Kapitel 8

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Adams Augen sind unerklärlich wach. Weniger hektisch oder aufgeregt, einfach nur wach. Braun und wach. Sie sehen nicht nur in deine Seele, sie können sogar durch diese hindurchschauen. Wie ein scharfes langes Messer, nur es tut nicht weh. Im Gegenteil. Ich genieße es.

Denn in Adams Augen liegt die Wahrheit. Ich habe das Gefühl, dass er der Schlüssel ist, der mich öffnet, ohne es zu merken. Ich erzähle ihm wer ich bin.
Ich zeige ihm wer El ist. Wer Elena Osborne sein könnte. Ich meine, ich lüge nicht. Ich erzähle nur nicht was alle hören wollen. Im kleinsten Detail. Ich will es sagen. Ich will ihm meinen Schmerz anvertrauen, so wie ich es sonst keinem anvertraue.

Wir sind schon längst nicht mehr im McDonald's. Adam wollte mit mir durch die Straßen der Fußgänger Zone laufen. Die Wolken werden wieder bunt und der Himmel langsam orange.

Wir laufen an verschiedenen Schaufenstern vorbei und erzählen voneinander. Die Straßen sind leer, die einzigen, die uns beobachten und heimlich belauschen sind die Schaufensterpuppen.

Adam geht sehr selten feiern, weshalb er denkt, unsere Begegnung sei Schicksal. Die erste sowie die zweite.
Er brachte seine Unterlagen von der Universität nach Hause und traf mich.

Er ist 24 Jahre alt und studiert Architektur an unserer Universität in der Stadt und möchte später Flugzeuge konstruieren. Ich glaube ich habe noch nie mit jemandem so lange geredet, der wirkliche Pläne für seine Zukunft hat und diese schon kräftig in Arbeit sind. Ohne Adam persönlich gut zu kennen, verspüre ich Stolz.

„Glaub mir El, alles was geschehen muss, wird geschehen. Du redest schlaue Worte und deine Augen sehen auch gefährlich klug aus. Du wirst vieles mehr verstehen als die anderen“

„Glaubst du echt an Schicksal? Das alles Schlechte was passiert ist auch passieren sollte?“, ich denke gleich an mich und wie sehr das Schicksal mich dann wohl lieben musste. Auch Celeste fliegt kurz durch meinen Kopf. Jede Begegnung ist Schicksal?

„Auch wenn du mir nicht glaubst, dass heute Abend Schicksal war, ich tue es. Noch nie habe ich einem Mädchen so viel von mir erzählt. Sie erzählen immer von sich und gehen dann“

Ich schaue hoffnungsvoll aber etwas verwirrt in seine braunen Augen.

„Okay, weißt du was. Vergiss das. Ich erzähle dir jetzt mal was“, diesen Satz hat er heute schon vor zwei Geschichten gesetzt und es macht das, was er kurz davor ist zu sagen noch spannender.

„Ich habe einen besten Freund. Wir haben uns kennen gelernt als ich 10 war und er 9. Es ist egal wie, aber damals haben wir nach 5 Jahren getrennte Wege gehen müssen. Naja, eigentlich wurden wir in diese Wege unfreiwillig gezogen. Nach weiteren 4 Jahren, traf ich ihn in der Bundeswehr. Heute ist er immer noch mein bester Freund und mein Mitbewohner. Verstehst du, Chérie. Deiner Bestimmung kannst du nicht davonlaufen. Ich war wütend als ich Dane verlor. Wütend, weil er mein erster und einziger Freund war“

Er macht eine Pause und schaut während wir laufen zu mir runter, um zu schauen, ob ich ihm auch wirklich zuhöre. Er findet mich auf ihn starrend neben sich wieder.

Lächelnd und bestimmt etwas erleichtert fährt er fort: „Du siehst nur ein Puzzle Teil und denkst dein Leben macht keinen Sinn und findest dich irrelevant, zwecklos, einsam und verloren. Dabei sieht jemand anderes das ganze Puzzle Bild und weiß genau, wann du welches Teil brauchst.“, sagt er und nickt mit dem Kinn nach oben, Richtung Himmel. Meine Augen folgen seinen nach oben. Ich kann es nicht fassen wie sehr mich dieser Mensch in seinen Bann zieht.

„Es ist schön, wenn du von der Welt sprichst. Wie du sie liest“, sage ich und lasse meine Blicke durch die Wolken fliegen.

„Man muss lernen sie zu lesen, oder? Wann hast du gelernt glücklich zu sein?“, frage ich, ohne zu überlegen was ich da überhaupt sage. Nur weil er dir gerade von seiner Welt erzählt, heißt es nicht, dass er glücklich ist. Stell dir Mal vor er würde dich sowas fragen.

ChérieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt