Mitten in der Nacht werde ich von einem lauten Knall aufgeweckt.
Jadon ist nach Hause gekommen. Bestimmt war er wieder in einer Kneipe.
Kurz überlege ich, einfach so zu tun, als hätte ich nichts gehört und würde schlafen, aber als es nebenan einige Male heftig rumpelt, schiebe ich die Bettdecke zur Seite und stehe auf.
Leise gehe ich mit nackten Füßen über den kalten Boden ins Wohnzimmer. Beinahe wäre ich über Jadons Schuhe gestolpert, die er mitten im Weg stehen gelassen hat.
Schließlich finde ich ihn an der Küchenzeile, seine braunen Haare sind durcheinander, seine blauen Augen blutunterlaufen.
Ich spüre, wie mein Gesicht vor Wut rot anläuft, mein Kiefer spannt sich an und ich balle die Fäuste so fest, dass meine Fingerknöchel weiß werden."Bist du wieder betrunken?“, frage ich ihn offen heraus, obwohl ich die Antwort bereits kenne.
Plötzlich verändert sich etwas in Jadons Blick. Er wird hart. Seine Augen glühen förmlich vor Zorn.
Er packte meine Arme so fest, dass es weh tut.„Halt dein Maul!“, schreit er, „Wie kannst du es wagen, so etwas überhaupt zu fragen?“
„Ich wollte nur…“, versuche ich ihn zu beruhigen.
Da schlägt er mir ins Gesicht.
Ich will schreien und um mich prügeln, doch Jadon greift mein Handgelenk und schlägt mich wieder. Mein Herz rast. Mein Kopf schmerzt unglaublich und für einen Augenblick habe ich das Gefühl, als wäre alles um mich herum nichts als schwarze Leere.
Ich spüre wie er meine Arme freigibt und renne aus dem Zimmer, um mich im Bad einzuschließen.
Ich bin völlig durcheinander, nicht in der Lage auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
Ich bin hilflos, weiß nicht was ich machen soll und bin nur froh, dass Jadon nicht versucht die Tür einzutreten. Stattdessen wird es ruhig.Ich warte eine ganze Weile und lausche. Erst als ich mir ganz sicher bin, dass er mal wieder im Rausch auf der Couch eingeschlafen ist, verlasse ich das Badezimmer. Leise schließe ich die Schlafzimmertür hinter mir. Jadon liegt nicht mehr auf dem Sofa, allerdings hat er mir einen Zettel auf den Tisch gelegt.
"Bin bei Samuel. Verzeih mir bitte mein Engel. Ich liebe dich."
Samuel ist einer seiner Arbeitskollegen und seit wir hier wohnen auch sein einziger Freund. Jadon hatte schon früher ab und an getrunken, aber mit Samuel wurde es schlimmer.
Wütend zerknülle ich das Papier, bevor ich in die Küche gehe. Bei der Erinnerung an Jadons hasserfüllte Augen und seiner Brutalität, die er diese Nacht wieder zeigte, kommen mir die Tränen. Vielleicht wäre es besser gewesen nicht hierher zu ziehen oder alleine zu gehen. Dann wäre mir einiges erspart geblieben. Ich bin enttäuscht, so sehr verletzt und fühle mich unglaublich einsam. Ich muss das beenden. So kann ich nicht weitermachen.Hektisch renne ich ins Schlafzimmer. Mein Herz schlägt heftig und schnell, als ich die große Tasche aus meinem Schrank ziehe.
Wahllos werfe ich Unterwäsche, Shirts und Hosen hinein.
Krampfhaft versuche ich mich an die wichtigen Dinge zu erinnern. Dinge auf der Liste in meinem Kopf, die ich so oft schon durchgegangen bin.
Ich suche meine Bankdaten und die wichtigen Schreiben, die eigentlich schon bereit liegen.
Ich bin bereit. Alles habe ich hunderte Male in meinen Gedanken durchgespielt. Doch nun kann ich kaum einen klaren Gedanken fassen.
Immer wieder schaue ich zur Tür.
Meine Hände zittern. Ich habe so große Angst wie schon lange nicht mehr.
Ich kann nicht zurück zu meinem Vater fahren, dafür liebe ich die Galerie zu sehr. Dann wäre all der Stress und all meine Bemühungen umsonst gewesen und ich stehe wieder bei Null.
Sonst habe ich aber niemanden hier.
In meinen Ohren rauscht es und mein Kopf ist völlig benebelt.
Wo soll ich hin?
Ich muss mich schnell entscheiden.Bilder aus vergangenen, glücklichen Zeiten erscheinen vor meinem inneren Auge und drohen mein Herz zu zerreißen.
Was soll ich nur tun?
Ich habe einfach nicht die Kraft.Schluchzend sinke ich vor dem Kleiderschrank zusammen, als ich die Tasche zurück in den Fußraum schiebe.
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Don't touch me
VampireWas würdet ihr tun, wenn sich eure Liebe verändert, wenn ihr plötzlich den Mann an eurer Seite selbst nicht mehr wieder erkennt? Was würdet ihr tun, wenn euer Leben einen absoluten Tiefpunkt erreicht hat? Gefangen zwischen Glück und Leid, zwischen V...