Geburtstag

164 6 0
                                    

Mum weckte mich am Samstagmorgen und erklärte mir, dass Kilian heute Geburtstag hatte. Ich sollte zusammen mit Dad den Tisch decken, während sie ihn wecken wollte. Ich schlich also nach unten.

Ich war schon lange wach und saß auf der Fensterbank. Der andere Junge war auch schon wach und hatte anscheinend Besuch. 

Mum klopfte an die Tür und öffnete sie. Dann blieb sie erstaunt stehen. "Happy Birthday Kilian!" 

Irritiert drehte ich mich um. "Was?"

“Happy Birthday, mein Schatz!”

"Stimmt ja, ich habe ja Geburtstag", murmelte ich und kletterte von der Fensterbank.

“Freust du dich denn nicht? Komm mit nach unten, Alex und Dad haben schon gedeckt und die Kerzen brennen auf dem Kuchen.”

"Ich bekomme einen Kuchen?", fragte ich mit großen Augen.

“Ja natürlich, einen Geburtstagskuchen. Komm mit!” Sie streckte ihm die Hand hin.

"Ich habe noch nie einen Kuchen bekommen." Ich zögerte und legte dann meine Hand in ihre.

“Dann wird es aber Zeit.”
Als die beiden nach unten kamen, wünschten Dad und ich ihm ebenfalls alles Gute zum Geburtstag und wir setzten uns an den Tisch.

Ich schwankte dauernd zwischen Angst und Freude. Ich hatte keine Ahnung, was das ganze sollte. 

“Willst du die Kerzen ausblasen und dir etwas wünschen, dann kann ich den Kuchen anschneiden”, fragte Dad.

Zweifelnd sah ich ihn an. "Was soll ich mir denn wünschen? Es geht doch eh nicht in Erfüllung."

“Hey, nicht so pessimistisch”, ich knuffte ihm in die Seite.

Ich zuckte weg. "Wieso bekomme ich das alles zum Geburtstag? Ich meine, Geburtstag ist doch auch nur ein Tag wie jeder andere."

“Na hör mal, so etwas wird doch gefeiert. Zumindest bei uns. Man bekommt Kuchen und Geschenke.”

"Aber ich habe doch gar nichts gemacht."
Langsam machten sie mir Angst.

“Wie du hast nichts gemacht?”, wollte Dad verwirrt wissen.

"Wieso bekomme ich etwas, obwohl ich dafür gar nichts gemacht habe?"

“Na ja, weil…weil du Geburtstag hast.” 
Wie sollte man das denn jemandem erklären, der noch nie wirklich Geburtstag gefeiert hatte?
“Jetzt puste erstmal die Kerzen aus.”

Ich nickte und pustete. 
Als alle Kerzen aus waren, sah ich ihn fragend an.

“Augen zu und etwas wünschen. Aber du darfst es nicht laut sagen.”

Ich beschloss einfach mitzuspielen. 
Mein Wunsch war etwas völlig banales, an dem ich aber gerade in dieser völlig fremden Situation zweifelte. Keine Schläge. 

“Willst du den Kuchen anschneiden, Geburtstagskind?”

"Ich?"

“Ja…”

Ich nahm vorsichtig das Messer und schnitt den Kuchen möglichst gleichmäßig in Stücke.

“Sehr schön.” Ich half ihm die Kuchenstücke auf die Teller zu verteilen. “Guten Appetit.”

Ich nahm vorsichtig eine Gabel voll und wurde dann immer schneller als mich keiner stoppte.

“Na, nicht so schnell. Es ist genug für alle da.” Mum legte ihm eine Hand auf den Arm.

Ich zuckte wimmernd zurück und ließ die Gabel fallen als hätte ich mich verbrannt. 

Es klirrte und die Gabel landete auf dem Boden. Ich beugte mich nach unten und hob sie wieder auf. “Du verschluckst dich noch. Iss langsamer auch wenn der Kuchen gut schmeckt”, erklärte Mum.

Ich rutschte vom Tisch weg. Ich hatte keine Lust mehr auf Kuchen. 

Ich hielt ihm seine Gabel hin. “Hier!”

Ich zuckte zurück.

“Willst du nicht mehr? Das war nicht böse gemeint, was sie gesagt hat.”

Ich schüttelte den Kopf und starrte auf den Fußboden.

"Willst du dann wenigstens deine Geschenke auspacken?", versuchte Mum die Situation zu retten. 

"Geschenke?"

"Ja, es wird dir gefallen." Dad stand auf und holte es aus dem Wohnzimmer. 

Zögernd nahm ich es und riss das Papier auf. 

"Und? Wie findest du es?" 

"Was genau ist das?", fragte ich und sah auf den Karton.

"Na du musst es schon aufmachen", meinte ich grinsend. 

Ich öffnete den Karton und sah ihn verständnislos an.

Ein neuer Ranzen und ein Mäppchen. Gefällt es dir nicht?”, fragte Mum.

"Aber die Tasche war doch noch gut…"

Na ja, gerade so…”

"Aber sie hatte doch nicht einmal Löcher."

“Doch und der Reißverschluss ging auch nicht mehr richtig.”

"Aber es war die beste Tasche, die ich jemals hatte."

Ich rollte mit den Augen. “Dann behalt sie und ich nehme die hier.”

"Entschuldigung. Ich habe nur noch nie so eine schöne neue Tasche gehabt oder ein Geburtstagsgeschenk."

“Oh!”
“Ach so, da bin ich aber beruhigt. Ich dachte schon, du willst sie wirklich nicht.”

"Nein, sie ist toll, tut mir leid, wenn das undankbar rüberkam."

Mum lächelte. “Dann kann ja einer neuen Schule nichts mehr im Weg stehen.”

"Mmh."
Ich wusste nicht wieso genau ich wechseln sollte. Ich hatte noch immer das Gefühl zu wenig zu wissen."

Dann kannst du mir mir morgens zur Schule laufen.”

Ich nickte. Das war vermutlich das einzige positive.

Ich klopfte ihm auf die Schulter. “Das wird toll."

New FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt