Kapitel 23

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Marco wollte aufstehen, vermutlich um seinen Stiefsohn zurück zu holen, ließ es aber mit einem Blick zu seiner Frau, die kaum merklich den Kopf schüttelte, bleiben. „Wenn er gehen kann, kann ich dann bitte auch aufstehen. Ich habe keinen Hunger und würde gerne Duschen?", fragte ich in die Stille. „Natürlich Romy, geh nur.", antwortete Anita sanft und lächelte mich an. Ich versuchte mich an einem gequälten Lächeln und machte mich auf den Weg in Linas Zimmer, um meine Klamotten zu holen. „Was ist denn los mit den Beiden?", hörte ich Marco fragen. „Wenn ich das nur wüsste. Lina kannst du etwas dazu sagen?", hörte ich dann Anita fragen und blieb einen Moment stehen, um die Antwort meiner Freundin abzuwarten. „Ich habe da eine Vermutung, aber selbst, wenn die sich bewahrheitet, könnte ich nicht mit euch darüber reden. Das wäre keinem der Beiden fair gegenüber." Es kam keine Antwort mehr, also ging ich davon aus, dass Anita nur verständnisvoll genickt hatte. Wie diese Frau so viel Geduld aufbringen konnte, war mir schleierhaft. 

Ich lief in Linas Zimmer, nahm meinen Bikini und ein Wickelkleid, da ich mir vorgenommen hatte, später noch zu schwimmen und machte mich auf ins Badezimmer. Aus Elias Zimmer dröhnte wieder das gleiche Lied, gefühlt noch lauter als heute Morgen. Ich schüttelte nur den Kopf und stellte mich im Bad angekommen unter die heiße Dusche. Es gelang mir währenddessen an nichts zu denken, zumindest zu Beginn und meine Muskulatur entspannte sich. Leise und unterbewusst summte ich „Bei dir" mit, da man es sogar bis in die Dusche hörte. 

Ich mochte das Lied, es erinnerte mich an Mike und ich mochte auch den Text, auch wenn ich der Überzeugung war, dass ein Menschen nicht einfach einen anderen ändern konnte. Warum Lias das Lied wohl so mochte? So viel zum Thema, nur schnell duschen, ohne nachzudenken... Ich schnaubte, schaltete das Wasser ab und wickelte mich in ein warmes, weiches Handtuch. Plötzlich klopfte es an der Tür und ich zuckte zusammen. „Romy, alles okay?", hörte ich Lina von draußen. Ich schlüpfte schnell in meinen Bikini und öffnete ihr. Sie kam rein und schloss die Tür wieder. 

„Ich gehe nur duschen und du kontrollierst, ob alles ok ist?" „Meine Mutter hat gesagt, ich solle mal nach dir schauen.", beichtete sie leise. „Vor was hatte sie Angst? Dass ich mich in der Dusche ertränke, oder was?" „Nein Romy und das ist nicht lustig.", antwortete sie vorwurfsvoll. „Ich habe auch nicht gelacht." Lina stöhnte auf: „Soll das jetzt etwa den ganzen Tag so weiter gehen?" „Du kannst ja auch mit deinen Eltern an den Strand gehen, wenn ich dir zu unerträglich bin." Ich wollte gar nicht so reagieren, was stimmte denn nicht mit mir? Kurz huschte ein verletzter Gesichtsausdruck über das Gesicht meiner Freundin, aber sie fing sich schnell wieder. „Nein danke, bevor du dich doch noch in der Dusche ertränkst.", grinste sie. „Sorry Lina.", nuschelte ich. „Schon ok. Und jetzt mach dich fertig. Meine Eltern sind schon zum Strand und wir können uns an den Pool legen und den ganzen Tag nichts tun." 

Sie grinste nochmal und ging dann aus dem Badezimmer. Ich wickelte mein Kleid um mich, rubbelte meine Haare trocken und schminkte mich ein wenig mit wasserfester Wimperntusche. Leider änderte das nicht viel an meinen leicht rotunterlaufenen Augen und man sah mir immer noch an, dass ich geweint hatte. Hoffentlich hatte Linas Bruder es nicht gesehen nicht, dass er sich noch einbildetet, es wäre wegen ihm. Ganz sicher nicht, wobei ich auch nicht sagen konnte, an was es gelegen haben konnte. Ich streckte meinem Spiegelbild die Zunge raus und lief aus dem Bad auf direktem Weg zur Terrasse. Das hatte ich zumindest vor, hätte Emilia mich nicht aufgehalten. 

„Was willst du?", fragte ich, als sie sich mir in den Weg stellte. „Ich hätte dir sagen können, dass das nichts wird." „Was meinst du?", fragte ich und vergaß aus lauter Verwirrung, wie genervt ich von ihr war. „Mit Elias." „Was hat der denn jetzt damit zu tun?" „Romina, komm schon. Ich bin nicht blöd. Ich habe mitbekommen, wie du ihn ansiehst." „Was zur Hölle, redest du da?" „Er ist nun mal so. Er verletzt Mädchen. Er kann schon lange nicht mehr mit Gefühlen umgehen. Seit er das mit seinem Dad verstanden hat, eigentlich." „Okay, es reicht. Ich verstehe nur Bahnhof. Wovon redest du, Emilia? Du hast noch eine Chance nicht in Rätseln zu sprechen, sonst gehe ich." „Du bist verliebt.", sagte sie gehässig. Und ein weiteres Mal an diesem Tag, spürte ich wie meine Sicherungen durchbrannten. „Was redest du da für einen Mist? Wenn du es wissen willst, dein Bruder und ich hatten Sex, nicht mehr und nicht weniger. Und ich kann dir ganz sicher sagen, dass meinerseits da keinerlei Gefühle im Spiel waren. Er ist verdammt heiß und fertig!" Bei den letzten zwei Sätzen schrie ich fast und war so wütend, dass ich nicht bemerkte, dass Elias und Lina hinter Emilia aufgetaucht waren. Elias Blick fokussierte mich und ich konnte von hier sehen, dass sein ganzer Körper angespannt war. Er wandte sich abrupt um, als er meinen Blick auf seinem spürte, ging in sein Zimmer, knallte die Tür zu und drehte sein Boxen auf volle Lautstärke. Lina schaute mich mit einer Mischung aus Schock und Fragezeichen in den Augen an und Emilia grinste triumphierend. „Wenn du das sagst.", gab sie noch von sich und verschwand dann ebenfalls wieder in ihrem Zimmer. 

Von einfach war nie die Rede...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt