Kapitel 2

41 1 3
                                    


Am nächsten Morgen, wurde ich unsanft, durch ein lautes Klopfen geweckt. Ich brauchte einen Moment, um wirklich wach zu werden und gab deshalb erstmal keine Antwort. Das schien die Person vor der Tür nur wenig zu interessieren. Diese Person war mein Vater und er stürmte wütend ins Zimmer und fing direkt mit seinem Vortrag an: „Romy, habe ich dir nicht gesagt, dass du am Unterricht heute teilnehmen sollst und hatte ich dir nicht verdeutlicht, dass wir ein riesen Problem haben, sollte ich herausfinden, dass du mal wieder geschwänzt hast. Ich werde jetzt meine Konsequenzen ziehen. So kann es einfach nicht weitergehen." Mit diesen Worten verließ er mein Zimmer wieder. Ich war vollkommen perplex. Ich hatte nicht erwartet, dass mein Vater da sein würde. Normal wäre er jetzt im Büro bis mindestens acht Uhr heute Abend. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mich heute früh erwischen könnte, wenn ich meinen Plan umsetzte und schwänzte. Ein Blick auf die Uhr verdeutlichte mir, dass er wohl seine Mittagspause zu Hause verbringen wollte. Blöd, das hatte ich heute Nacht, als ich Heim kam nicht in Erwägung gezogen. Ich stöhnte und rappelte mich auf. 

Das musste ich regeln, auch wenn ich keine schlimmen Konsequenzen zu erwarten hatte. Ich schlurfte in den Flur und stoppte, als ich meinen Vater und Mike unten im Flur hörte. Mike hatte wohl heute nur bis um zwölf Unterricht, er war zwei Stufen über mir und hatte normal bis 16 Uhr Schule. „Aber Dad, findest du das nicht ein bisschen heftig? Was, wenn es sich dort auch nicht ändert, dann hast du keine Kontrolle mehr und ich kann auch nicht mehr helfen, weder dir noch ihr." Mein Vater klang verzweifelt: „Ich sehe keine andere Möglichkeit mehr. Es wird sich hier nichts ändern. Sie hängt an der Vergangenheit und kann sich davon nicht so lösen, wie du es konntest. Wenn sie den räumlichen Abstand hat, vielleicht gelingt es ihr dann." Jetzt klang Mike verzweifelt: „Ich sage nicht, dass ich dich in manchen Punkten nicht verstehe, aber du kannst sie doch nicht wegschicken, dort kennt sie niemanden und sie öffnet sich nur mir, schon seit Jahren." Mich wegschicken? Wie meinten sie das? Wo sollte ich hin? Die Antwort meines Vaters war hart und ließ keine Diskussion zu: „Das reicht! Du wirst das nicht entscheiden. Es ist die letzte Chance, sie in die richtige Richtung zu rücken. Es ist nur für knapp ein Jahr. Dann ist sie 18 und kann selbst entscheiden, ob sie bleibt oder zurück nach Hause kommt." Zurück nach Hause? Was meinte mein Vater damit? Wollte er mich loswerden? Würde er diesmal wirklich Konsequenzen ziehen? „Aber Papa...", versuchte es Mike ein letztes Mal, doch mein Vater unterbrach ihn: „Bitte Mike, genug. Es wird so schon schwer. Mach es nicht noch schlimmer." Da war sie wieder die Verzweiflung und Mike verstummte. Ich war ebenfalls sprachlos. Was hatte mein Vater vor? Wo um Himmels Willen sollte ich hin? 

Ich musste das alles kurz verarbeiten, ging zurück in mein Zimmer und steckte mir auf der Terrasse eine Zigarette an, normal rauchte ich gar nicht so häufig, aber die Ereignissen in den letzten Stunden drängten mich dazu. „Romy, du weißt ich mag es nicht, wenn du rauchst." Ich drückte die nur halbgerauchte Zigarette aus und drehte mich zu meinem Vater um, der in mein Zimmer gekommen war, ohne dass ich es bemerkt hatte. „Und ich mag es nicht, dass du mich loswerden willst.", gab ich trotzig zurück. „Ja das versteh ich. Aber ich habe keine Wahl. Das funktioniert so nicht mehr und das ist die einzige Lösung." „Die Lösung ist mich wegzuschicken?" Ich musste mit den Tränen kämpfen, aber diese Blöße würde ich mir nicht geben. Auch mein Vater schien sichtlich verstört zu sein und flüsterte fast: „Romy, es ist ein ganz tolles Internat nur zwei Stunden...". Doch weiter kam er nicht. „Ein Internat? Ist das dein Ernst, Papa?" Die Trauer wechselte so schnell zur Wut, dass ich mich kurz selbst überrannt fühlte: „Ein Internat soll die letzte Lösung sein? So ein schnöseliges Ding? Das kann nicht dein Ernst sein!" Mein Vater blieb trotz meines Wutausbruchs ruhig, was mich noch mehr fuchste: „Ja Romy, das ist meine Lösung und die ist nicht zu verhandeln. Du hattest mehr als genug Chancen." Ich kochte. „Geh, bevor ich Sachen sage, die ich bereue!", fauchte ich und öffnete ihm demonstrativ die Tür. Ich merkte, wie sehr ihn diese Entscheidung selbst belastete, aber ich konnte nichts anderes empfinden, als kochende Wut. Er wusste, dass ich Zeit brauchte, deshalb verließ er, wenn auch mit geknicktem Kopf mein Zimmer, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Um noch deutlicher zu zeigen, wie wütend ich war, knallte ich die Tür hinter ihm zu. 

Von einfach war nie die Rede...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt