Kapitel 27

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Abwesend beiße ich am Griff meines Kugelschreibers herum, während ich im Büro sitze und versuche, einen online Zeitungsartikel über Rays Ausstellung zu lesen

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Abwesend beiße ich am Griff meines Kugelschreibers herum, während ich im Büro sitze und versuche, einen online Zeitungsartikel über Rays Ausstellung zu lesen. Ich kann mich kaum auf etwas konzentrieren, wodurch ich die Sätze teilweise sogar zweimal lesen muss, um zu begreifen, was da geschrieben steht.
  An Tagen wie heute würde ich am liebsten im Bett bleiben, und tatsächlich habe ich heute früh daran gedacht, mich krank zu melden. Aber was hätte es gebracht? Ich wäre zu Hause und hätte wohl mit zermürbender Wut im Bauch und niederdrückendem Selbstmitleid im Herzen die ewige Unordnung aufgeräumt, die Jadon so gut wie jeden Tag hinterlässt. Manchmal glaube ich, dass er das aus reiner Boshaftigkeit oder zumindest mit purer Absicht macht. Vielleicht um mich noch mehr zu demütigen oder um mir schlichtweg meinen Tag ein Stück schwerer zu gestalten. Oder er verbreitet das Chaos, um mich beschäftigt zu wissen.
  Wer keine Zeit hat, kann eben auch nichts unternehmen.

Meine Gedanken schweifen immer mehr ab, werden schon fast verbittert, frustrierend und düster. Ich hasse es, wenn das passiert. Gesprächsfetzen ziehen durch meinen Kopf, Beleidigungen, Gemeinheiten und immer dreistere Lügengeschichten. Das Stechen, das in meine Brust fuhr, jeden Mal, wenn Jadon sich in Gesellschaft anderer wie der perfekte Freund und immer hilfsbereite Gentleman gegeben hat. Ich wusste es nach einigen Monaten Beziehung besser. Ich erinnere mich an Liebesversprechen und üble Drohungen, an sanfte Küsse bei romantischen Spaziergängen und Arme, die mit Blutergüssen übersät waren. Unzählige Male habe ich versucht mit Schals, Westen und langen Ärmeln unsere Schande zu verstecken. Tränen nehmen mir die Sicht auf den Monitor. 
  Schnell schüttle ich all die aufkommenden, schlechten Erinnerungen ab und studiere weiter die Berichterstattungen von Freitagabend.

Zu lesen, wie begeistert die Kritiker waren, munter mich nicht nur ein wenig auf, es gibt mir auch in Hinsicht des Gesprächstermins mit Mister Ronald ein hoffnungsvolles Gefühl. Doch momentan wage ich noch nicht, daran zu denken, dass es in all meinem privaten Stress, tatsächlich beruflich eine positive Entwicklung gibt.
  Ein kalter Windzug lässt mich frösteln, als sich gerade eine dunkle Wolke vor die Sonne schiebt und so den ganzen Raum verdunkelt. Ein undichtes Fenster wäre bei diesen eisigen Temperaturen natürlich alles andere als schön, würde allerdings erklären, warum das kleine Büro noch frei für mich war. Leise knarrend schiebe mich meinen Stuhl nach hinten und gehe zum Fenster, um es fester zu zudrücke. Eigentlich ist mir bisher kein Zug aufgefallen, aber ich werde morgen eine Decke mitbringen und versuchen, das Fenster abzulichten. Das stört mich nicht. Ich liebe meinen Beruf und diese Galerie, auch mit zugigem Büro.
  Jetzt wird es jedoch erstmal Zeit, Jeffrey im Verkaufsraum abzulösen. So lieb und einfühlsam er auch sein mag, hungrig kommt seine innere Zicke zum Vorschein. Mein kleines Kopf Kino lässt mir ein verschmitztes Grinsen über die Lippen huschen, während ich Jeffreys theatralischer Aufführung beiwohnen muss. 

  „Na Gott sei Dank! Ich will ja ein paar Pfund abnehmen, aber doch nicht gleich verhungern“, flöten er wild mit seiner Hand in der Luft gestikulierend.

Doch dann stoppt er abrupt.
Etwas hinter mir lenkt ihn ab. 

  „Oh nein, aber ich muss etwas essen, auch wenn Mister Hottie hier rein spaziert.“

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