Kapitel 44

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Jess sperrte mein Display und schaltete die Benachrichtigungen aus. Zudem blockierte sie ihn, was ihn aber nicht hinderte mir dann normale SMS zu schreiben. Auch hier blockierten wir ihn und nun war endlich mal Ruhe. Ich war fertig. Fertig mit mir und der Welt. Ich wollte nicht mehr. Es zerriss mich in tausend Stücke als ich das alles las. Jess streichelte mir beruhigend über meinen Rücken und meinte, dass er das mit Absicht gemacht hätte, um mir zu zeigen, dass jeder ersetzbar wäre. "Ach nein! Was du nicht sagst", stieß ich nun sarkastisch raus und funkelte sie zornig an. "Süße, ich verstehe dich. Ehrlich. Aber da solltest du drüber stehen". Diese Aussage ließ mich wieder sarkastisch auflachen, was Jess nachdenklich stimmte. "Vielleicht solltest du hinfahren?", schlug sie nun vor und sah mich mitleidig an. "Genau! Und dann erwische ich die Beiden vielleicht auch noch im Bett! Nein, danke!", protestierte ich und holte mir einen Shot aus Jess's Bar. "Nicht etwas zu früh?", fragte sie, als ich mit dem Shot wieder zu ihr ging. "Obwohl, wenn ichs mir so recht überlege, warum nicht", sagte sie zustimmend und genehmigte sich auch einen Shot. Irgendwie gings mir danach besser. Ich fühlte mich ein wenig ungehemmter. Diese Wirkung hatte Alkohol ja bekanntlich. Mittlerweile war es schon Nachmittag und wir saßen nun auf dem Balkon und beobachteten die Umwelt, als mich ein erneutes Vibrieren meines Handys aus meinen Gedanken riss. Jess schielte als Erste auf das Display und sagte leise "Sam". Nun wagte ich es auch einen Blick auf das Display zu werden und las Sam's Namen. "Hat sie jetzt ein schlechtes Gewissen oder was?", knirschte ich und drückte sie weg. "Vielleicht weiß sie davon gar nichts", versuchte Jess Sam in Schutz zu nehmen. "Ja und ich bin der Weihnachtsmann", antwortete ich abwertend und lachte gehässig auf. "Sag mal, was hat dich zu solch einem Griesgram gemacht?", hackte sie nun interessiert nach und sah mich eindringlich an. "Das Leben", war alles was ich darauf sagen konnte und auch wollte. "Hm", murrte Jess und trank von der Flasche Bier, die wir uns, als wir auf den Balkon gegangen sind mitgenommen hatte. "Was ist eigentlich mit dir und Sandra?", fragte ich nun um das Thema zu wechseln. Jess erzählte nie etwas von ihr und es schien, als ob nichts mehr zwischen ihnen laufen würde. "Sie macht Urlaub bei ihren Eltern", sagte Jess und ihre Augen funkelten verliebt, als sie mir antwortete. "Wann kommt sie wieder?", hackte ich nun nach. "Ach, erst in zwei bis drei Wochen", sagte Jess schulterzuckend. "Und das macht dir nichts aus?", durchlöcherte ich sie weiterhin mit Fragen. "Nö, warum sollte es? Ich bin doch froh, wenn sie ihre Familie sieht und so einen guten Kontakt zu ihnen hat", antwortete sie mir lächelnd. "Dich hat's ja echt erwischt", stellte ich fest und in meinem Inneren führte ich einen Freudentanz auf. Ich gönnte ihr ihr Glück wirklich. Ist eben so. Man freut sich für seine Freunde, wenn sie endlich das fehlende Puzzleteil gefunden hatten. "Jeder Topf hat einen Deckel", sagte sie grinsend und trank wieder einen Schluck. "Ja", antwortete ich kühl. "Jetzt sei mal nicht so. Das renkt sich wieder ein. Bestimmt". Mein Ablenkungsmanöver war in die Hose gegangen. Immer wieder führten unsere Themen zu Sam und mir. "Denk doch mal zurück wie schön es war als ihr euch kennen und lieben gelernt habt", fing sie an aufzuzählen. "Dann habt ihr geheiratet und auch wenn sie leider einige Jahre nicht bei dir an deiner Seite war, hat euch eure Liebe wieder zusammengebracht, weil du nie aufgehört hast sie zu lieben und so ist es auch jetzt!", sagte Jess energisch und fuchtelte mit ihren Armen in der Luft herum. "Das war mal", kam es betrübt von mir und ich drehte die Flasche in meinen Händen. "Ich weiß echt nicht mehr was ich noch alles sagen soll, damit du begreifst, dass das alles nur ein Spiel von diesem Idioten ist!", kam es nun aufgebracht von Jess. So kannte ich sie gar nicht. "Und wieso willst du das so genau wissen?", sagte ich nun etwas lauter und funkelte sie böse an. "Weil ich solche Typen kenne, Meg!", schnaubte sie und fuhr sich durch ihre Haare. "Ich bin es einfach Leid", presste ich nun heraus. "Was bist du Leid?", hackte sie nun nach. "Alles!", schrie ich schon fast. "Das kann doch nicht dein ernst sein?!", prustete sie sarkastisch los und funkelte nun mich böse an. Dieser Blick von ihr machte mir ehrlich gesagt ein wenig Angst, also vergrößerte ich den Abstand etwas, was ihr natürlich auffiel und sie mit einem "Hast du etwa Angst?", kommentierte. "Vielleicht", lächelte ich sie nun an und Jess musste durch mein Handeln ebenfalls lächeln. "Also, was alles bist du denn Leid?", wiederholte sie ihre Frage von vorhin. "Das ewige Kämpfen. Die ewigen, nicht enden wollenden Streitereien.", antwortete ich ihr nun. In Gedanken fielen mir noch mehr Gründe ein, aber ich dachte mir, dass diese genügen würden. "Aber dadurch wächst man doch noch mehr zusammen", widersprach sie mir nun. "Es langweilt mich einfach", antwortete ich und versuchte ihr zu verstehen zu geben, dass ich einfach total verzweifelt war. "Ihr seid beide stur, das stimmt", kommentierte sie und trank ihre Flasche aus. "Ich hol mir noch eine. Möchtest du auch?", fragte sie und wand sich zu mir um. "Ja bitte". Jess ging in die Wohnung um Nachschub zu holen und ließ mich mir mit und meiner Griesgrämigkeit alleine. Wieder erhaschte ich mein Handy, wie sich das Display erhellte und Sam's Name darauf erschien. Und wieder ließ ich es so lange liegen, bis das Display wieder schwarz wurde. Ich hatte Angst ran zu gehen. Vielleicht wollte sie mir sagen, dass sie die Scheidung wollte, vielleicht wollte sie mir auch sagen, dass sie sich in dieses Arschloch verliebt hatte? Meine Ängste schienen mich zu übermannen. Als Jess mit zwei Bierflaschen wieder auf den Balkon kam, erzählte ich ihr, dass Sam wieder angerufen hatte. "Vielleicht war es gar nicht Sam, sondern Jason?", mutmaßte sie, setzte sich wieder neben mich und verringerte den so hart erkämpften Abstand unserer Stühle wieder. Ich atmete tief ein und trank einen Schluck meines neuen kalten Bieres. Das Bier war wirklich sehr kalt, denn kaum war der Schluck in meiner Magengegend, breitete sich schlagartig Gänsehaut über meinen gesamten Körper aus. "Ist kalt nicht?", fragte Jess amüsiert als sie auch eine Gänsehaut bekam. "Ja schon etwas", grinste ich verschmilzt. "Wie spät haben wirs denn?", fragte sie und drückte den Knopf meines Handys um die Uhrzeit zu sehen. "Du hast eine oder besser gesagt, mehrere Nachrichten", stellte sie fest, was meinen Blick auch auf das Display schnellen ließ. "Hm", murmelte ich und wollte die Nachrichten einfach ignorieren, was aber laut Jess gar nicht in Frage kam. "Du kannst nicht ewig davonlaufen. Irgendwann müsst ihr miteinander reden", sagte sie nun und drückte mir mein Handy in die Hand. Mir grauste von einer Konfrontation mit Sam. Sie war mir überlegen. In allem und das hatte jetzt nichts mit dem Alter zu tun, sondern einfach mit dem, dass sie impulsiver war als ich. Ich war da eher so ein gemütlicher Berner Sennen Hund und sie eher so der Chi Hua Hua, der alles bekam und von dem sich jeder fürchtete sobald er zähnefletschend daher geflitzt kam. Und wieder kämpfte ich im Inneren mit mir. Sollte ich die Nachrichten öffnen, oder nicht? Einen kurzen Augenblick sah ich zu Jess, die mir mit ihrem Blick klar machen wollte, dass ich gar keine andere Wahl hatte, als sie zu öffnen. Also kam es wie es kommen musste und ich öffnete die Nachrichten von Sam...

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