sie falsch. Mittlerweile war mir klar, dass alles was aus ihrem Mund kam nur gelogen war. Selbst das "Ich liebe dich". Einfach alles. Wie konnte sich ein Mensch nur so verstellen? Hatte sie denn gar kein Mitgefühl? Kein schlechtes Gewissen? Merkten nicht mal ihre Kollegen was für ein Spiel sie spielte? Das waren alles ausgebildete Kriminalpolizisten aber keiner von ihnen dürfte auch nur den leisesten Schimmer haben. "Jason ist bei Jess. Sie meinte, dass mir mal ein Tag für mich alleine gut wäre", log ich. "Achso ok. Dann melde ich mich wieder wenn er zu Hause ist.", sagte sie. "Wann kommst du denn wieder nach Hause?", rutschte mir die Frage raus. "Das kann noch zwei bis drei Wochen dauern", gab sie mir zur Antwort und ich konnte spüren wie die Anspannung von uns dreien langsam abließ. Zwei oder eben drei Wochen hatten wir Zeit um "meine" Sam zu befreien und um sie für all das, was sie mir und Jason angetan hatte, zur Rechenschaft zu ziehen. "Ok. Hartnäckiger Fall?", hackte ich nach. "Kann man so sagen", sagte sie und ich konnte hören wie sie lächelte. Ich ging aber nicht drauf ein, sondern verabschiedete mich von ihr und wünschte ihr noch einen schönen Abend was sie mit einem "ebenso" beglich. Dann legten wir auf, Jess speicherte die Aufnahme und gab sie wieder, um zu sehen, ob auch alles aufgenommen wurde. Zum Glück war dies der Fall. Erleichtert ließen wir uns alle zurück fallen und atmeten tief ein und aus. "Jess ein Problem gibt es aber", sagte ich nachdenklich zu ihr und sah sie an. "Welches?", fragte sie sichtlich verwirrt. "Du kannst nicht jedes Mal bei mir sein, wenn sie wieder anruft, um den Anruf aufzunehmen", sagte ich hilflos. "Ich werde, wenn es dir nichts ausmacht, mit meinem kleinen bei dir wohnen. Zumindest für die Zeit bis alles geklärt ist. Dann bin ich immer in deiner Nähe, falls sie anrufen sollte. Sei es in der Arbeit oder zu Hause.", sagte sie und setzte ein warmes Lächeln auf. "Das würdest du für meine Tochter tun?", fragte meine Mutter und schaute Jess mit großen Augen an. "Ja, das würde ich", sagte Jess und sah meiner Mutter tief in die Augen. Ok, für meinen Geschmack etwas zu tief. Wüsste ich es nicht besser, dann würde ich behaupten, dass meine Mutter Jess zu gefallen schien. "Was für eine absurde Idee", tadelte ich mich innerlich und schüttelte kaum sichtbar meinen Kopf. "Ok", sagte Jess und stand auf. "Ich würde sagen, wir fahren jetzt zu dir und versuchen die letzten Teile des Puzzles noch zu finden und zusammen zu fügen", schlug Jess vor. Meine Mutter hatte zwar Zweifel ob das so eine gute Idee sei, stimmte dann aber zu. "Meinst du kann Jason bei seiner Tante bleiben?", fragte ich meine Mutter. "Auf jeden Fall. Und falls sie mal die Schnauze voll haben sollte, was wahrscheinlich nicht der Fall sein wird, dann kann er mal bei seiner Oma bleiben", sagte meine Mutter und ihre Augen leuchteten seit dem Wort "Oma" auf. Jess und ich packten alles zusammen, verabschiedeten uns von meiner Mutter und fuhren zu mir nach Hause.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Hey ihr! :) Ich wollte mich bei euch für die zahlreichen Reads bedanken und freue mich sehr, dass der zweite Teil auch gut ankommt. Bis bald. Only xoxo :)
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What is?! - Was passiert, wenns passiert is?!
RomanceZweiter Teil meiner Buchreihe "What" Was ist, wenn man alles erreicht hat im Leben?! Was ist, wenn man sich in Sicherheit wiegt?! Was ist, wenn man nicht merkt wie vergänglich doch alles ist?! Was ist, wenn dann doch wieder alles anders kommt als ge...