Trauma

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In der nächsten Woche sollte ich wieder in die Schule. Ich hatte es völlig ausgeblendet und brach in Tränen aus, als ich meine Brotdose sah.

Mum drehte sich erschrocken zu ihm um. “Was ist denn jetzt los?”

Ich schnappte nach Luft und rannte dann wieder hoch. Ich konnte das alles nicht. Ich konnte nicht wieder in die Schule. In diese Klasse.

“Lass ihn”, sagte ich zu Mum.
Weinend verkroch ich mich im Schrank.

Das war alles zu viel für mich. 

Ich haderte mit mir, ob ich ihm hinterher gehen sollte oder nicht. Ich wusste ja, warum er nicht hin wollte. Mum wusste es auch, aber sie wollte es trotzdem. 

"Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Schule unser größtes Problem wird", seufzte sie.

Ich nickte und nahm meine Brotdose.

"Ich ruf bei der Schule an und sage Bescheid. Ich wünsche dir viel Spaß."

“Danke.”

Zwei Tage später gab es wieder ein Gespräch mit meinem Lehrer. Da ich das Haus inzwischen gar nicht mehr verließ und er wollte, dass ich dabei war, fand es bei uns statt.

Ich fand es dumm, dass sein Lehrer hier war.

Ich saß auf der Treppe um zu hören, was los war, aber das ließ Susan nicht zu. Ich musste runter gehen und mich zu ihnen auf die Couch setzen. 

Ich war oben und wartete eigentlich darauf, dass Kilian von der Treppe an mir vorbei raste. Doch das passierte nicht.

Wie ein Lamm auf der Schlachtbank saß ich auf der Couch. 
"Es tut mir sehr leid, dass ich das ganze nicht früher bemerkt habe", sagte der Lehrer.

“Und was haben Sie jetzt gemacht?”

"Ein Gespräch geführt, Strafen verteilt, viel mehr konnte ich leider nicht machen."

“Und damit glauben Sie ist alles gut?”

"Nein und ihr Sohn erscheint mir um ehrlich zu sein ziemlich traumatisiert. Vermutlich wäre es wirklich besser, wenn er die Klasse wechselt."

Mum nickte sofort.

"Ansonsten hatte ich auch noch das Angebot einer Sozialpädagogin, die schon länger mit unserer Schule zusammenarbeitet, sich mal genauer mit Kilian zu beschäftigen, sofern er das will."

"Das wäre eine Möglichkeit." 

"Er darf daheim bleiben, solange er möchte. Und seine nächste Klasse wurde schon ausgesucht. Es ist eine mit vielen Kindern drin mit speziellen Bedürfnissen, wir denken, dass es ihm da besser gehen wird."

“Aha, ich hoffe es. Er wird sicher bald wieder in die Schule kommen.”

"Ich weiß nicht, ob ich das schaffe", nuschelte ich.

“Na klar doch, du bist doch ein starker Junge.”

"Aber, was, wenn sie mich nochmal ärgern."

“Dann kommst du sofort zu mir und ich regel das.”

Ich nickte. 

Ich hörte, wie sie den Lehrer verabschiedeten.

Ich rannte hoch, sobald der Lehrer weg war.

Auf der Treppe polterte es. Jetzt erst? Hatte er es so lange dort auf den Stufen ausgehalten?

Ich lief zu Alex und warf mich da aufs Bett.

“W-was ist denn jetzt passiert?” Ich drehte mich zum Bett um.

"Ich musste dabei bleiben. Aber immerhin bekomme ich eine neue Klasse und soll zur Pädagogin."

“Eine neue Klasse ist doch super. Da ärgert dich keiner mehr.”

"Es ist trotzdem noch dieselbe Schule und derselbe Jahrgang, was, wenn sich das rumgesprochen hat?"

“Hm…”

"Dann werden sie mich auch hassen."

“Nein, nicht daran denken.”

"Aber, was, wenn es so ist?"

“Dann kommst du nach Hause und sagst es sofort Mum.”

"Ich habe immer gedacht Schule ist toll, aber irgendwie ja doch nicht."

“Es kommt auf vieles an um die Schule toll zu finden. Sieh mal, ich finde die Schule manchmal auch nicht gut, aber dann liegt es an Arbeiten oder Lehrern. Und bei dir eben an den Mitschülern. Aber das ist bei jedem anders. Die Arbeiten muss ich trotzdem schreiben und du musst trotzdem irgendwie den Tag überstehen, auch wenn sie dich nicht mögen.”

"Aber dafür müsste ich so mutig sein, wie du und das bin ich nicht."

“Ich bin auch nicht mutig, was glaubst du denn? Was meinst du wie lange es gedauert hat, dass ich Matheo und Pia als Freunde gefunden habe?”

"Ich wette, du hast keine Probleme damit gehabt in die Schule zu gehen."

Ich lachte auf. “Ich habe sogar eine ganze Zeit lang mal geschwänzt.”

"Aber wieso denn?"

“Na ja. Du würdest auch nicht in die Schule gehen, wenn du so aussehen würdest.” Ich tippte mir an die Mütze.

"Du siehst doch gar nicht so schlecht aus und für die Krankheit kannst du ja nichts."

“Nein, kann ich nicht…Aber es war viel schlimmer für mich als die Haare noch voller waren und dann ausfielen. Ich habe mich dafür geschämt und bin deshalb nicht zur Schule gegangen.”

"Dafür musst du dich doch nicht schämen."

Ich drehte mich wieder zum Schreibtisch um. Das war mir auch klar, das hatten mir alle so oft gesagt. Und mittlerweile hatte ich mich ja auch damit abgefunden. Aber trotzdem war es nichts schönes. Und irgendwo war ich doch wütend und traurig, aber auf wen wusste ich nicht wirklich…  

"Ich sah doch noch schlimmer aus mit all meinen Narben und da wird nichts mehr besser."

"Sicher, aber wer weiß, wie lange es bei mir noch dauert." 

"Ist doch egal und wenn ich ewig mit dir im Krankenhaus sitze."

Ich nickte. 

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