Kapitel 24

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Oben angekommen laufe ich an Marys Zimmer vorbei, ohne auf die Tür zu schauen. „Ignorierst du mich?“

Ich schrecke zusammen und lasse die Tasse samt des heißen Tees runterfallen. Die Tasse zerbricht nicht, da sie an meinem Fuß anschlägt und den heißen Tee über meine Füße und den Boden vergießt. „Ah Fuck Mann“, ich beiße mir auf die Zähne und presse die Augen vor Schmerz zusammen. Wieso höre ich auf einmal Marys Stimme? Es war Marys Stimme! Entgeistert schaue ich mich um und blicke vor zu der geschlossenen Tür zu ihrem Zimmer. Ich ignoriere dich nicht! Ich schiebe dich nur auf…

„Elena? Was ist passiert?“, höre ich die Stimme meiner Mutter von unten rufen, doch noch bevor ich antworten kann, läuft sie schon die Treppen nach oben.

„Ich habe die Tasse fallen lassen“, wir stehen nun beide vor Marys Schlafzimmer, meine Mutter vor und ich in der Pfütze.

Mom zischt Luft ein und macht einen gequälten Gesichtsausdruck. Weil sie sich die Schmerzen vorstellen kann, oder weil es ihr weh tut ihre Tochter in Schmerz zu sehen? Doch vielleicht sollte mir das gerade mehr als egal sein. Wann ist meine Mutter das letzte Mal zu mir gerannt, als etwas Kleines passiert ist?

Meine Füße brennen und mein rechter Fuß tut besonders weh. Das Blut pulsiert und spüre einen großen Druck, der sich dort ausbreitet. Ich schaue meiner Mom in die Augen und kann nicht anders als meine Lippen mit fallenden Mundwinkeln zusammen zu pressen. Ein Klos bildet sich in meinem Hals und ich fühle, dass ich gleich anfangen werde zu weinen. Das Bedürfnis meiner Mutter in die Arme zu fallen ist zu groß. Ich hopse zu ihr und lege meine Arme um ihre Schultern. Es dauert einige Sekunden, doch sie erwidert die Umarmung. Ich atme den Duft ihrer blonden, glatten Haare ein, wie lange konnte ich das nicht tun? Zu lange.

„Wieso hast du die Tasse überhaupt fallen gelassen?“, ich spüre wie sie mir mit der Hand über den Rücken streicht und ich drücke sie noch ein wenig fester.

„Mama, ich habe Marys Stimme gehört. Ich weiß nicht-“

Sie lässt von mir los und stößt mich von sich weg, sodass ich, um nicht hinzufallen wieder in die heiße Tee Pfütze trete. Verwundert schaue ich sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Was sagst du da? Wieso lügst du?“, sie richtet ihre rote Bluse und schleudert ihre Haare hinter die Schultern. Es ist so, als hätte sie wieder die Rolle der Bösen eingenommen. Wie eine Maske, die sie nur kurz abgesetzt hat.

Der Klos kommt zurück und der Schmerz in meinem Fuß, den ich für die kurzen Sekunden der Umarmung vergessen konnte, kommt ebenfalls zurück, nur jetzt noch stärker. Mit zittriger Stimme antworte ich: „Ich- Ich lüge nicht. Mom, ich habe Mary gehört und mich erschrocken. Sie sagte-“

Ein kalter Schlag ihrer Handfläche trifft auf mein Gesicht und ich schlage den Kopf an Marys Tür an. Ich weiß nun tatsächlich nicht was mehr weh tut. Wie soll denn jetzt noch jemand bitte mitkommen? Mein Fuß pocht wie wild, weil eine verdammte Teetasse drauf gefallen ist, dazu brennen meine Füße wegen dem gekochten Wasser, meine Wange brennt nach der Wut meiner Mutter, mein Kopf dröhnt und fühlt sich an wie ein Eisklotz. Ach ja, da wäre noch das zerbrochene Herz, welches ganz nebenbei anfängt zu schimmeln vor Qualen.

„Ich lüge nicht!“, schreie ich aus und greife mir mit der Hand an die Wange. Besser kann es sowieso nicht werden, und so viel schlimmer eigentlich auch nicht, also wieso nicht gleich zurückgeben.

„Elena!“, schreit sie zurück, nur lauter und wütender. Jede Zelle in meinem Körper scheißt sich gerade in die Hosen. In ihren Augen brennt ein Feuer, eines das Unglück schreit.

„Hör auf. Glaub mir hör lieber auf mit diesem Thema zu spielen. Macht es dir Spaß mich unglücklich zu sehen? Anscheinend, sonst würdest du mir nicht diese Lügen über meine Tochter erzählen“

ChérieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt