Chemo

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Mum wollte zum ersten Mal mit Kilian einkaufen gehen und mich vorher in der Klinik absetzen. Wir stiegen ins Auto.

Ich wusste nicht genau, was geplant war.

Mum stoppte das Auto sofort wieder. "Wenn wir einkaufen wollen, sollte ich vielleicht auch den Einkaufszettel mitnehmen..."
"Wäre praktisch." Sie stieg aus und verschwand im Haus. "Du siehst nicht aus als würdest du mitkommen wollen zum Einkaufen. Das habe ich früher auch nie gerne gemacht. Ha, kannst ja mit mir kommen und dich mit mir unterhalten."

"Ich habe nichts gegen einkaufen, aber ich war immer alleine und nie mit dem Auto."

"Allein?"

Ich nickte. "Falls ich Geld gefunden habe."

Was wurde denn das für eine Schauergeschichte?
"D-deshalb bist du so gut im Rechnen", versuchte ich das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

Ich nickte. "Man muss ja wissen, wie viel Essen man kaufen kann."

"Schlau, schlau...Ich würde jetzt auch viel lieber mit einkaufen gehen." Mum tauchte in der Haustür auf.

"Ist es so schlimm im Krankenhaus?"

"Nein, langweilig." Ich lachte. "Man bewegt sich eben für eineinhalb Stunden nicht aus dem Sessel. Das einzige, was man dann machen kann ist lesen oder Musik hören. Oder sich mit den anderen Patienten unterhalten, aber das sind meistens Erwachsene."

"Ich kann auch mitkommen, wenn das hilft."

"Wirst du keine Angst haben?"

"Ich war bis jetzt nur einmal im Krankenhaus."

"Warum?"

"Die leichte Rauchvergiftung."

"Ach so..." Mum stieg ein und startet den Motor.

"Ich kann mitkommen, wenn dir das hilft."

"Mitkommen? Wohin?"
"Ich habe eben gesagt, weil mir so langweilig ist, dass er mir Gesellschaft leisten könnte."
Mum warf mir einen kurzen Blick zu und sah dann in den Rückspiegel zu Kilian.

"Wenn das in Ordnung ist, ansonsten kann ich auch mit einkaufen gehen."

Wir erreichten bald das Klinikgelände und ich öffnete die Tür. "Da drinnen sitzen noch mehr Leute, die so aussehen wie ich. Willst du trotzdem mitkommen?"

Ich nickte. Ihm zu liebe.

Ich wartete bis er ausstieg. Dann hielt ich ihm die Hand hin.

Ich griff nach seinen Fingern und ließ mich ins Krankenhaus bringen.

Ich wusste schon, wo ich hin musste und lief deshalb ziemlich zielstrebig durchs Gebäude. Dann trat ich an den Schalter vor dem Raum für die Chemo. "Oh, Alex, hast du heute Verstärkung mitgebracht?", fragte eine freundliche Krankenschwester.
"Ja, dann habe ich wenigstens jemanden, mit dem ich reden kann." Ich grinste Kilian zu. "Dann kommt mal mit."

Ich griff etwas fester nach seiner Hand und ließ mich mitziehen. Ich hatte keine Angst, die langen weißen Gänge verunsicherten mich einfach etwas, genauso wie die Personen, die alle dasselbe an hatte.

Wir betraten einen Raum mit Sesseln, es war nur noch ein weiterer älterer Herr anwesend. Ich steuerte auf einen Platz zu und die Schwester schob Kilian einen Stuhl hin.

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