Kapitel 12

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Willkommen zum Leseabend. Lehnt euch zurück und genießt die nächsten Kapitel 🤗

• J O S H •

Ich erkenne Travis schon von weitem, als ich aus meinem Auto steige. Er ist durch seine Körperstatur auch nicht wirklich zu übersehen. Vor allem ist er weitaus größer, als die Studenten um ihn herum, die seinen Worten aufmerksam folgen.

Mir ist nicht wohl dabei, ihn bei seiner Arbeit zu stören. Andererseits hat er mir auch keine Möglichkeit geboten, sich mit mir zu treffen. In den letzten vier Tagen habe ich ihn ständig angerufen oder Nachrichten hinterlassen, auf eine Rückmeldung wartete ich vergebens.

Der Afroamerikaner legt es darauf an, mir aus dem Weg gehen zu wollen. Warum auch immer.

Allerdings sehe ich es nun auch wie Tristan.

So, wie es momentan läuft, kann und soll es nicht weitergehen.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch gehe ich über die Straße und nähere mich der Baustelle. Ein breitschultriger Mann wird auf mich aufmerksam, als ich mich ein wenig unbeholfen umsehe.

"Kann ich Ihnen helfen?"

"Nun, ähm, ich bin ein Bekannter von", ich deute auf Travis, der mit einigen Unterlagen beschäftigt zu sein scheint, "Mr. Payne. Bestehe die Möglichkeit, dass Sie ihm Bescheid geben könnten, dass..."

Die Worte bleiben in meinem Hals stecken, als der Bauarbeiter mir einen Helm reicht. "Gehen Sie einfach zu ihm. Passen Sie nur auf, wohin Sie treten." "Aber darf ich überhaupt-" "Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, mein Lieber. Keiner würde Mr. Payne freiwillig ansprechen", er deutet mit einem entschuldigten Lächeln auf sich, "Sogar ein alter Mann wie ich bekomme zittrige Knie bei ihm."

Das beruhigt mich ja absolut nicht...

Mit zusammengepressten Lippen gehe ich an ihm vorbei, nachdem er mir ein freundliches Lächeln geschenkt hat und nun weiterarbeitet. Mit jedem Schritt, den ich mache, entweicht der Mut in mir, mit Travis über uns zu reden.

Was ist, wenn er mich stehen lässt? Mich abweist und uns keine Chance geben würde?

Dann wüsste ich wenigstens, woran ich bin. Aber andererseits, verdammt, ich mag diesen Idioten. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, ihm nicht mehr nahe zu sein. Dafür bin ich zu egoistisch.

"Habt ihr nicht gehört, was ich gefragt habe?", ertönt auf einmal seine deutlich autoritäre Stimme, die mir eine Gänsehaut am ganzen Körper bereitet. "Nochmal: Welches Problem kann auf jeder Baustelle aufkommen, das den gesamten Bau innerhalb weniger Minuten stoppen lassen kann?"

Ich bleibe ein paar Meter von der Gruppe entfernt stehen und beobachte die Geschehnisse. Die jungen Leute wagen es nicht, den Projektleiter anzusehen und schauen stattdessen nach unten. Keiner von ihnen scheint eine Antwort auf seine Frage zu finden. Oder sie scheinen zu eingeschüchtert, womöglich etwas Falsches zu sagen.

Travis seufzt. Er sieht entnervt aus, als er sagt: "Eine weitere Regel: Ihr müsst antworten, wenn ich frage! Also...wenn keiner antwortet, gehe ich davon aus, dass euch eure Berufung unwichtig ist. Ihr könntet sicherlich auch eine Karriere als Tellerwäscher machen, ihr Versager."

Sie tun mir leid. Mich sollte es nicht wundern, dass er, wenn er arbeitet, ein noch schlimmeres Arschloch ist. Aber dass er allen Ernstes seine Gegenüber so verängstigen müssen, ist unter der Gürtellinie.

Meine Augen verfolgen jede seiner Bewegungen, als Travis auf einen jungen Mann zugeht. "Adam, was denkst du, wie viele Menschen an einen solchen Bau wie diesem involviert sind?" "Ich weiß es nicht." "Warum weißt du es nicht?" "Weil ich sie nie gezählt habe." "Es ist mir egal, ob du es getan oder nicht getan hast, ich verlange eine Antwort auf meine Frage. Und das immer! Verstanden?"

Possessive [manxman] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt