Kapitel 10

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Janes Faszination für diese Frau in ihren Armen könnte nicht größer sein, sie schaffte es nicht es in Worte zu fassen. Alles an ihr faszinierte sie. Maura wirkte immer distanziert, kühl und professionell und trotzdem blitzte immer wieder etwas hindurch, was Jane sprachlos dastehen ließ. Gerade noch fühlte sie sich niedergeschlagen und im nächsten Moment wie der glücklichste Mensch auf Erden. Wie schaffte Maura das? Wie schaffte sie das, vor allem ohne Worte? Sie atmete Mauras unvergleichbaren Duft ein, eine Mischung aus Rose und ihr selbst, Jane spürte wie ihr schummrig wurde. Ihre Hände glitten über die perfekt proportionierte Taille ihrer Dozentin, der Seidenstoff fühlte sich kühl und zart unter ihren Händen an. Jedes Detail, jede Kurve ihres Körpers brannte sich in die Haut ihrer Hände, die sich mittlerweile wie verbrannt anfühlten und das Heben und Senken ihres Oberkörpers gegen ihren eigenen, machte sie fast wahnsinnig. Maura drehte ihren Kopf und spürte die Hitze von Janes Haut auf ihren Lippen, die nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt lag. Janes Hals kribbelte durch den heißen Atem von Maura und ein Blitz durchfuhr ihren Körper. Es fühlte sich an als wäre ihr Körper in Alarmbereitschaft, es schoss direkt zwischen ihre Beine und brachte eine Erregung mit sich, die sie nie zuvor so stark verspürt hat. Verwirrt durch dieses Gefühl, zog sie Maura enger an sich, die Kontrolle über ihren Körper schon längst verloren, ließ Maura sich leiten. Zwei eng aneinander gepresste Körper wirkten von außen betrachtet fast wie einer, so perfekt passten sie zusammen. Erst das Rascheln von zwei Füßen erinnerte die Frauen daran, wo sie sich gerade befanden und trennte sie voneinander. Jane lehnte sich an den Tresen, Maura stand in der Mitte der Küche, doch zu keiner Sekunde unterbrachen sie ihren Augenkontakt. Mattheo bekam nichts davon mit und zupfte aufgeregt an der Bluse seiner Mutter, hungrig und noch durcheinander vom Auftritt seines Vaters. Wortlos kochte Jane weiter, um zehn Minuten später das Essen kredenzen zu können. Sie holte Scarlett aus dem Wohnzimmer und beobachtete Maura mit ihrem Sohn interagieren. Es erfüllte Jane mit einer ungewohnten Wärme, die von ihrer Brust in ihren ganzen Körper ausstrahlte. Jane hasste es, nicht die Kontrolle über sich, ihre Gedanken und Gefühle zu haben. Sie setzte sich nicht zu ihnen, sondern ging hoch in ihr Zimmer, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Jane wollte sich davon ablenken, was heute alles passiert war, Ians Auftritt hat sie nicht unberührt gelassen, auch wenn sie versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. Versuchte Jane wirklich, sich in diese Familie zu integrieren, um ihrer eigenen zu entkommen? Und was genau hatte es mit ihrer Dozentin auf sich?
Janes Kopf qualmte und so zog sie sich ihre Laufklamotten an, schnürte die Schuhe zu und ging nach unten. Auf halbem Weg begegnete sie Maura, die sie von oben bis unten musterte: „Brauchst du keine Hilfe bei deinen Aufgaben?" Sie erwähnte mit keinem Wort Janes Abwesenheit beim Essen, oder dass sie sich nicht um die Kinder kümmerte. Sie sah Jane an, dass etwas nicht stimmte, sie wollte sie zu nichts drängen oder ihr Handeln verurteilen, Jane würde schon ihre Gründe haben. „Nein, wenn es dir nichts ausmacht würde ich gerne eine Runde laufen gehen", erwiderte Jane und dehnte ihre Beine. Maura studierte Janes halbnackten Beine und erwischte sich dabei, wie sie an ihrem Besuch im Hallenbad zurückdachte. Sie erinnerte sich daran, wie Jane unter ihrer Kleidung aussah und es ließ sie fast schon violett anlaufen. Falls Jane ihren Umschwung bemerkte, versuchte sie es sich nicht anmerken zu lassen, ihr Blick ruhte noch immer auf den Türknopf vor sich. „Natürlich. Schläfst du heute hier?", hakte Maura nach, da sie wissen wollte woran sie war. Jane konnte ihr nicht antworten, weil sie keine Antwort parat hatte. Sie wollte, aber sie konnte nicht. Sie drehte den Knopf und ging nach draußen, ihre Dozentin blieb zurück, ohne zu wissen ob sie Jane heute wiedersehen würde. Wie gerne hätte sie nach ihrer Hand gegriffen und sie zurück ins Haus gezogen, ihre Arme um sie geschlungen und ihren Duft eingeatmet. Anstatt dessen beobachtete sie Jane beim Verlassen ihres Grundstücks, erst langsam und dann joggend.

Jede Zelle in ihr verzehrte sich nach der Nähe ihrer Studentin und Maura musste sich selbst ermahnen. Verärgert über sich selbst, ging sie zurück ins Haus und kümmerte sich um ihre Kinder. Was auch immer sie ritt, sie musste die Kontrolle über sich zurückerlangen. Maura war es nicht gewohnt, die Kontrolle über sich zu verlieren, ihre Eltern haben sie nicht dazu erzogen, ihren Gefühlen zu folgen. In ihrer Kindheit wurde sie nicht mit viel Liebe konfrontiert, die Beziehung zu ihren Eltern konnte fast schon als platonisch beschrieben werden. Maura erinnerte sich an ihren vierten Geburtstag, sie verbrachte ihn mit ihrem Kindermädchen und dem Haushälter der Residenz in der sie lebten. Ihre Mutter reiste einige Tage vorher nach Russland, um ein Geschäft abzuwickeln, eine neue Kunstgalerie die im Interesse ihrer Mutter lag. Ihren Vater hatte Maura seit drei Monaten nicht mehr gesehen, sofern sie wusste, war er unterwegs in Tansania. Zum Geburtstag erhielt sie eine schlichte Karte in der nichts weiter als „Herzlichen Glückwünsch Maura" stand und ein Päckchen. Sie erinnerte sich noch genau wie ihr kleines naives Kinderherz aufblühte, in der Hoffnung ein schönes Geschenk von ihren Eltern zu erhalten. Vielleicht ein Souvenir aus Moskau, oder ein Mitbringsel aus Afrika. Doch als sie es auspackte, blickte ihr ein Buchdeckel entgegen, der sie ermutigte zu einer emanzipierten, jungen Frau heranzuwachsen. Mit vier Jahren. Ihre Eltern unterstützten Mauras Wissbegierde, sie war ein sehr schlaues Kind. Schon im Alter von vier Jahren konnte sie vier verschiedene Sprachen sprechen, interessierte sich für die Wissenschaft und Anatomie des Menschen. Anstatt ein Puppenhaus zu bekommen, lag unter dem Weihnachtsbaum, bei dem es sich nur um einen Kleiderständer handelte, ein Plastikskelett zum Lernen der Knochen und Muskeln. Ihre Eltern hielten nichts von religiösen Feiertagen und so bastelte sich Maura Jahr für Jahr ihr eigenes Weihnachtfest, immer im Hinterkopf, die tollen und familiären Filme über das so besinnliche Weihnachtsfest. Meistens waren ihre Eltern eh nicht anwesend und so verbrachte sie diese Tage mit Angestellten ihrer Eltern. Ihr Kindermädchen Olivia blieb ihr  für immer in Erinnerung, sie schenkte der kleinen Maura an ihrem fünften Weihnachtsfest ein Buch. Ein Kinderbuch. Es war Mauras heiligstes und emotionalstes Geschenk, noch heute besaß sie dieses Buch, es lag eingeschlagen in Papier, in der Sicherheit einer verschlossenen Schublade in ihrem Büro. Der Gedanken an ihre Kindheit versetzte ihr jedes Mal einen Stich ins Herz und wenn sie so ihre Kinder anschaute, wollte sie alles anders machen und das tat sie auch. Sie liebte ihre Kinder abgöttisch und ließ sie das auch spüren, niemals wollte sie ihre Kinder so aufwachsen sehen, wie sich selbst. Früher, im Alter von 20 Jahren, glaubte sie nicht daran jemals herzlich sein zu können, Gefühle zu haben. Niemals hätte sie sich vorstellen können Mutter zu werden, zu sehr geprägt von ihrer eigenen Mutter, fühlte es sich fremd an, an eine eigene Familie zu denken. Selbst als sie Ian kennenlernte empfand sie nicht das, was sie jetzt für ihre Kinder verspürte. Doch sie widersprach ihrer Mutter nicht, immerhin stellte sie ihr Ian vor. Ein Wohltäter, schon in jungen Jahren, engagiert sich in seiner Freizeit für Waisenkinder in Afrika. Er studierte, wurde Arzt, heiratete Maura und reiste mit ihr um die ganze Welt. Nicht, dass Maura diese Zeit nicht geliebt hatte, aber ihr Herz fühlte sich noch immer so an, wie in ihrer Kindheit: einsam, kühl und ungeliebt. Und bei diesem Gedanken musste sie unwillkürlich an dieses Mädchen denken, dieses viel zu junge Mädchen, mit den schokobraunen Augen und wilden Locken die ihr Gesicht umrahmten. Dem durchtrainierten Körper und undurchsichtigem Auftreten. Jane. Ihre Studentin. Das Kindermädchen ihrer Kinder. Maura fühlte sich schuldig und wusste nicht weswegen, den restlichen Abend lenkte sie sich mit Arbeit ab, brachte ihre Kinder zu Bett und verkroch sich mit einem Glas Wein wieder hinter Klausuren. Sie hörte nicht wie Ian nach Hause kam, denn er schlich auf Zehenspitzen in das Büro seiner Frau, es kostete ihn all seine Kraft, immerhin schwankte er unheimlich. Bevor Maura ihn hören oder sehen konnte, roch sie ihren Mann. Er schlang seine Arme um sie, küsste ihre nackten Schultern und biss zärtlich in das weiche Fleisch vor sich. Maura verzog keine Miene, wollte doch gut machen, was sie heute Mittag verbockt hatte. Doch allein der Gedanken daran wie betrunken Ian hier ankam und wie er mit Jane und ihren Kinder umgegangen war, brachte sie in Rage. Sie schluckte die Wut hinunter, da Ian seine Hände in ihre Bluse schob. Vorsichtig massierte er ihre Brust, ihr Nippel reagierte sofort und Maura entrann ein Stöhnen. „Es tut mir leid, Darling. Ich habe keine Ahnung was in mich gefahren ist, es tut mir wirklich leid. Meinst du ich kann es wieder gut machen?", fragte Ian zuckersüß.

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt