Kapitel 17

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Der Tag danach ist immer der schlimmste. Ich wachte um 13 Uhr auf. Mein Schädel brummte und ich hatte solch eine Übelkeit in mir, das war so schlimm. Ich stand auf und schlürfte mal zum Gästezimmer um nachzusehen, ob Jess noch schlief. Tatsächlich schnarchte sie noch. Bei ihrem Anblick musste ich schmunzeln. Sie lag noch genauso da, wie ich sie in der Nacht hingelegt hatte. Als ich ein Foto von ihr gemacht hatte, ja das tun nun mal Freunde, ging ich hinunter in die Küche um mir einen Espresso zu machen. Den ersten trank ich auf ex, den zweiten trank ich schon auf zwei Schlucke und den dritten bekam ich gerade noch so hinunter. Nach den drei Tässchen war ich wieder fit wie ein Turnschuh. Meine Übelkeit war weg und mein brummender Schädel hatte sich auch verabschiedet. Leiser versuchte ich mich ins Bad zu stehlen um mich frisch zu machen. Ich ließ meine Shorts auf den Boden gleiten und zog mein Shirt aus. Ich schaltete den Wasserstrahl in der offenen Dusche ein und wartete, bis das Wasser eine angenehme Temperatur hatte. Ich stellte mich darunter und ließ das Wasser nur so auf mich herab prasseln. Gänsehaut überzog meinen Körper, weil sich das warme Wasser so gut anfühlte. Ich nahm etwas Shampoo und wusch mir damit meine mittlerweile bis zu den Schulterblätter hängenden Haare. Ich wusch das Shampoo nicht gleich aus, sondern ließ es etwas "einwirken", damit meine Haare intensiver danach riechen würden. Duschgel nahm ich ein nach Kokos riechendes. Es gab mal eine Zeit, da mochte ich Kokos nicht und dachte mir, was alle immer mit ihrem Kokosduft haben. Mittlerweile bin ich selbst ein großer Fan davon. Das warme Wasser ließ mich an die Vergangenheit denken. Wie Sam und ich immer zusammen unter dem Wasser standen und wir uns gegenseitig wuschen. Erst jetzt realisierte ich alles. Diese Mary  war kein einziges Mal nach der Hochzeit mit mir zusammen unter die Dusche gegangen. Solche Tatsachen fielen mir nun vermehrt ein.  Ich musste "meine" Sam finden. Koste es was es wolle und ich würde sie finden. Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür. "Darf ich schnell auf die Toilette?", fragte Jess durch die geschlossene Tür. "Klar", erlaubte ich es Jess und drehte mich mit dem Rücken zu ihr nachdem ich die Tür aufgesperrt hatte. Ich konnte Jess's Blick auf mir spüren als sie zur Toilette ging. "Man oh man. Wenn ich lesbisch wäre, würde ich dich wohl jetzt und hier rannehmen!", sagte Jess und ich konnte Verlangen aus ihrer Stimme hören. "Bleib du mal schön bei deinen Männern, Jess!", forderte ich sie auf und lächelte. "Danke trotzdem für das Kompliment". Jess wusch sich danach noch die Hände und ließ mich dann wieder alleine im Bad. Ich vermisste genau solche Anspielungen. Ich vermisste hemmungslosen Sex. Sam strahlte anhand ihrer Bewegungen schon immer pure Erotik aus. Sie wusste genau wie sie mich in Ekstase bringen konnte. Kurze Zeit später war ich fertig und gerade dabei meine Haare zu trocknen als Jess wieder ins Bad platzte. "Sorry Meg, aber ich muss dir was sagen!", sprudelte es nur so aus ihr raus. "Ok, was gibt's?", hackte ich etwas verwirrt nach. Zumal sie vorhin noch kein Sterbenswörtchen von irgendwas in diese Richtung gesagt hatte. Ich hörte ihr aufmerksam zu als sie mir erzählte, dass mein Handy , während ich im Bad war vibrierte. Jess hatte abgehoben. Es war Mary. Jess hatte das Gespräch wieder aufgenommen. Mary war anscheinend sauer, weil Jess an mein Handy ging und nicht ich. Jess erklärte ihr, dass im Bad unter der Dusche war, was es nicht einfach machte. Im Gegenteil. Wir hatten ein echt großes Problem. Mary oder die "falsche" Sam hatte daraufhin gesagt, dass sie heute noch nach Hause kommen würde. "Scheiße, Scheiße, Scheiße....", fluchte ich und wirbelte mit meinen Händen herum während ich im Bad auf und ab lief. "Was machen wir denn jetzt?", fragte ich Jess hektisch und merkte wie Jess selbst keine Antwort wusste. "Das Beste wird sein, wenn ich nach Hause fahre und du dich normal verhältst. Ich versuche mit Chris herauszufinden, wo sich DEINE Sam aufhält.", sagte sie und verließ mein Haus. Ich hatte keine Möglichkeit irgend etwas zu antworten. "What the f***!", fluchte ich und raufte mir die Haare. "Was ist denn los?", raunte mir eine raue Frauenstimme von hinten ins Ohr. Ich erschrak und fiel zu Boden. Mary, oder eben die "falsche" Sam stand hinter mir. Wie hatte sie sich so anschleichen können? Warum hatte ich sie nicht bemerkt? Ich war so froh, dass Jess gleich abgehauen war. Das hätte sonst wieder nur Probleme gegeben. Ich stand wieder auf und vergrößerte den Abstand zwischen uns. Mary kam einen Schritt auf mich zu und nahm mein Gesicht in ihre Hände und zwang mir einen Kuss auf. Man merkte, dass der Kuss nur Verachtung ausstrahle. Warum küsste sie mich dann? Sie entfernte sich wieder und leckte sich grausam über die Lippen. "Na? Gibt es was neues?", fragte sie sarkastisch und rückte mir immer weiter auf die Pelle. Ich fühlte mich so unwohl. Vielleicht oder wahrscheinlich, weil ich wusste, dass das nicht Sam war. "Ich weiß nicht was. Nein!", sagte ich und wischte mir meine Lippen ab. Mich ekelte dieser Kuss so an. "Ich hörte du warst ungezogen!", stellte sie fest. Ich zog meine Augenbrauen zusammen "Was?". "Wie war sie?", fragte sie dominant. "Wie war wer?", fragte ich. Ich stand total auf der Leitung. Was meinte sie denn jetzt plötzlich? Auf einmal ein Schmerz auf meiner Wange. "Jetzt stell dich doch nicht so beschissen blöd an, du Hure!", schrie sie mich an nachdem sie mich geschlagen hatte. Sie hatte mich ernsthaft ins Gesicht geschlagen. Meine Hand schnellte in mein Gesicht auf meine pochende Wange. "Das du dich traust", zischte ich bedrohlich. Sie hatte es geschafft. Das Tier in mir war nun geweckt. "An deiner Stelle würde ich jetzt aufpassen was du sagst", flüsterte Mary bedrohlich und ich sah, wie sie seitlich mit einem Messer spielte. "Was sonst?", fragte ich provozierend. "Sonst gnade dir Gott, Miststück!", sagte sie und ich merkte wie sie immer wütender wurde. "Wieviel weißt du?", schoss es ihr plötzlich raus. Ich wusste genau was sie meinte. Sie war doch nicht blöd. Sie musste irgendwie herausgefunden haben, dass ich Bescheid wusste. "ALLES!", schrie ich und griff im selben Atemzug nach dem Messer und schlug es ihr aus der Hand. "Na warte!", drohte sie mir und fasste mich bei meinen Oberarmen und schlug mit ihrem Kopf gegen meinen. Schwarz. Alles was schwarz. Die Ohnmacht dauerte aber nicht lange an. Gerade als ich zu mir kam, zog mich Mary an meinen Füßen in Richtung Garage. "Nicht mit mir", dachte ich mir, nahm all meinen Mut zusammen und trat ihr mit meinem Bein in den Rücken, sodass sie zu Boden fiel. Ich stand schnell auf und lief ins Haus. Ich hatte nur einen BH, ein Shirt und eine Jogging Hose an. Ich schnappte mein Handy und rief Jess an. Kurze Zeit später hörte ich wie die Haustür aufgeschlagen wurde. "Wo bist du, du Fotze!", schrie Mary unten. "Egal wo du dich versteckt. Ich finde dich du Miststück!", hörte ich sie leise und bedrohlich sagen während sie die Treppe hoch kam. Jess hatte mir gesagt, dass sie gleich die Polizei anrufen würde. Anscheinend hatte sie das gleich erledigt, denn nach kurzer Zeit, hörte ich die Sirene. Mary's Schritte verstummten. Ich stand im Schrank und hielt mir meine Hand vor den Mund und drückte stark zu um keinen Mucks von mir zu geben. "Hab ich dich!", schrie sie und riss die Schranktür auf. Ich, bewaffnet im schrank, mit dem von mir vorhin abgenommenen Messer und stach zu. Ich wusste nicht wie tief ich zustechen sollte. Ich drückte so fest, bis es nicht mehr weiter ging. Mary riss die Augen auf, legte ihre Hände auf meine Schulter und ich merkte wie sie langsam ihre Kraft verlor. Sie fing an zu husten und spuckte mir Blut auf die Kleidung und ins Gesicht. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und wand meinen Kopf etwas schräger, damit ich kein Blut in meinen Mund oder sonst wo hinbekommen würde. Mary riss mich mit zu Boden. Sie hechelte und versuchte nun mich zu erwürgen. Ich drückte das Messer fester in sie. Sie hatte noch sehr viel Kraft und ich merkte wie ich schön langsam aber sicher nach Luft rang. Plötzlich vergrößerten sich ihre Pupillen und ihr Griff lockerte sich. Tränen liefen meine Wangen runter. Nicht aus Trauer sondern aus Angst. Jetzt verstehe ich was es bedeutet wenn jemand sagt in brenzligen Situationen schüttet man so viel Adrenalin aus das man sogar das Unmögliche schafft und das war anscheinend bei mir soeben der Fall gewesen. Sie atmete noch ein, zweimal ein und aus als dann ihre Atmung aussetzte und ihre Arme zu Boden fielen. Ich noch immer über ihr, das Messer in sie drückend, mit Tränen im Gesicht. Wie sollte ich das alles nur erklären? Ich war eine Mörderin. Ich würde ins Gefängnis kommen. Mein Sohn würde zu einer Pflegefamilie kommen oder ins Kinderheim. Die schlimmsten Gedanken kreisten in meinem Kopf umher. Ich wollte mir gar nicht ausmalen wie das ausgesehen haben muss als die Polizisten den Raum betraten und Mary und mich so vorfanden. Sie halfen mir auf, entnahmen Fingerabdrücke, alarmierten den Gerichtsmediziner und einen Arzt. Nach einiger Zeit, als sie meine Aussage aufgenommen hatten, stand meine Mutter vor der Tür. Mit weit aufgerissenen Augen lief sie auf mich zu und schloss mich in ihre Arme. Ich schluchzte und meine Mutter tröstete mich. "Können sie den Zeitpunkt des Todes feststellen?", unterbrach uns ein Polizist. "Bist du deswegen hier?", fragte ich meine Mutter verheult. "Unter anderem, Ja!", sagte sie und ging mit dem Polizist nach oben um Mary offiziell für tot zu erklären. Ich setzte mich auf einen Stuhl und konnte das alles gar nicht fassen. Gefühlt tausende Polizisten in meinem Haus. Oben eine tote Frau, von der ich 10 Jahre lang dachte, dass sie MEINE Sam sei. Mit den Worten "MEGAN!", wurde die Haustür erneut aufgerissen und Jess lief stürmisch auf mich zu und schloss mich in ihre Arme. "Ich dachte schon es sei zu spät!", schluchzte sie in meine Halsbeuge. "Gerade so nicht", gab ich monoton von mir. "Ich sagte doch, dass alles gut werden würde", schluchzte Jess. "Ja, das stimmt", gab ich zu. Es war nun einige Zeit vergangen als meine Mutter zu uns kam und uns bestätigte, dass sie tot sei. Erleichterung machte sich breit. Irgendwie auch etwas Trauer. Immerhin lebte ich 10 Jahre an der Seite dieser Frau. Wenn auch unfreiwillig, aber trotzdem. "Es wird kein großes Begräbnis geben", sagte meine Mutter. "Sie wird eingeäschert und dann am Gefängnisfriedhof begraben". "Wieso am Gefängnisfriedhof?", fragte ich und zog meine Augenbrauen zusammen. "Weil das eigentlich der Ort ist, an dem sie sein hätte sollen", sagte meine Mutter bestimmt.  



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Hey ihr! ok, dieses Kapitel hat selbst mich überrascht. Als ich es begonnen hatte, wusste ich noch nicht wie es zwischen den Beiden ausgehen würde. Aber vielleicht kennt ihr das. Wenn man so im Schreiben drinnen ist, führt eines zum Anderen und schwupp.... schon ist was unvorhergesehenes passiert... :D Danke fürs Lesen!!! :) xoxo Only

What is?! - Was passiert, wenns passiert is?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt