Unsanft, durch eine mir ins Gesicht klatschende Hand wurde ich aus meinem Schlaf gerissen. Jason klatschte mit seiner Handfläche gegen meine Wange. Er wollte mich wohl aufwecken, was ihm auch gelungen war. Ich war wach. "Jason...", grummelte ich und rollte mich auf die Seite. "Mami, aufstehen!", flüsterte mir Jason ins freiliegende Ohr. "Jaaaa...", grummelte ich wieder. "Jetzt!", befahl er mir. "Das Temperament hast du wohl von deiner Mutter", stellte ich mit verschlafenen Augen fest, als ich mich aufsetzte und meine Augen rieb. Jason kicherte nur und rannte aus dem Zimmer. Ich schnappte mir mein Handy, entsperrte es und sah, dass mir Sam 12 Nachrichten geschrieben hatte. Sollte ich sie öffnen? Im selben Atemzug erschien ihr Name auf dem Display. Ich wusste nicht, ob ich abheben sollte. Jason hatte wohl mitbekommen, dass seine Mama anrief und sprang vor mir auf und ab und wollte mit ihr telefonieren. Im Grunde hatte ich nichts dagegen wenn er mit ihr telefonierte. Aber in der letzten Zeit war sie so unglaublich boshaft zu ihm gewesen. "Bitte Mami", flehte er mich an, kniete sich auf hin und faltete seine Hände als ob er beten wollte. Ich seufzte und reichte ihm das Handy. Glücklich sprang er auf und wischten den grünen Hörer nach rechts. "Hallo Mama", meldete er sich. Er hielt das Handy aber so komisch, dass er sie nicht gut verstand. Also nahm ich ihm das Handy ab und stellte es auf Lautsprecher. "Ich hab das Handy auf Lautsprecher", informierte ich Sam. "Ah ok", kam es von Sam. "Übrigens, Guten Morgen Jason", begrüßte sie ihn. Mich ließ sie wieder mal außen vor. Es machte mir nicht mehr viel aus. Immerhin war sie zu Jason freundlich und nur das war mir im Moment wichtig. "Hast du gut geschlafen?", erkundigte sie sich. "Ja hab ich und du?", fragte er und grinste bis über beide Ohren. "Ja, ich habe auch gut geschlafen", antwortete sie ihm neutral. Ein bisschen freundlicher würde nicht schaden dachte ich mir. "Musst du dich nicht für den Kindergarten fertig machen?", fragte Sam Jason. Dieser bejahte und lief ins Bad. Ich schmunzelte und schaltete den Lautsprecher wieder aus um das Handy an mein Ohr zu legen. "Wolltest du nur mit Jason sprechen oder mit mir auch?", fragte ich gleichgültig. Ich hörte Sam seufzen bevor sie "Nein, mit dir auch!", antwortete. "Also? Was gibt's?", fragte ich etwas zu uninteressiert für meine Verhältnisse. Sam hingegen schien es nicht zu stören. Sie erzählte mir von ihrem Fall und dass sie noch nicht wusste, wann sie wieder nach Hause kommen würde. Sehr viel hatten wir uns nicht zu sagen. Immer wieder waren peinliche Schweigeminuten vorhanden. "Meg?", fragte Sam nach einer dieser Schweigeminuten. "Ja?"
"Lass uns bitte noch einmal über alles sprechen. In Ruhe und ohne Alkohol. Bitte", konnte ich Sam mit einem leichten flehenden Ton hören. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Wie sollte ich reagieren? Zu sehr hatte sie mich verletzt. Zu sehr waren meine Gefühle bereits auf Eis. "Ich weiß nicht was ich jetzt sagen soll", gab ich ehrlich zu. "Du musst nichts sagen. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich mich mit dir aussprechen möchte", sagte Sam mit weicher Stimme. "Ja, ok", antwortete ich obwohl ich wusste, dass es wahrscheinlich nicht viel bringen würde. "Ok, sehr gut. Ich melde mich wieder wenn ich etwas Luft habe", sagte Sam. Wir verabschiedeten uns ohne ein "Ich liebe dich". Ein einfaches "Tschüss" verließ unser beider Lippen. Als ich auflegte, war ich leicht zerstreut. Ich hatte einfach ein mulmiges Gefühl und wusste nicht was noch alles auf mich zukommen würde. Jason war bereits fertig. Er saß schon in der Küche und mampfte seine Cornflakes. Ich zog mir eine Jeans, ein schwarzes Shirt und meine Sneakers an. Ging in die Küche, ließ mir einen großen starken Kaffee in meinen Thermobehälter. "Wollen wir?2, fragte ich Jason nachdem ich einen schluck des Heißgetränks zu mir nahm. Ich konnte spüren wie sich die Wärme in mir ausbreitete und es war ein schönes, warmes Gefühl. Jetzt war ich bereit für den Tag. Jetzt konnte ich wieder lächeln.
Ich brachte Jason in den Kindergarten und machte mich danach auf den Weg in die Arbeit. Der Vormittag verging eigentlich ganz schnell. Jess und ich waren mit Arbeit bis zum Hals beschäftigt. Nicht einmal eine Vormittags Zigarette war heute drinnen soviel Arbeit hatten wir heute zu erledigen. Nach getaner Arbeit, um 11:30 Uhr, machten wir uns auf den Weg zum Kindergarten um unsere Kids abzuholen. Nachdem die Türen noch verschlossen waren, hatten wir endlich Zeit eine zu rauchen und etwas zu quatschen. "Ich habe jemanden der die Mails verschlüsseln kann", informierte mich Jess nachdem sie ihren Rauch ausgeblasen hatte. "Wirklich?", fragte ich erstaunt und zog wieder an der Zigarette. Jess nickte und erzählte mir, dass sie einen alten Schulfreund hatte, der ihr noch einen Gefallen schuldete und für mich würde sie diesen Gefallen hernehmen wollen. Ich war total gerührt von dieser Geste, dass ich mit den Tränen zu kämpfen hatte. Ich erzählte ihr von Sam's Nachrichten und ihrem Anruf heute Morgen. Jess hob ihre Augenbrauen und wollte alles von dem Gespräch wissen. Ich erzählte ihr alles was wir geredet hatten und was Sam von mir wollte. "Ich hätte an deiner Stelle genauso reagiert", bestätigte mich Jess und zündete sich eine neue Zigarette an. Ich erzählte ihr von meinen Bedenken und Ängsten die ich hatte bezüglich der Dateien, Mails und der Fotos. Jess versuchte mich zu beruhigen und meinte "Bald wissen wir mehr", an mich gewandt. Ich lächelte sie an und nickte. Während des Gesprächs waren die Türen aufgegangen und unsere Jungs kamen schon zu uns gestürmt. "Nicht so schnell", rief ich Jason entgegen. Dieser überhörte meine Bitte aber gekonnt. Im Gegenteil. Er rannte noch schneller. Jess und ich bemerkten, dass die zwei ein Wettrennen veranstalteten. "Warum sollten die Kinder anders als die Eltern sein", lachte Jess und zwinkerte mir zu. Ich lachte, schnappte meinen Sohn und verfrachtete ihn ins Auto auf seinen Kindersitz. Um 14 Uhr brachte ich Jason zu Jess. Sie hatte mir angeboten, auf Jason aufzupassen, damit ich mal einen halben Tag nur für mich haben würde. Jess wusste gar nicht wie dankbar ich ihr war. Ein halber Tag für mich war zur Seltenheit geworden. Umso mehr genoss ich diese "Freizeit". Ich ließ mir eine heiße Wanne ein. Badete fast eine Stunde. Jedenfalls waren meine Finger total runzelig vom Wasser. das war immer so ein komisches Gefühl wenn man mit runzeligen Fingern etwas angreifen wollte. Alleine schon bei dem Gedanken bekam ich Gänsehaut.
Nach der entspannenden Wanne suchte ich mir einen Film, bequemte mich auf die Couch im Wohnzimmer, machte mir Popcorn und ein Bier auf. Bier war das einzige alkoholische Getränk, welches ich trinken konnte, ohne dass mir übel wurde. Mein Handy legte ich auf den Couchtisch und startete den Film. Ich kannte den Film gar nicht. Sam hatte ihn mal gekauft aber wir waren so mit Arbeit und Kind beschäftigt, dass wir nie dazu gekommen waren ihn anzusehen. Also sah ich ihn mir hald alleine an. Nach eineinhalb Stunden war der Film vorbei, ich war gefühlte 10 Liter Tränenwasser leichter und unzählige benutzte Taschentücher lagen um die Couch verteilt auf dem Boden. "Wie ein einziger Tag" hieß der Film und aufgrund meiner derzeitigen Verfassung berührte mich dieser Film so sehr, dass ich selbst als der Film schon zu Ende war, nicht aufhören konnte zu heulen. Nach einiger Zeit, als ich mich wieder beruhigt hatte, griff ich nach meinem Handy und wollte gerade Jess schreiben wann ich Jason holen sollte, sah ich, dass mir Jess bereits geschrieben hatte, ob es mir etwas ausmachen würde, wenn Jason die heutige Nacht bei ihnen schlafen konnte. Kleidung konnte er von ihr haben. Ich willigte ein, weil ich wusste wie glücklich ihn das machte. "Wenigstens einer von uns sollte glücklich sein", dachte ich mir und schniefte wieder. Schluchzend sammelte ich die benutzten Taschentücher ein, packte den Film wieder weg und gab die Schüssel in der die Popcorn waren in die Spülmaschine. Es war ein komisches Gefühl, so alleine in dem Haus zu sein. Ich vermisste Jasons Getrampel. Seine schreie und sein vor sich her singen. Aber eine Nacht auswärts würde ihm gut tun. Ich setzte mich an meinen Laptop und versuchte herauszufinden, was oder wie man diese komishen Zeichen übersetzen konnte. Doch jeder der das Internet kennt weiß, dass es so viele Seiten gibt die aber zu keiner vernünftigen Lösung führen. Also beschloss ich zu guter letzt meine Mails zu checken und bemerkte, dass ich eine Mail erhalten hatte. Der Absender war unbekannt. "Komisch", dachte ich mir und klickte auf die Mail um sie zu öffnen. Die Mail hatte keinen Inhalt. Lediglich im Betreff stand "nur zur Info". Ein Foto war angehängt und ich öffnete es. Auf dem Foto war eine Frau mit roten langen Haaren und als ich es genauer betrachtete, erkannte ich Sam. Total erschrocken über ihren Zustand starrte ich auf das Foto. Sie war total anders. Abgemagert, hatte überall blaue Flecken und war Blutverschmiert. Sofort zückte ich mein Handy und schrieb Sam eine Nachricht.
Megan: 18:16 Uhr: Sam, ist alles in Ordnung?
Kurze Zeit später kam eine Nachricht von Sam.
Sam: 18:19 Uhr: Sicher. Warum?
Das kam mir komisch vor. Ich hatte doch das Foto vor mir und Sam schrieb mir, dass alles in Ordnung sei?
Megan: 18:21 Uhr: Wo bist du gerade?
Nach fünf Minuten bekam ich ein Selfie von Sam, welches sie in einem Restaurant mit einem Kollegen von ihr zeigte. Jetzt verstand ich die Welt nicht mehr. Ich war total verwirrt. Was war da los? Ich wählte Jess's Nummer und nur nach zweimal piepen nahm Jess auch schon ab. "Meg, alles ok?", fragte sie mich mit Besorgnis in ihrer Stimme. Ich erzählte ihr von dem Foto und von Sam's Nachrichten. Jess wollte das Foto haben, also schickte ich es ihr per Whatsapp. Selbst Jess verstand die Welt nicht mehr. Sie und ich telefonierten noch einige Zeit und wir machten uns aus, dass wir gleich morgen Früh der Sache auf den Grund gehen würden. Zufrieden war ich damit nicht so wirklich. Aber was sollte ich schon ausrichten? Ich beschloss ins Bett zu gehen obwohl es erst 19 Uhr war. Aber ich war so geschafft von den letzten Wochen, dass ich sofort einschlief.
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What is?! - Was passiert, wenns passiert is?!
RomanceZweiter Teil meiner Buchreihe "What" Was ist, wenn man alles erreicht hat im Leben?! Was ist, wenn man sich in Sicherheit wiegt?! Was ist, wenn man nicht merkt wie vergänglich doch alles ist?! Was ist, wenn dann doch wieder alles anders kommt als ge...