Kapitel 4

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Ein neuer Tag ein neues Glück. Es ist Freitag und obwohl ich heute Morgen länger schlafen durfte, da ich freitags in der ersten Stunde keinen Unterricht habe, bin ich nach der Schule und einer heißen Dusche gleich wieder ins Bett gefallen. Schlafen ist so einfach. Man vergisst den ganzen Schulstress und kann abschalten. Doch ich erinnere mich nur selten an meine Träume. Und wenn dann sind es luzide Träume, von denen ich nicht wach werde. Eine Zeit lang habe ich mir nachts immer einen Wecker gestellt, um wach zu werden.

Doch dieses Mal ist es ein anderes Vibrieren, das mich weckt. Alex hat mir eine Nachricht geschickt. Erschrocken greife ich nach meinem Handy. Fahre gleich los und hole alle ab. Ich bin in 15 Minuten bei dir

Leise aufstöhnend wälze ich mich aus meinem Bett. Es ist schon 20 Uhr. Schnell greife ich zu meinem Glätteisen und stecke es an die Steckdose. Nach einem Griff in meine Haare merke ich, dass ich diese nicht mehr zu föhnen brauche. Das ist einer der vielen Vorteile nur schulterlange Haare zu haben.

Ich ziehe mir schnell meinen Bademantel aus und fange an mich anzuziehen. Ich hatte vor eine schwarze Jeans und ein weißes Oberteil mit dunkelblauen kurzen Ärmeln anzuziehen.

Meine Mutter ist entweder unten im Wohnzimmer oder sie schläft. Morgen muss sie früh raus. Sie arbeitet auch samstags, was mir das Leben um einiges erleichtert.

Kochen gehört nicht mehr zu ihrem Wortschatz, weshalb ich manchmal selbst kochen muss, doch meistens habe ich keine Zeit und bestelle entweder etwas oder mache Pizza.

Ich benutze schnell noch meine Lieblingsmascara und meinen Labello. Mit meinen 18 Jahren weiß ich immer noch nicht, wie man genau mit Make Up umgeht. Nachdem ich mich parfümiert habe, drehe ich mir noch schnell leichte Locken mit meinem Glätteisen und schaue mich im Spiegel an. Ich nehme meinen Highlighter, der auf meinem Keyboard lag und verteile ein wenig über meinen Wangenknochen und auf der Nase.

„'Cause we only have one conversation a week. Can I get one conversation at least", singe ich mit als ich mit meinem Handy in meiner Hand die Treppe runter laufe. Schnell ziehe ich meine Nikes an und schalte meine Musik jetzt in meinen Kabellosen Kopfhörern an.

Ich nehme meine Schlüssel und verschließe die Tür, nachdem ich sie hinter mir leise zuschlage. Langsam laufe ich schonmal über den Parkplatz und betrachte die rosa Wolken. Der Himmel ist wunderschön und die Straße, neben der ich laufe, leer. Kein Auto in Sicht. Plötzlich rast ein Motorrad knapp an mir vorbei. Ich zucke schrecklich zusammen und springe zurück, sodass einer meiner Kopfhörer wegfliegt. Wie laut habe ich meine Musik denn gehört. Ich höre das Lied Amazed von Lonestar nur noch im linken Ohr.

Spinnt der? Das hier ist ein Parkplatz und keine Schnellstraße. Ich schaue in die Richtung, in die das Motorrad gefahren sein muss. Doch anstatt wegzufahren, kommt es zurück. Nur diesmal in einem deutlich langsameren Tempo. Ich verschränke die Arme und zeige dem Fahrer einen Vogel als er anhält.

„Hast du keine Augen im Kopf oder macht es dir Spaß Leute fast zu überfahren?", schnauze ich die Person an. Doch auf einmal habe ich ein komisches Gefühl in der Brust. Es ist wie ein Druck, der aber auch gleichzeitig kitzelt. Das Gefühl verstärkt sich als er den Helm auszieht.

„Na so hübsche junge Damen, sollten aber nicht so spät allein auf den Straßen rumlaufen.", lächelt er und mustert mich von oben bis unten. Doch das tue ich ihm gleich. Seine braunen Augen leuchten wie goldener Honig in der Abendsonne und seine braunen Haare sehen sehr weich aus, da sie vom Helm verstrubbelt sind.

„Was? Junge Damen? Was hast du mir denn schon zu sagen?", gebe ich mit fast genauso viel Selbstvertrauen zurück wie er.

„Naja, könnte ja sein...", fängt er an und steigt von seinem Motorrad ab, um mir näher zu kommen. Ich trete einen Schritt zurück, doch er hebt nur meinen fehlenden Kopfhörer vor meinen Füßen auf und kniet sich vor mich hin.

„..., dass ein hübscher junger Mann vorbeikommt und du dich versehentlich verliebst, Chérie." Er hält mir meinen weißen Kopfhörer wie einen Ring hin. Der Fremde trägt ein dunkelgrünes Shirt unter seiner schwarzen Lederjacke. Sein Gesicht sieht weich und zart aus, wie das von einem Teddybären aus dem Spielzeugladen, welchen man unbedingt mit nach Hause nehmen möchte. Doch seine Wangenknochen sind markant und seine Kieferpartie wunderschön und nicht zu scharf geformt. Mit einem Lächeln, welches ich nicht verbergen kann, nehme ich den Kopfhörer entgegen.

„Denkst du wirklich, das ist eine Entschuldigung dafür, dass ich fast einen Herzinfarkt hatte?"

„Es tut mir leid. Sei bitte nicht wütend. Vielleicht ist das Schicksal, und ich musste hier anhalten, um diese Schönheit zu bewundern."

Ich schaue ans Ende der Straße. Dort wo sich gerade am Horizont und Sonne küssen. Unbeschreibliche Farben.

„Du bist wunderschön", höre ich plötzlich seine Stimme etwas leiser und weicher. Ich drehe mich wieder zu ihm, der mich wahrscheinlich die ganze Zeit angeschaut hat. Bin ich diese Schönheit?

Ich schaue ihm in die Augen und merke wie wunderschön braune Augen doch sein können. Sie sind so warm und halten einen fest. Meine Augen sind auch braun, aber nicht zu vergleichen mit seinen. Seine sind anziehend und sind in der Lage über deinen Körper zu streichen, wie es keine Hand schafft. Keine Hand ist in der Lage deine Seele zu berühren. Als ich merke, dass er mich wohl genauso mustert wie ich ihn, werde ich verlegen und weiß nicht was ich sagen soll. Wie lange stehen wir schon hier? Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Wie eine kurze Sekunde von einer Million von Unendlichkeiten. Allerdings steigt er wieder auf sein Motorrad, gerade als die eine Million und erste Unendlichkeit begonnen hatte.

„Wir werden uns wiedersehen, Chérie", sind die letzten Worte, die ich von ihm höre, bevor er seinen Helm wieder aufsetzt und so mysteriös wie er auftauchte wieder wegfährt.

„Wer war das?", höre ich Olivias Stimme. Ich drehe mich um, sodass meine Locken kurz fliegen. Ist er deswegen weggefahren? Wie merkwürdig, ich habe das Auto gar nicht gehört. Ich laufe in die Richtung doch drehe mich noch einmal um. Er ist weg.

„Ein Fremder", murmele ich nur und steige ein. Alex sitzt am Steuer und schaut zu mir hinter. „Ist alles okay bei dir?" Ich nicke und lächele während ich mich anschnalle. Neben Alex sitzt Olivia, meine Wenigkeit sitzt neben Celeste.

„Hey Alex, kann ich meine Schlüssel bei dir im Auto lassen?", frage ich als wir losfahren.

„Klar, gib her", er streckt seine Hand danach aus und legt die Schlüssel ins Handschuhfach. „Wir müssen nur noch Henry abholen", gibt er von sich.

„Nein", antworte ich und kratze mich an der Nasenspitze, wie ich es immer tue, wenn ich etwas nervös werde. Als ich ihm heute, sein Handy zurückgegeben habe, wollte er mit mir reden, doch ich habe wie immer abgelehnt. Wieso gibst du mir keine Chance für dich da zu sein, waren seine Worte. Danach sagte er mir, er wolle heute nicht feiern. Irgendwie egoistisch, wegen einer Abweisung und schlechter Laune nicht auf den Geburtstag seines Bruders zu kommen.

„Wir haben kurz gesprochen und er meinte ihm ginge es nicht gut"

Ich schaue aus dem Fenster und spiele mit dem Kopfhörer, den eben noch der Unbekannte in der Hand hielt. Es ist als könnte ich seine Energie darin fühlen. Als hätte er etwas dagelassen, nur indem er den Kopfhörer berührte. Man stelle sich nur vor sein Motorrad zu berühren, oder seinen Helm, oder... ihn. Verträumt schaue ich weiter aus dem Fenster. Der Sonnenuntergang ist so schön, dass ich am liebsten in ihm baden würde.

ChérieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt