Sweet sixteen

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Santiago

„Mr. Rodriguez, Sie wissen schon, dass es sich hier um einen riesigen Deal handelt? Das gesamte Unternehmen hängt davon ab."

„Übertreiben Sie nicht, Mr. Walker..."

„Mein Name ist Clark" korrigiert er mich in nörgelndem Tonfall, die spießige Nase eingebildet angehoben. Das macht er immer, wenn er der Meinung ist mich vor all unseren Kollegen als Versager dastehen zu lassen. Blöd, dass er mir da meilenweit voraus ist.

„Wie auch immer, Mr. Carter." Ich spreche ihn absichtlich falsch aus, um seine Verärgerung weiter anzufachen. Er nimmt aufgebracht einen Atemzug, als wolle er sich davon zurückhalten mir keine reinzuhauen. Was verdammt lustig ist, da der Typ so stark ist, wie ein flatternder Schmetterling. Wobei der Vergleich eher eine Beleidigung für dieses winzige Tierwesen ist, schließlich verkörpert es die sanfte Schönheit, während dieser Loser hier ein erstklassiges Muttersöhnchen abgibt. Das kann ich sagen, ohne auch nur ein Wort über diese Frau gehört zu haben. Dass er jeden Tag Obst und Gemüse in Tupperware mitbringt und zu seinen grauen Anzügen passende Hosenträger anzieht, ist Beweis genug.

„Was ich ursprünglich sagen wollte, bevor Sie mich so unhöflich unterbrochen haben", stichle ich ihn absichtlich an und hebe leicht eine Braue. „war, dass es keine große Sache ist. Sie machen aus einer Fliege einen Elefanten."

Wenn ich so darüber nachdenke, dann passt eine Fliege viel besser zu ihm als ein harmloser Schmetterling. Dieses Insekt ist nämlich genau wie er klein, fett und hässlich. Zumal er einer ganz anderen Meinung ist, denn wenn mich nicht alles täuscht, dann ist er ernsthaft der Überzeugung ein gutgebauter attraktiver Mann zu sein. Dass ihm die Frauen hinterherlaufen, seine Kollegen ihn für seinen Humor beneiden und alle and seinen schmalen Lippen hängen.

Vielleicht haben diese Adjektive irgendwann mal zu ihm gepasst, allerdings in weit entfernter Vergangenheit – oder im vorherigen Leben.

Von solchen hoffnungslosen Fällen gibt es leider viel zu viele in unserer Branche, weshalb ich solche Meetings eigentlich auch abgrundtief hasse. Ich hasse es generell mit diesen versnobten Anzugträgern zu reden, weil sie immer nur die gleichen öden Themen haben. Wirtschaft, Politik, Nutten, die sie angeblich gevögelt haben – laut ihren Geschichten sind es eigentlich Sexbomben, die normalerweise kaum jemanden ranlassen, aber in der Realität würde keine unabhängige Frau mit einem gesunden Menschenverstand ihn auch nur mit einer Zange anfassen.

Das sind alles armselige Typen, die nur aufs Geld aus sind. Sie haben keine Ziele im Leben, die man sich nicht erkaufen kann und wissen nichts zu schätzen. Ihnen ist egal, ob sie jemanden mit ihren Taten verletzen, mit ihrer skrupellosen Art, solange sie das bekommen, was sie denken zu brauchen.

In meinen Augen ist das ein trauriges Leben. Sie arbeiten, um zu leben und genau diese Einstellung hat sie dazu gebracht ihre Arbeit als ihr Leben anzusehen.

Dummerweise gehört es zu meinem Job genau mit diesen Losern zusammenzuarbeiten, weshalb ich hier eher unfreiwillig sitze, meinen Laptop vor mir aufgestellt und zwanzig Augenpaare auf mich gerichtet.

„Der Deal ist durchaus wichtig, aber nicht weniger relevant als die Deals zuvor", lüge ich meinen Kollegen dreist ins Gesicht. Ich habe die Zahlen gesehen, sie sagen genau das Gegenteil. Wenn wir diesen Deal jetzt nicht an Bord kriegen, werden wir eine wahre Krise erleiden – nicht so schlimm, als dass wir Insolvenz beantragen müssten, aber dennoch gravierend. Es würden einige Firmen abspringen, mit denen wir aktuell kooperieren und für potenzielle neue Großkunden würden wir den Reiz verlieren.

Das müssen meine Mitarbeiter jedoch nicht erfahren. Sie brauchen nicht wissen, wie es momentan um uns steht, dass es durchaus eine große Sache ist. Aus Erfahrung weiß ich nämlich, dass sie bei einem derartigen Druck am Rad drehen und einen banalen Fehler nach dem anderen begehen.

daddys princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt