chapter eight

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Er öffnet den Mund, doch ich komme ihm zuvor, indem ich meine Hand hebe und mich vor einer weiteren Schimpftirade bewahre. Selbst wenn ich so tue, als hätte er mich nicht getroffen, ertrage ich höchstwahrscheinlich nicht mehr. Nicht von einem Fremden, dessen Nachnamen ich noch nicht einmal kenne. Nicht von einem Arschloch, das mich aus einem nicht erfindlichen Grund aus der Firma haben möchte. Nicht von einem Mann, der mir derart nah ist.

„Ich habe nicht den blassesten Schimmer, was Sie gegen mich haben. Was in Ihrem" viel zu hübschen „Schädel vor sich geht. Wieso sie mich so widerlich behandeln. Ich habe Ihnen nämlich rein gar nichts getan."

Ich schlucke trocken und versuche die Wärme, die sogar durch seinen maßgeschneiderten Anzug dringt, zu ignorieren. Eigentlich versuche ich alles attraktive an ihm – was ziemlich viel ist – auszublenden und nur seinen erbärmlichen Charakter vor mir zu sehen. Der Körper ist in diesem Fall irrelevant, was zählt ist was sich darin befindet und bei ihm ist es alles andere als schön.

„Aber wenn Sie mich wirklich derart hassen, dann lassen Sie mich verdammt nochmal in Ruhe. Gehen Sie mir aus dem Weg und kümmern sich um Ihr eigenes Leben. Machen Sie was immer Sie wollen, nur lassen Sie Ihre pubertären Stimmungsschwankungen nicht mehr an mir aus. Ich habe eindeutig besseres zu tun, als mich mit Ihnen auseinander zu setzen."

Wie zum Beispiel Datenblätter und Excel-Tabellen auszudrucken?

Er rührt sich nicht vom Fleck, starrt mich einfach nur ungläubig an. Was ist sein verfluchtes Problem? Versteht er mich nicht? Erwartet er etwa, dass ich mich wiederhole? Dass ich ihm exakt das Gleiche in seiner Amtssprache aufsage? Das könnte ich sowohl auf Französisch als auch auf Russisch. Idiotisch habe ich leider nicht in meinem Repertoire aufzuweisen.

„Und das meine ich ernst. Ich habe die Nase voll von Ihnen." Ich hebe aufgebracht die Arme und bin kurz davor hysterisch aufzulachen. „Sie können mich nicht leiden, okay. Sie wollen ein Arschloch sein, okay. Aber Sie werden mich definitiv nicht aus dieser Firma schmeißen. Ich werde bis Februar hier bleiben, ob es Ihnen passt oder nicht."

Erneut erwidert er nichts, betrachtet mich bloß. Das Tageslicht, welches durch die blitzblank polierten Fenster dringt, bietet ihm eine perfekte Sicht auf mein ungeschminktes Gesicht. Auf all die Verletzungen, die ich bis zu meinem Tod oder einer Schönheits-OP auf meiner Haut tragen werde. Jede einzelne Narbe – an meiner Stirn, meiner Oberlippe, meinem Kinn – wird sichtbar. Dass er mir theoretisch nur noch die Hose ausziehen müsste, um die restlichen Verunstaltungen betrachten zu können, beunruhigt mich. Es passt mir nämlich ganz und gar nicht, dass er auch nur den Hauch meiner Verletzlichkeit, meiner Menschlichkeit sehen kann. Sei es auch nur äußerlich.

Mein Blick landet auf seinen vollen Lippen, seinem markanten Kinn, seinen langen dunklen Wimpern und seiner männlichen Nase. Trotzdem finde ich nichts, das ihn optisch hässlich wirken lässt. Sein Gesicht ist unglaublich schön, irritierend schön schon fast und das sage ich üblicherweise nie. Jedenfalls nicht, wenn es um solche Menschen wie ihn geht, denn diese Leute sind für mich Abschaum. Ihr Charakter, verdorben und widerlich, macht sie unattraktiv. Aber nicht bei ihm. Leider nicht bei ihm...

Meine Zunge schnellt hervor, befeuchtet meine trockenen Lippen und lenkt meine Aufmerksamkeit auf sie. Er blickt auf meinen Mund hinab, als wäre er drauf und dran sich auf ihn zu stürzen. Obwohl dieser Ausdruck auch bedeuten könnte, dass er sich gerade den nächsten verletzenden Kommentar ausdenkt.

„Sie werden mich nicht los", sage ich nach einer Weile, in der Hoffnung diese erdrückende Stille zu beenden und ihm zuvorzukommen. „Ich werde mein Praktikum bis zum Ende durchziehen."

„Da wäre ich mir nicht so sicher."

„Versuchen Sie es doch." Ich räuspere mich, hebe mein Kinn herausfordernd an und ignoriere die Tatsache, dass mich sein männlicher Duft in der Nase kitzelt. Oder mich sein Blick feurig macht. „Versuchen Sie doch mich rauszuwerfen."

daddys princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt