Kapitel 20

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Als Sam fast bei uns war, stoppte sie abrupt. Keuchend stemmte sie ihre Arme auf ihre Oberschenkel und sah mich in gebückter Haltung an. "Bitte", flehte sie mich an. "Lassen Sie uns nochmal reden", bettelte sie schon regelrecht. "Sehen Sie?", sagte Dr. Weier und hob seine Augenbrauen als er mich prüfend ansah. "Ich muss zuerst eine rauchen!", sagte ich leise. "In Ordnung. Sie können bei den Schwestern am Balkon ihre Sucht stillen.", gab er von sich und seufzte. "Darf ich mitkommen?", fragte Sam aus heiterem Himmel. Ich wusste, dass Sam früher geraucht hatte. Vielleicht war sie ja doch noch irgendwo da drinnen. Vielleicht gab es noch eine Chance für uns. "Wenn es Dr. Weier erlaubt?", fragte ich an Dr. Weier gewandt. "Ausnahmsweise", sagte er und begleitete uns ins Schwesternzimmer. Jess und Sandra gingen ebenfalls mit. Am Balkon genoss ich die frische Luft. Meine Hände, nein... mein ganzer Körper zitterte. Jess schien das zu merken und schlang ihren Arm um mich, um mir zu signalisieren, dass alles gut war. Sam's Augen verengten sich zu schlitzen. War sie etwa eifersüchtig? Fühlte sie etwas in Bezug auf mich? Sam stellte sich neben mich und sah mich und Jess abwechselnd an. "Sind... Sind Sie....", weiter kam Sam nicht, denn es rollte eine Träne ihre Wange hinunter. "Was sind wir?", fragte ich sichtlich verwirrt. "Zusammen", kam es von Sam so leise, dass nur ich und Jess es hören konnten. "Nein!", gab ich empört von mir. "Ich dachte...", antwortete Sam erleichtert. Ich konnte wirklich Erleichterung in ihren Augen erkennen.  Jess löste sich von mir uns kramte eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Jackentasche. Sie zündete eine an und gab sie mir. Dann zündete sie sich selbst auch eine an. "Darf ich auch?", kam es schüchtern von Sam. Jess und ich sahen verblüfft zu Sam. "Dr. Weier?" "Ja sie darf. Ausnahmsweise.", sagte er und verließ den Balkon. Bevor er außer Reichweite war, sagte er noch "Wenn was ist, einfach schreien" und ging davon.

Jess gab Sam eine Zigarette und zündete sie ihr an. Sam nahm einen tiefen Zug und atmete mit geschlossenen Augen wieder aus. "Herrlich", war alles was Sam sagte. Ich musste schmunzeln. Denn genau solche Gesten erinnerten mich an sie. "Kurz, knapp und doch auf den Punkt getroffen", sagte ich und lächelte mit meinem verweinten Gesicht. Sam lächelte und blickte nun wieder zu mir. Jess schien den Wink zu verstehen. "Ich schau mal wie weit der Balkon da noch weiter geht", kam von ihr und sie setzte sich in Bewegung. "Warte, ich komme mit", sagte Sandra und lief Jess nach. Nun waren wir wieder alleine. Sam und ich. Sam sah mich noch immer an und lächelte. Sie legte ihren Kopf schief während sie wieder an der Zigarette zog. "Wir kennen uns besser oder?", interpretierte sie und blies den Rauch wieder aus. "Ja", antwortete ich kurz und knapp. "Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen?", fragte sie mich nun. "V...Vor....", doch Sam schnitt mir das Wort ab. "Vor 10 Jahren oder?", fragte sie und fing an zu zittern während sie wieder an ihrer Zigarette zog. "Ja", hauchte ich und sank meinen Kopf. Nun war es Sam die mein Kinn wieder nach oben schob um mir in die Augen zu blicken. "Darf ich DU sagen?", fragte sie plötzlich. Ich nickte. Sie streckte mir ihre Hand entgegen "Hallo, ich bin Mary!". Es hätte so perfekt sein können, würde sie nur wissen, dass Mary nicht ihr Name war. Mit einem gequälten Lächeln erwiderte ich ihre Geste. "Hallo, ich bin Megan!" Sie schüttelte kaum merklich meine Hand. "Megan", hauchte sie und ich sah in ihren Augen einen kleinen Blitz. Es sah so aus, als ob eine Sternschnuppe durch ihre Augen geflogen wäre. "Ja?", sagte ich erwartungsvoll. "Wie heiße ich wirklich?", wollte sie nun von mir wissen. "Mary oder nicht?", hauchte ich und Traurigkeit erfüllte mein Inneres. "Ich denke nicht", sagte sie nachdenklich. "Warum denkst du das?", hackte ich nun nach. "Weil ich mich mit diesem Namen nicht verbunden fühle", gab sie zu. Ich schluckte. Sollte ich ihr ihren richtigen Namen sagen? Was würde passieren? Ich sah in das Schwesternzimmer um zu checken ob im Ernstfall jemand zur Stelle wäre. Eine Schwester saß an einem Computer und schien eine Patienten Akte zu vervollständigen. Also wagte ich es und sah Sam wieder an. Diese sah mich erwartungsvoll an und schien völlig nervös zu sein. "Samantha", war alles was ich heraus brachte. Sam sah mich emotionslos an. "Samantha?", fragte sie mich als ob sie eine Bestätigung von mir haben wollte. "Ja, Samantha!", wiederholte ich ruhig. So ruhig es eben ging. Natürlich zitterte ich und wusste nicht wie weit ich gehen konnte. "Wie standen wir zu einander?", flüsterte sie und streichelte meine Hand. Ich hatte ganz übersehen, dass wir seit der zweiten Begrüßung unsere Hände hielten. Sie ließ mich nicht mehr los. Was sollte ich denn jetzt wieder sagen? Meine Fresse war das schwer. Am liebsten würde ich ihr alles auf einmal erzählen. Aber das wäre wohl zuviel des Guten. "Ich war deine Studentin", antwortete ich und beobachtete Sam's Rektion genau. Sie schien zu überlegen. "Ist Mary fiktiv?", fragte sie mich traurig. "Nicht direkt", gab ich ihr als Antwort. Denn im Grunde war Mary mehr als real. "Wie meinst du das?" Oh shit. Was hatte ich getan. War ja klar, dass sie das hinterfragen würde. Innerlich klopfte ich mit meiner Handfläche gegen meine Stirn. Wie konnte man denn so bescheuert sein? Ich seufzte "Wie wäre es wenn wir uns in deinem Wohnzimmer nochmal zusammen setzen?", wollte ich sie ein bisschen ablenken. "Können wir gerne tun", sagte sie und zog mich mit sich. Wir beide sitzend. Ich auf der Couch und sie wieder gegenüber. "Selbes Spiel wie vorher", dachte ich mir. "Also?", hackte sie nach. "Was also?", fragte ich und wollte auf unwissend tun. 

"Du denkst doch wohl nicht im Ernst, dass ich meine Frag vergessen habe", tadelte sie mich und ich merkte wie ich rot wurde. Ich war schon lange nicht mehr rot geworden. Eine Stunde mit ihr, nach 10 Jahren und sie schaffte es. Wahnsinn. "Ich erzähle es dir. Aber nur, wenn du ruhig bleibst!", sagte ich mit besorgter Stimme. "Ok", war alles was sie antwortete. "Na dann los...", fing ich an. Ich holte tief Luft. "Mary war deine Zwillingsschwester. Sie hat eure Identitäten vertauscht und sich dein Leben geschnappt und dir im Gegenzug ihres aufgezwungen". Ich wartete Sam's Reaktion ab. Sie schien zu überlegen ob das was ich ihr sagte auch wirklich die Wahrheit war. "Du warst nicht nur meine Studentin, oder?", fragte sie plötzlich. Traurigkeit übermannte mich schon wieder. Warum war ich nur so ein Weichei! "Reiß dich endlich mal zusammen", dachte ich mir und ärgerte mich über mich selbst. Wieder seufzte ich. "Nein. Ich war nicht nur deine Studentin!". "Lässt du dir gerne alles aus der Nase ziehen?", fragte mich Sam und ich erkannte, dass sie ein wenig wütend auf mich wirkte. Ich sah sie nur an und wusste nicht was ich sagen sollte. Wiedereinmal. "Meine Güte Meg, sprich doch mit mir!", motze Sam mich an. Kaum hatte sie den Satz gesagt, schlug sie ihre Hand auf ihren Mund. Meg! Sie hatte mich Meg genannt!! Konnte sie sich erinnern? Ich beobachtete Sam die sich noch immer ihre Hand vor ihren Mund hielt. "Meg!", sagte sie erneut und Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Wieso kann ich mich an den Namen "Meg" erinnern, an dich aber nicht?", fing sie an zu schluchzen. "Ich weiß es nicht", sagte ich ehrlich. Schweigend saßen wir nun da. Sam mit den Tränen kämpfend und ich voller Zorn. Ich war zornig auf diese Mary. Sie hatte einfach alles zerstört. Sie hatte uns 10 wundervolle Jahre gestohlen und man konnte sie nicht mehr zur Rechenschaft ziehen. 10 Jahre die Sam und ich nun älter waren. Natürlich war Sam noch immer die schönste Frau von allen. Aber was nützt mir das, wenn sie nicht weiß wer ich bin und wer ich für sie war? Um die Stille zu unterbrechen bewegte ich mich und stand auf. Sam sah erwartungsvoll zu mir hoch. "Ich sollte jetzt gehen", presste ich hervor. Sam hielt meine Hand nun fester. Anscheinend wollte sie nicht, dass ich ging. Im Moment hielt ich das aber für das Beste und befreite mich von ihrer Hand. "Nicht!", wimmerte sie und stand ebenso auf. "Ich muss", sagte ich und machte kehrt. An der Tür sah ich noch einmal zu Sam, welche wieder auf ihrem Platz saß, ihren Kopf in ihren Händen vergraben hatte und bitterlich weinte. "Es tut mir leid", flüsterte ich als ich die Tür hinter mir schloss und ging.  

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