Kapitel 5

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Mitten in der Nacht wurde ich durch eine laut zugeknallte Tür geweckt. Ich riss die Augen auf und sah sofort nach Jason aber dieser war Gott sei Dank noch in seiner Traumwelt. Plötzlich Glas welches auf dem gefliesten Boden zerbrach. "Jetzt reichts. Ich schau da mal nach was da los ist.", murmelte ich. Ich versuchte mich langsam und leise aus Jason's Bett zu pellen, zog meine Hausschuhe an und verließ sein Zimmer auf Zehenspitzen. Ich schloss die Tür und machte im Flur Licht an. Unten konnte ich High Heels hören und jemanden Fluchen "Scheiße, scheiße, verdammte scheiße", erkannte ich Sam's Stimme. Ich tapste mit verschlafenen Augen zur Treppe und ging sie langsam hinab. Ich rieb mir währenddessen meine Augen und gähnte. Sam hatte wirklich Talent, mich immer dann aus irgendwas hinaus zu reißen wenn ich gerade zur Ruhe gekommen war. Wobei zu Ruhe gekommen nicht stimmte. Ich war ein paar Mal wach gewesen und habe immer wieder geheult, weil mich die Gesamtsituation so fertig machte. Unten angekommen, sah ich, dass in der Kühe Festbeleuchtung war und ging in die Küche. Sam war auf dem Boden zusammengekauert und versuchte die Scherben mit einem kleinen Besen und der dazugehörigen Schaufel aufzukehren. "Kann ich dir helfen?", fragte ich Sam mit kratziger Stimme. "Geht schon", bemerkte Sam leise. Konnte ich da etwa Reue hören? Sie würde sich doch nicht etwa eingekriegt haben? Sam stand mit der Schaufel und dem Besen auf und warf die Scherben in den Restmüll unter der Spüle. Sie schloss die Tür des Spülkastens wieder und drehte sich zu mir um. Ich dachte sie würde wieder davon gehen und mich als mies gelauntes Etwas in der Küche stehen lassen. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Sam stand einfach nur da. In der einen Hand die Schaufel und in der anderen den kleinen Besen. Sie lies beides einfach seitlich an ihr hinab hängen und stand mit gesenktem Kopf da. 

Sollte ich auf sie zugehen? Ich würde wahrscheinlich wieder die Abfuhr meines Lebens erhalten und darauf hatte ich ehrlich gesagt wirklich keine Lust. Also blieb ich stehen und wartete ab was als nächstes geschehen würde. Sam hob langsam ihren Kopf und ein paar Strähnen hingen ihr in ihr Gesicht. Eine Strähne hatte sich in ihrer schwarzen Brille verfangen. Sie hatte die Augen geschlossen und ich merkte, dass sie tief ein und aus atmete. Ich konnte auch erkennen, dass ihre Schultern zuckten. Weinte sie etwa? Was sollte ich tun? Ich kam mir so hilflos vor. Auf der einen Seite war ich unglaublich sauer auf sie. Die Art wie sie mich in den letzten Tagen behandelt hatte war mehr als scheiße. Ich kam mir vor als ob ich nichts mehr wert wäre für sie. Nur ein Laster. Aber vielleicht hatte ich mich auch getäuscht und ich dramatisierte wieder einmal. Das war leider eine nicht so tolle Eigenschaft meinerseits. Aber was kann man schon dagegen tun? Man ist so wie man ist und wenn einen der Partner oder die Partnerin so nicht akzeptierte dann war es wohl das Beste, wenn man getrennte Wege gehen würde. Sam öffnete endlich ihre Augen und sah mich durch einen Schleicher aus Tränen an. Sie sah mich an. Sie sah nicht durch mich hindurch. Nein. Sie sah in mich hinein. Sie blinzelte einmal und dann floss eine Träne ihre Wange hinunter. Sie sah mich wieder an und dann begann ihr Kinn zu zittern. Irgendwie tat sie mir so unglaublich leid aber ich bemerkte auch, dass sie mehr als nur einen Wodka intus hatte. Also war sie betrunken und da gehen bei manchen ja die Gefühle durch. Sie war auch so ein Mensch.

 Entweder war sie total liebesbedürftig oder sie wurde Aggressiv. Was genau eintreten würde konnte man bis es soweit war nie vorhersehen. Heute war wohl wieder einer der liebesbedürftigen Tage. "Megan", flüsterte sie mit zittriger Stimme. "Ja?", fragte ich. Irgendwie klang meine Stimme komischerweise sehr bestimmt und keinesfalls ängstlich wie sie es sonst immer tat. "Ich muss dir etwas sagen", sagte Sam mit einer mehr als weinerlichen Stimme. "Wollen wir uns ins Wohnzimmer setzen?". Sam nickte nur und folgte mir wie ein begossener Pudel. Ich machte Licht im Wohnzimmer an und setzte mich auf die Couch. Sam kam zu mir und setzte sich neben mich. Sie ballte ihre Hände und versenkte sie zwischen ihre Oberschenkel. Wenn sie das tat wusste ich genau, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. "Also?", hackte ich nach. "Was ist los mit dir?", wollte ich von ihr wissen. " Sam schluckte schwer, sammelte sich und öffnete ihren Mund einen Spalt. "Ich habe mich heute zufällig mit einer alten Freundin getroffen. Also mit ihr getroffen stimmt so nicht ganz. Ich war auf dem Weg in die Arbeit als mich eine unbekannte Nummer anrief. Ich ging dran und dann, anhand der Stimme wusste ich schon wer die Person am anderen Ende war.", erzählte Sam leise. "Ich habe euch gesehen", gab ich etwas beschämt zu. "Was? Wann?", fragte Sam etwas aufgelöst. "Ich wollte Kaffee kaufen und eben Lebensmittel und habe, gedankenverloren wie ich war, den Eingang in das Geschäft verpasst und stand dann zufällig vor dieser Konditorei in der ich dich dann mit dieser Frau sah.", gestand ich ihr. "Es ist nicht so wie es schein", verteidigte sich Sam. "Lass es mich erklären", versuchte Sam sich zu erklären wie ein bettelnder Hund, der nichts vom leckeren Essen auf dem Tisch bekam. "Ich bin ganz Ohr, Sam." Sam räusperte sich und setzte zum Reden an:"Also, wir saßen da so in der Konditorei und es war als ob wir uns nie aus den Augen verloren hätten. Sie erzählte mir von früher wie es ihr ergangen war und was sie jetzt so machte und wo sie wohnte. Irgendwie war alles so ausgelassen und dann nach nicht mal einer Stunde bin ich dann zur Arbeit. Ich wollte mich heute mit dir aussprechen. Ich fühlte mich total schlecht. Ich hab dir Unrecht getan und das tut mir leid", versuchte sich Sam zu entschuldigen. 

Aber so leicht wollte ich es ihr nicht machen. Sie sollte merken, dass sie mit mir so nicht umgehen konnte also nickte ich nur und gab ihr zu verstehen, dass sie weiter reden konnte. "Als ich wie gesagt dann in die Arbeit bin, verging der Tag wie im Fluge. Mein Chef ließ mich früher nach Hause gehen und ich hatte dir Blumen gekauft weil ich mich entschuldigen wollte und als ich dann zu Hause war, stand da Jess im Flur und ihr wart auf einmal leise. Ich fühlte mich nicht willkommen. Ich fühlte mich unwohl und dann brannten mir die Sicherungen wieder durch.", versuchte sich Sam recht zufertigen. "AHA", gab ich kühl von mir. Irgendwie kam mir diese vermeintliche Entschuldigung mehr als komisch vor. Wenn sich Sam vor unserer Hochzeit entschuldigt hatte, dann war das von herzen und man merkte auch wie viel Liebe sie für mich empfand. Aber diese Entschuldigung war kalt und ich spürte keinerlei Hingebung. Sam versuchte eine Hand von mir zu nehmen aber ich entzog sie ihr wieder. Sam's Ausdruck in ihren Augen wurde wütend. Ich konnte sichtlich sehen, wie sich ihre Augen verdunkelten und wie sie versuchte ihre Wut in Zaun zu halten. "Sam, ich weiß nicht was der wirkliche Grund für das ganze Theater ist. Aber ich spüre, dass sich etwas verändert hat in den letzten Jahren.", gab ich zu. "Was willst du damit sagen?", sagte Sam mit bedrohlicher Stimme. Schon staunenswert wie sie von jetzt auf gleich keine einzige Träne mehr vergoss. Langsam begann ich zu glauben, dass das alles nur Theater war. "Ich will damit sagen, dass ich DICH nicht mehr finden kann. Ich finde die Samantha nicht mehr in die ich mich einst verliebt hatte." "Aha. Soll ich dir was sagen? Ich finde diese Megan auch nicht mehr. Alles dreht sich nur noch um Jason und deinen ach so tollen Job." Sams Stimme wurde wieder etwas lauter und ich konnte sehen wie ihre Pulsader am Hals begann zu pochen. "Sag geht's noch? Jason ist unser Sohn!", während ich das sagte, stand ich auf und stellte mich vor Sam. "Er liebt dich. Er vergöttert dich und alles was du für ihn übrig hast sind diese Worte? Dass ich mich nur noch um ihn kümmere? Er ist verdammt nochmal unser Sohn. Du wolltest ihn genauso sehr wie ich!", begann ich nun etwas lauter zu sagen. 

Schreien wollte ich nicht. Zum einen, weil Jason schlief und zum anderen weil ich einfach zu müde war. "Ich gehe jetzt wieder ins Bett. Vielleicht denkst du mal nach bevor du wieder so eine Scheiße verzapfst", warf ich Sam an den Kopf und polterte aus dem Wohnzimmer hinauf in Jason's Zimmer. Wie konnte ich nur denken, dass Sam sich beruhigt hatte. Wie konnte ich nur denken, dass sie endlich einsehen würde was ich alles für sie tat und wie sehr sie vor allem Jason liebte. All das schien für sie keinen Wert mehr zu haben. mit Tränen in den Augen und Wut in mir ging ich wieder zu Jason ins Zimmer, legte mich wieder zu meinem wunderschön schlafenden Engel und kuschelte mich ganz dicht zu ihm. Ich werde wohl oder übel eine Entscheidung treffen müssen. Auch wenn es Jason und mir weh tat. Aber so konnte es nicht weiter gehen. So wollte ich nicht weiterleben. Nicht so. Für mich war das schon beschlossene Sache. Vor allem ging mir das mit der anderen Frau nicht aus dem Kopf. Wer war sie und was wollte mir Sam eigentlich sagen was sie dann im Nachhinein doch nicht tat.

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