Kapitel 16

4.9K 312 35
                                    

• J O S H •

Auf der Lippe kauend beobachte ich durch die Glaswand, wie Gavin und Tristan miteinander reden. Nein, streiten. Das erkenne ich durch deren Haltung - besonders bei meinem besten Freund.

Er scheint wenig begeistert darüber zu sein, dass Gavin im Krankenhaus bleiben wird.

Wir sind nach unten in die Cafeteria gegangen, um etwas Essbares zu suchen. Selma ist oben bei Travis geblieben. Obwohl er meinte, wir müssten nicht langweilige Stunden im Krankenhaus verbringen, aber sie und Gav schienen standhaft.

Ich habe darüber nachgedacht, ob ich gehen sollte. Mich hält irgendwas hier.

Zerknirscht sehe ich zu, wie Tristan seinem Freund etwas an den Kopf wirft und dann wutentbrannt an ihm vorbeistürmt. Der Wedding Planner schaut ihm hinterher und kommt dann mit hängendem Kopf durch die Tür.

"Alles in Ordnung?", frage ich vorsichtig, als ich zu ihm gehe. Er versucht sich an einem Lächeln und zuckt mit den Achseln, ich sehe ihm aber an, dass es ihm nicht gut geht. Und er drückt sich dankbar an mich, als ich ihn in eine Umarmung ziehe. Seufzend legt er seinen Kopf auf meine Schulter.

"Was auch immer er gesagt hat, er meinte es nicht so, Gavin. Tristan ist ziemlich impulsiv und kann nicht mit seinen Emotionen umgehen." "Ich weiß, es war ja auch ein harter Weg, bis wir endlich zusammen gekommen sind. Seine Gedanken standen ihm ständig im Weg. Aber das hier gerade", er schmiegt sich enger an mich, "Ist das nicht ein wenig übertrieben? Warum versteht er denn nicht, dass Travis nun mal in mein Leben gehört? Er ist ein bedeutender Teil darin."

"Er ist halt auch sehr eifersüchtig, wenn es um dich geht. Das liegt nur aber nur daran, dass du ihm so wichtig bist." Ich streiche ihm über den Rücken, um Trost zu spenden. "Ich liebe Tristan. Er bedeutet mir so verdammt viel-" "Lass Gras darüber wachsen, Gav. Tris wird bald merken, dass es nicht so ist, wie er denkt."

Gavin erwidert nichts darauf, sieht mich aber dankerfüllt an, als wir uns schließlich voneinander lösen.

"Wollen wir uns hier umsehen, ob es hier etwas genießbares gibt?", scherze ich und deute auf die Ausgabe. Lachend nickt er und wischt sich kurz über die Augen. Zusammen durchqueren wir die Cafeteria, die recht gut gefüllt ist. Spricht das nicht dafür, dass das Essen hier durchaus gut sein könnte?

Wir nehmen und jeweils ein Tablett und fügen uns in der Reihe ein. Ein paar Plätze vor uns stehen zwei Ärztinnen, die über etwas kichern. Ich denke an die Ereignisse von vorhin zurück, bevor Travis seine Schwester aus dem Zimmer geschickt hat.

"Gavin?"

Ich drehe mich zu ihm um, neugierig mustert er mich und wartet darauf, dass ich etwas sage.

"Könnte ich dich etwas fragen? Zu Travis und...seinem Verhältnis zu Peyton?"

Mir fällt auf, wie sich der Ausdruck in seinem Gesicht verändert. Mit gerunzelter Stirn wendet er sich ab und scheint sich auf einmal unbehaglich zu fühlen.

"Ich glaube, du solltest ihn selbst dazu befragen, Josh. Ihm würde es nicht gefallen, wenn ich hinter seinem Rücken darüber rede." "Es geht mich ja auch nichts an...Aber, ähm", ich schlucke, "Mich hat es gewundert, was er zu ihr gesagt hat. Bezüglich seiner Mutter."

Ich denke daran zurück, was vor einer halben Stunde gesagt wurde:

"Diese Frau ist nicht Mum!"

"DU BIST ES ABER AUCH NICHT! Wie deutlich muss ich eigentlich noch werden, dass ich dich nicht in meinem Leben will? DU BIST FÜR MICH AN DEM TAG GESTORBEN, ALS DU MUM HAST STERBEN LASSEN!"

Die Schlange vor uns bewegt sich, wir gehen ein paar Schritte nach vorne.

"Sie scheinen ein echt beschissenes Verhältnis zueinander zu haben", beurteile ich nachdenklich.

Nachdem der Arzt ins Zimmer gekommen ist und Travis ihn bat, Peyton rauszuschicken, ist diese erbost an uns vorbeigestürmt und hat die Tür hinter ihr zugeworfen. Ich hoffe ehrlich gesagt, sie hier nicht mehr anzutreffen. Sie scheint eine eindeutige Meinung über mich zu haben und die ist nicht sehr gut.

Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass Travis mit ihr über uns geredet hat.

"Naja, es war nicht immer so gewesen. Während unserer Schulzeit waren wir ein tolles Trio, das in allen Situationen zusammenhielt. Einige Jahre später hatten sie sich wegen einem Typen gestritten, der mit den beiden gespielt hatte. Und dann...wurde Nicole, der Mutter, Brustkrebs diagnostiziert. Peyton hat sich um ihre Behandlung gekümmert, aber der Krebs hat ihren Körper zu sehr angegriffen."

Travis hat seine Mutter verloren und gibt seiner Schwester die Schuld für ihren Tod? Ist das fair? Sie wird doch auch unter diesen Verlust gelitten haben.

"Aber deshalb gibt er ihr doch nicht die Schuld oder?", frage ich nach, doch Gavin schüttelt den Kopf. "Das solltest du ihn wirklich selbst fragen, Josh. Wenn ich das nun auch noch erzählen würde, würde es wirklich zu weit gehen." "Nun...wir haben zurzeit ein echt beschissenes Verhältnis. Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein."

"Glaube mir, Travis freut sich darüber, dass du hier bei ihm bist. Auch wenn er es nicht zeigen kann, ihm bedeutet es sehr viel."

Wir sind an der Reihe, unsere Tabletts zu füllen. Da wir nicht wissen, wer was will, packen wir einfach irgendetwas drauf und gehen weiter.

"Ich finde, ihr beide passt gut zueinander", meint mein Freund weiter, was mich aufseufzen lässt. "Gav, das hat keinen Sinn mit uns. Travis scheint nicht einmal fähig zu sein, eine Beziehung zu führen. Er ist so kaputt, dass er niemanden an sich heranlässt. Damit kann ich nicht umgehen, verstehst du?"

"Ich glaube allerdings, dass du ihn aus seiner Dunkelheit ziehen könntest. Er hat sich durch dich verändert, Josh. Das ist mir als sein bester Freund schon aufgefallen", er klopft mir lächelnd auf den Rücken, "Hör mal, du sollst dich nicht von mir oder jemand anderes gedrängt fühlen. Folge deinem Herzen. Wenn es dich zu Travis führt, dann lasse es zu. Er kann ein verdammtes Arschloch sein. Aber er hat durchaus auch seine guten Seiten. Und in meinen Augen empfindet er etwas für dich."

















Gavin rät Josh, auf sein Herz zu hören. Aber wird er es tun, wenn es ihn zu Travis führt? Er möchte nicht immer wieder weggestoßen werden. Verständlicherweise.

Er sieht keine Zukunft für sich, obwohl er ihn wirklich mag.

Kann Gavin ihn aber umstimmen?

Possessive [manxman] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt