Es vergingen Stunden, Tage bis Maura realisierte was gerade passierte. Anfangs glaubte sie noch an einen Zufall, doch irgendwann hinterfragte sie es mehr und mehr. Sie beobachtete Ian mit Mattheo und Scarlett, die zu dritt im Garten tobten und bemerkte, wie ihre Sicht immer mehr verschwamm. Schnell wischte sie sich die Tränen fort, bedacht darauf ihrem Mann keine Angriffsfläche zu bieten. Die Leere in ihr füllte sich nicht mehr, auch nicht wenn sie ihren Mann mit den Kindern beobachtete. Sie blockte ihn ab wann immer sie konnte, doch nicht immer war ihr das möglich. Das Essen mit Ians Chef stand kurz bevor und Bauchschmerzen plagten ihr Wohlsein. Wie gerne würde sie einfach zu Hause bleiben, ein gutes Buch lesen und einen Wein trinken? In einer Stunde mussten sie dort sein, Martha passte auf die Kinder auf. Es handelte sich um den fünften Tag in Folge, an dem Jane nicht mehr bei ihnen auftauchte. Dabei gehörte sie zu der Art von Mensch, die ihrem Job mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit nachging. Umso mehr Maura darüber nachdachte, desto mehr Sorgen machte sie sich. Jane hatte sie seit einer Woche nicht mehr gesehen, weder hier zu Hause, noch in der Universität. Am zweiten Tag ihres Fehlens versuchte Maura sie zu erreichen, doch sie ging nicht ran. Auch beim 100.Mal blieb das Telefon unbeantwortet. Ob sie ihre Zeit mit Becca verbrachte? Die Wut brodelte sofort in ihr hoch, sie brauchte nur daran denken wie die Beiden zusammen in der Cafeteria gegessen haben, Becca mit schmachtendem Blick und Jane die mit ihrer Hand durch ihre Haare fuhr.
Ian hob Mattheo schwungvoll über seine Schulter, Scarlett hielt er an der Hand und marschierte zurück ins Haus. „Daddy muss sich fertig machen." Enttäuscht blickten ihn seine Kinder an, doch er musste noch duschen und sich umziehen. Maura kümmerte sich um ihre Kinder, spielte mit ihnen. Nach einer halben Stunde wandte sich Scarlett an ihre Mutter, welche ziemlich zerstreut wirkte: „Ma? Wann kommt Jane wieder? Sie wollte doch Bälle mit uns werfen und Spaghetti kochen?" Allein die Verzweiflung und Hoffnung in der Stimme ihrer Tochter brachte sie wieder den Tränen nahe. Gerade setzte sie zu einer Antwort an, da polterte Ian durch die Tür. Seine Augen wirkten verengt, sein Lächeln gequält: „Sie kommt nicht wieder, Honey. Sie hat gekündigt." Die Ungnade seiner Worte brachte seine Kinder zum weinen, die diese schreckliche Nachricht kaum realisieren konnten. Maura blickte ihn sprachlos an, kämpfte selbst mit den Tränen und der Wut. Sie drückte ihre Kinder an sich, versuchte sie zu beruhigen, erst Martha schaffte es sie zu bändigen. Ian legte seinen Arm um die Taille seiner Frau, bugsierte sie zu seinem Wagen. Im Wagen herrschte zu Anfang eine unangenehme Stille, dann durchbrach Maura sie: „Jane hat gekündigt? Wieso weiß ich davon nichts?" „Darling. Ist doch nicht so wichtig, oder? Der Brief lag einfach in der Post, ich habe es vergessen dir zu sagen." Maura runzelte die Stirn, konnte nicht so richtig glauben was sie da hörte. Jane würde niemals einfach so kündigen, schon allein wegen den Kindern nicht. Außerdem hatten sie sich etwas versprochen, oder eher Maura ihr. Was wenn Jane nicht mehr warten wollte, oder konnte? Was wenn Maura einfach zu viel verlangte? Immerhin litt Jane darunter, unter der Situation, Ian. Wie konnte Maura erwarten, Jane lange auf sich warten zu lassen?
Stillschweigend fuhren sie zum Restaurant und traten in den prallgefüllten Raum hinein. Mehr als 20 Leute saßen oder standen im Raum, mit Champagnergläsern in der Hand, unterhielten sich lautstark über politische Themen. Seufzend und zutiefst betrübt legte Maura ihre Hand auf Ians Unterarm, begleitete ihn ins Getümmel hinein. Bald würde sie mit ihm reden, doch heute riss sie sich zusammen. „Ian! Schön dich zu sehen! Maura! Wie bezaubernd du aussiehst! Ian hat nicht zu viel versprochen." Ians Chef, Mister John Kingsley, beugte sich vor und küsste Mauras Wangen. Sie erwiderte es widerwillig, setzte ihr künstliches Lächeln auf und führte belanglosen Smalltalk mit ihm. In der Zwischenzeit verschwand Ian unter den Leuten, unterhielt sich mit wichtigen Geschäftskunden und Partnern. Aus den Augenwinkeln sah Maura eine Frau, die ihrem Mann auf Schritt und Tritt folgte. Nachdem sie Mister Kingsleys Fragenhagel überstanden hatte, folgte sie ihrem Mann. Dieser stand mit der blonden, jungen Frau, die ein hautenges orangefarbenes Kleid trug, in einer dunklen Ecke. Für einen Moment glaubte Maura ihre Hand an seinem Gesicht zu sehen, doch genauso schnell wie sie glaubte es gesehen zu haben, war das Bild auch schon wieder verschwunden. „Maura Darling! Darf ich dir vorstellen? Das ist meine Sekretärin Clementine Bohéme, sie kommt aus Paris." „Nennen Sie mich doch Clementine, freut mich Sie kennenzulernen Miss Isles." Sofort stellten sich Mauras Nackenhaare auf, irgendwas stimmte nicht mit dieser Frau. Ihre gespielte Freundlichkeit, mit welcher Missgunst sie Maura betrachtete passte Maura nicht. Sie hielt ihr die Hand entgegen und spürte wie verschwitzt Clementines Hand sich anfühlte. Im Schatten der Treppe wischte sie sich ihre Hand an ihrem Kleid ab, beobachtete wie Clementine an den Lippen ihres Mannes hing. Egal was er sagte, welchen Witz er riss, Clementine lachte zuerst. Maura dagegen musste sich dazu zwingen. Mister Kingsley gesellte sich nach einer Weile dazu, erlöste sie von dem beklemmenden Gefühl welches sie in der Gegenwart der Beiden ereilte. Sie machten sich auf zu ihren Sitzplätzen, nahmen einen Aperitif ein, speisten eine ausgezeichnete Spargelcremesuppe. Sie unterhielt sich gerade angeregt mit der Dame neben sich, ihre Gedanken galten immer noch Jane, da stand ihr Mann auf und verschwand zu den Toiletten. Maura sah nur kurz auf, redete dann aber weiter. Ihr fiel nicht auf wie Clementine ihrem Mann folgte, doch was sie wahrnahm war ihre eigene Traurigkeit. Sie fühlte sich ausgelaugt, verraten, enttäuscht. Vor allem konnte sie sich nicht erklären warum Jane einfach so kündigte. Was hat sie geritten? Sie dachte an Janes Gesicht zurück als sie sie das letzte Mal gesehen hatte, sie schaute bedrückt und aufgewühlt aus. Warum?
Erst jetzt fing Maura an sich all diese Fragen zu stellen, einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte sie sich nicht aussuchen können. Die Tränen suchten sich wieder ihren Weg nach draußen, also entschuldigte sie sich bei der Frau und eilte zur Toilette. Sie stolperte nur noch so in die Kabine, ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie dachte nicht daran wie ihre Schminke nachher aussehen würde, ihre Probleme waren tiefgreifender. Geräuschvoll putzte sie sich ihre Nase, dachte an Janes Gesichtszüge, ihre Lippen. Wie sich ihre Lippen auf ihren eigenen anfühlten. Eine wohlige Wärme erfasste sie, machte ihr deutlich wie dringend sie mit ihrem Mann reden musste. Sie nutzte die Toilette und richtete sich im Spiegel wieder her, versuchte das Unheil so gut es ging zu verbergen. Gerade puderte sie ihre Augen und Wangen ab, da stolperte Clementine hinein. Mit verschmiertem Lippenstift und geweiteten Augen, erst Sekunden später realisierte sie nicht alleine zu sein. „Miss Isles", sie rannte in die nächste Kabine und nutzte die Toilette. Maura wunderte sich über diesen Auftritt, doch dachte nicht weiter darüber nach. Wichtig war ihr nur diesen Abend zu überstehen. Der Abend zog sich, ganz anders als von Maura erhofft. Langweilige Reden wurden gehalten, ein Toast ausgesprochen und Strategien für den weiteren Verlauf besprochen. Ab und an fielen Maura fast die Augen zu, doch sie hatte ihre Maskerade perfektioniert, niemand bemerkte wie sehr sie sich langweilte. Sie lächelte und nickte im richtigen Moment, lieferte immer die richtigen Antworten. Es konnte von Vorteil sein, in vielen Bereichen aktiv zu sein und Informationen wie ein Schwamm aufzusaugen. Sehr zur Zufriedenheit ihres Mannes.
Auch die Fahrt nach Hause verlief nicht anders als die Hinfahrt, doch Maura verspürte auch keinen Bedarf danach mit ihrem Mann zu reden. Noch immer fühlte sie die Wut darüber, dass er ihr nichts von Janes Kündigung gesagt hatte: „Ian? Stand in der Kündigung irgendwas darüber, warum Jane gekündigt hat?" Ian runzelte die Stirn und blaffte sie von der Seite an: „Wen interessiert das, Maura? Jane hat eh keine gute Arbeit geleistet, sei froh, dass wir sie los sind. Melanie sucht schon nach einem Ersatz!" Entrüstet darüber wie er reagierte machte Maura ihrem Ärger Luft: „Natürlich hat sie gute Arbeit geleistet! Du warst doch nie da, wie willst du das beurteilen können? Unsere Kinder lieben sie abgöttisch, wir sollten Himmel und Hölle in Bewegung setzen um sie wieder zurück zu holen! Sie kam als Einzige so super mit unseren Kindern klar. Du hättest sehen sollen wie sehr sie sich mochten, von Anfang an!" Langsam packte auch Ian die Wut, er schmiss die Arme in die Luft und knallte damit auf seine Oberschenkel: „Jane hier, Jane dort! Sie ist weg, okay? Sie kommt auch nicht wieder...dafür habe ich gesorgt." Die letzten vier Worte nuschelte er nur, doch Maura verstand diese Worte. Sie waren nicht für sie bestimmt, doch Ians betrunkener Zustand ließ ihn das nicht realisieren. „Was hast du getan Ian?", flüsterte Maura unter Tränen. Er wandte sich ihr zu, ein schäbiges Grinsen auf den Lippen: „Ich habe dafür gesorgt, dass sie aus unserem Leben, deinem Leben verschwindet. Ich bin nicht dumm, Maura. Ich habe gesehen wie du sie angesehen hast, wie sie an deinen Lippen hing. Auch ihre Blicke blieben mir nicht verborgen. Ich habe sie entlassen." Die Tränen rannen über Mauras zarten Wangen, suchten sich ihren Weg an ihrem Hals hinunter. Schluchzer entrannen ihrer Kehle, entblößten sie vollkommen vor ihrem Mann, doch es war ihr egal. Deswegen hatte Jane sich distanziert, die Uni geschwänzt. Sie musste glauben Maura hätte sich für Ian entschieden... „Anscheinend noch rechtzeitig genug, wie ich sehe." Maura schwieg, versuchte nicht sich rauszureden. Zu Hause angekommen zog Ian sich aus, schmiss seine Kleidung einfach auf den Boden und holte sich ein Bier. Das brauchte er jetzt dringend. Seine Frau dagegen lag weinend auf ihrem Badezimmerboden, weinte sich ihre Lunge aus dem Leib, zitterte unkontrolliert. Sie wählte immer wieder Janes Nummer, doch sie ging nicht ran. Sie antwortete auch nicht auf ihre SMS. Vor Wut zitternd schmiss sie das Handy gegen die Marmorwand, das Display zersprang und es landete mit einem Knall auf dem Boden. Ian, der unten im Wohnzimmer saß, schüttelte nur den Kopf und schaltete den Fernseher lauter. Es vergingen Stunden, Maura schlief vor Erschöpfung auf dem kalten Fliesenboden ein, Ian vor dem laufenden TV.
Maura wachte mit schmerzendem Rücken auf, krabbelte zu ihrem Handy, welches immer noch ging, doch keine Nachricht von Jane. Wieder kamen ihr die Tränen. Sie stellte sich unter die Dusche, drehte sie auf eiskalt und hörte erst damit auf, bis sie bibberte. Widerwillig zog sie sich an, etwas was sie Wärmte und klaubte die Wäsche vom Boden auf. Ians Kleidung in ihren Händen fachte die Wut wieder an, sie wollte sie gerade in den Wäschekorb knallen, da entdeckte sie einen großen Fleck am Kragen. Mit ihren Fingerspitzen fuhr Maura darüber, der rote Fleck verschwamm unter ihrer Sicht. Sie stapfte nach unten und schmiss dem schlafenden Ian das dreckige Hemd ins Gesicht. Ian sprang erschrocken auf, fasste sich sofort an den Kopf, als ihn ein fieser Kopfschmerz ereilte und starrte seine Frau an: „Was soll das Maura?" Maura sah aus wie eine Furie, die Haare standen ihr zu Berge, ihr Gesicht und Augen knallrot: „Das sollte ich lieber dich fragen! Lippenstift? Roter? Ich habe gestern braunen getragen!" Ian blickte verunsichert auf seinen Kragen, stöhnte innerlich auf, suchte nach einer Ausrede. „Kommt vom Rotwein!", mehr sagte er nicht. Er wusste er befand sich in einer Sackgasse. „Das Geschenk damals war gar nicht für mich, oder? Du weißt ich hasse Orange. Clementine aber nicht..." Ian fasste sich an seinen Kopf, sank zurück in seinen Sessel: „Maura, Darling..." Maura weinte nun noch mehr, bestätigt dadurch was sie schon länger vermutet hatte. Ihr Mann ging fremd und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln...immerhin hat sie sich auch in jemand anderen verliebt. Sie entfernte sich von ihrem Mann, ging zu ihrem Auto und fuhr los. Ihre Kinder befanden sich in guten Händen, Martha kümmerte sich um sie. Beruhigt darüber fuhr Maura ziellos durch die Straßen, sie unterdrückte die Tränen, spielte in Gedanken Dialoge durch, die sie vielleicht niemals führen würde. Jane reagierte auf keine ihrer Nachrichten, auch nicht auf Anrufe, in der Universität erschien sie auch nicht mehr. Was wenn sie gar nicht mehr auftauchen würde? Maura mied? Ein eisiger Schauer lief Maura den Rücken hinab, brachte sie zum erzittern. Ihre Hände klammerten sich um das schwarze Lenkrad ihres Mercedes, solange und so fest bis sie weiß anliefen. Vor Schmerz wimmerte Maura auf, schüttelte ihre Hände an der nächsten Ampel aus und fuhr nach links. Kurz danach bog sie rechts ab, dann wieder links. Kurze Zeit später stand sie wieder an der gleichen Ampel, sie bemerkte es nicht einmal. Stunden später blieb sie vor diesem kleinen Haus stehen, in dem kein einziges Licht brannte. Maura runzelte die Stirn und schaute auf die Uhr. 18 Uhr. Zögernd stieg sie aus, ihre Beine trugen sie kaum vorwärts, weich und wie ein Fremdkörper brachten sie Maura zur Tür. Ihre Finger zitterten, sie brauchte mehrere Anläufe um die kleine Klingel zu treffen. Nirgends ging ein Licht an, das Haus lag totenstill vor Maura. Auch nach einer Minute tat sich nichts und Maura drückte panisch mehrmals hintereinander auf die Klingel. Das Geräusch hallte in ihrem Kopf, doch sie konnte nur einen klaren Gedanken schaffen. Was wenn Jane fortgegangen ist? Die Panik erdrückte Maura fast, ihre Kehle schnürte sich in Sekundenschnelle zu und das Atmen fiel ihr schwer. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in Windeseile, die Panikattacke lief fast so wie bei Jane ab. Allein der Gedanke an Jane verschlimmerte ihren Zustand noch. Sie brauchte zwei Minuten um sich wieder zu beruhigen, ihre Fassung zurückzugewinnen. Maura schaffte es erst eine halbe Stunde später Auto zu fahren, den Weg nach Hause anzutreten. So viele Fragen kreisten in ihrem Kopf und sie konnte es kaum abwarten Jane morgen in der Universität anzutreffen.
Maura wachte am nächsten Morgen mit dröhnendem Schädel auf – es muss ein Wein zu viel gewesen sein, der Platz neben ihr im Bett lag verlassen vor. Ian versuchte gestern Abend in sein Bett zu steigen, nur um Sekunden später von Maura hochkant rausgeschmissen zu werden. Die Kinder bekamen von den Spannungen zum Glück nicht viel mit, eine Eigenschaft die sie an Ian sehr mochte. Er kümmerte sich um sie seit dem letzten Gespräch, sie rechnete es ihm hoch an, aber es änderte nichts an der Tatsache der Kündigung. Maura brachte die Kinder zur Schule und raste danach zur Universität, in der Hoffnung Jane dort zu sehen. Sie eilte die endlos langen Flure entlang, hoffte überall einen schwarzen Lockenkopf zu erhaschen, doch sie sah nirgends einen. Auch vor ihrem Büro stand niemand, Angst erdrückte Maura immer mehr von innen, ihre Hoffnungen zerplatzten wie Seifenblasen. Ihre Finger umklammerten ihren Schlüssel, mit einem Klicken öffnete sich die Tür und ihr Büro strahlte ihre matt entgegen. Das Licht wirkte blass und bedrückt, so wie Mauras Laune. Sie schmiss ihre Tasche achtlos auf den Boden und setzte sich mit einem Seufzer auf ihren Schreibtischstuhl. Sie massierte ihre angespannten Schläfen, starrte in die Leere ihres Büros. Mauras Kopf pochte, sie unterdrückte die Übelkeit in sich. Nur noch eine halbe Stunde, Maura, dann siehst du sie auf ihrem Platz sitzen, mit einem Lächeln im Gesicht. Maura sortierte Dokumente, fuhr ihren PC hoch und streifte ihre High Heels von den Füßen. Sie tippte Janes Agentur ein, wählte die Nummer von Melanie Callahan.
„Callahan, Agentur für Babysitting Services, was kann ich für Sie tun?" Maura schwieg für eine Sekunde, dann antwortete sie mit zittriger Stimme, Melanie Callahan erwartete keinen Anruf von Maura Isles. Sie redeten und redeten, bis Maura die finale Frage stellte. „Miss Callahan? Hat mein Mann etwas gesagt als er Jane gekündigt hat?" Es kam ihr kaum über die Lippen, auch Melanie bemerkte das. Sie hatte niemals mit der Kündigung von Jane gerechnet, die Chemie der Familie und Jane stimmte von Anfang an. Melanie hatte Ian nie kennengelernt, aber als er vor einer Woche in ihr Büro gestürmt kam mit einem Papier in der Hand da wusste sie, mit diesem Mann sollte man sich nicht anlegen. Er hatte die Wörter nur so hervor gepresst, die Kündigung auf den Tisch geknallt und nach einer neuen Sitterin verlangt. Auf Nachfragen ob ihnen die Dienste von Jane missfallen hätten, da entrann ihm nur ein hämisches Lachen. „Suchen Sie einfach wen Neues!", mehr sagte er nicht, dann verschwand er wieder aus dem Büro. Sie telefonierte danach mit Jane, aber erst zwei Tage später. Vorher erreichte sie Jane nicht. Doch die weinerliche Stimme am Ende der Leitung versetzte Melanie fast einen Stich ins Herz. Sie wusste nicht warum Jane weinte, doch sie kam nicht darum herum zu glauben, es habe mit der Kündigung zu tun. Jane äußerte sich nicht dazu und verneinte das Angebot erneut vermittelt zu werden. Mehr konnte sie Maura nicht sagen, mehr durfte sie ihr nicht sagen. Maura genügten die Antworten von Melanie nicht, sie hatte so sehr gehofft zu erfahren wo Jane sich aufhält, warum sie nicht an ihr Telefon geht. Aber eigentlich konnte sie es sich auch selbst beantworten. Das Läuten der Glocke riss sie aus ihren Gedanken, eilig suchte sie ihre Sachen heraus und schloss die Tür zum Saal auf. Langsam strömten die Studenten herein, nach und nach füllte sich der Raum. Sie sah Grant, Frost, doch keine Jane. Chloe, allein der Name stellte ihre Nackenhaare auf, setzte sich in die letzte Reihe, würdigte Maura keines Blickes. Sie hasste Maura wohl dafür nach hinten gesetzt worden zu sein. Auch das letzte Läuten der Glocke brachte keinen schwarzen Lockenkopf hervor, Mauras Anspannung wuchs immer mehr. Die Stunde fing an, die Studenten blickten sie erwartungsvoll an, doch Maura schwieg. Susie Chang räusperte sich, versuchte ihre Dozentin aus ihrer Trance zu holen, doch erst ein Zupfen an ihrem Arm brachte sie zurück in die Realität. Die Stunde ging quälend langsam vorbei, sie blickte immer wieder Frost, Grant und Chloe an, die selbst ein wenig ratlos aussahen. Wussten sie warum Jane nicht da war? Wusste wenigstens Frost etwas? Am Ende der Stunde eilten die Studenten so schnell es ging aus dem Saal, fort von ihrer schlechtgelaunten Dozentin, nur einer blieb zurück auf Wunsch der Dozentin. Frost knetete seine Hände, wusste nicht warum er bleiben musste. „Mister Frost? Können Sie mir sagen, wo Miss Rizzoli sich aufhält? Ist sie krank?" Frost wunderte diese Frage, doch er dachte nicht weiter darüber nach. „Tut mir Leid Dr. Isles, ich habe keine Ahnung wo sie sich aufhält. Ich habe das letzte Mal vor zwei Tagen etwas von ihr gehört...ich...ich habe keine Ahnung." Nun zitterte auch Frosts Stimme und Maura ahnte, er machte sich Sorgen und hatte tatsächlich keine Ahnung wo Jane war. Wut und Angst machten sich in Maura breit. Sie schickte Barold fort, brachte den Tag hinter sich und nahm sich vor heute Abend wieder zu Janes Haus zu fahren.
Stunden später stand sie wieder vor diesem kleinen Haus, starrte die dunkle Fassade an, musterte jedes Detail. Wieder brannte kein Licht im Haus. Zögernd stieg sie aus dem Auto, stieg die Treppen hinauf und betätigte die Klingel. Nichts. Wieder einmal. Sie riss sich zusammen nicht wieder zu weinen, in Panik zu geraten. Gerade als sie sich umdrehen wollte, bemerkte sie eine Gestalt hinter sich. „Kann ich Ihnen helfen, Miss?", die tiefe Stimme des Mannes dröhnte ihr bis aufs Mark, langsam drehte sie sich zu ihm um. Das Licht der Veranda ging an und die schokobraunen Augen des Mannes kamen ihr sofort bekannt vor. Seine Stirn übersäten Falten und kleine Narben, seine Haut schien sehr dunkel zu sein, doch das konnte auch vom geringen Licht sein. Es musste sich um Janes Vater Frank handeln, der zu viel Alkohol trank und ihrer Jane Leid angetan hatte. Ihr Magen verkrampfte sich leicht, doch sie straffte ihre Schultern und blickte ihm kühl entgegen: „Ich wollte zu ihrer Tochter. Sie ist nicht zur Arbeit und auch nicht in der Universität erschienen." Frank musterte die Frau vor sich, welche viel zu schick für diese Gegend gekleidet war. Die Stilettos, der Rock und die Bluse wirkten wie ein hämischer Kontrast zu der dreckigen Veranda des Hauses. Er blinzelte einige Male und dachte über ihre Worte nach: „Sie haben ihr doch gekündigt. Janie war am Boden zerstört." Die Worte reichten Maura, die Tränen brannten schon wieder hinter ihren Lidern, doch vor diesem Mann würde sie sich sicher nicht auch noch die Blöße geben und weinen: „Es muss sich um ein Missverständnis gehandelt haben. Ich habe nichts von der Kündigung gewusst, sie hat immer gute Arbeit geleistet. Kann ich mit ihr sprechen?" Frank seufzte auf, dachte daran zurück wie Jane weinend zu Angela gerannt kam. Er ahnte nicht warum sie so emotional auf die Kündigung reagiert hatte, aber er sah der Frau an, dass es auch sie mitnahm. „Jane ist nicht da", Frank schien nicht sehr redefreudig zu sein, sehr zum Ärger von Maura. „Wann ist sie wieder da?", die Ungeduld fraß Maura fast auf, sie tippelte nervös auf einer Stelle und fixierte einen Punkt hinter Frank, sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. „Sie ist in Italien, die nächsten zwei Wochen werden sie Jane hier nicht antreffen, tut mir leid." Er drehte sich um und ging zurück ins Haus, die Tür schloss sich schneller als Maura hinschauen konnte, einsam und verlassen blieb sie auf der Veranda zurück. Sie versuchte die Worte zu verarbeiten, zu verstehen, dass Jane in Italien ist. Immerhin nur für einen Urlaub, aber sie ahnte schon warum. Sie suchte den Abstand zu Maura, sie glaubte Maura habe sich für Ian entschieden. Maura wäre es genauso gegangen, hätte sie nur gewusst was ihr Ehemann vorgehabt hat. Hätte das was geändert? Gedankenverloren und voller Selbsthass machte sie sich auf den Weg nach Hause. „Was wäre wenn" – eine Formulierung die sie hunderte Male in ihrem Kopf durchsprach. Es glich fast einer Ironie des Schicksals zu wissen Jane befand sich nun dort, wo eigentlich Ian mit ihr und den Kindern hinwollte. Sie fuhr zur Schule, holte ihre Kinder ab und fuhr mit ihnen zurück zur Villa nach Beacon Hill. „Mom? Kochen wir heute mit Janie?" Heute ist der Spaghetti-Tag, sie hatten es nicht vergessen. „Nein Honey, aber wir kochen trotzdem zusammen Spaghetti, nur ohne Jane." Ein Kloß in ihrem Hals machte es ihr schwer zu reden, zu atmen, doch für ihre Kinder riss sie sich zusammen. Ihr Mann saß auf seinem Sessel, betrunken und schlafend, Maura ignorierte ihn und schob ihre Kinder schnell an der Tür vorbei zur Küche. Sie verbrachten den Abend miteinander, die Kinder stellten mehr Fragen als ihr lieb war, denn sie kannte die Antworten selbst nicht... Kam Jane zurück? Zurück zu ihr und den Kindern?
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From Elephants and Tortoises (girlxgirl)
FanfictionJane Rizzoli ist 18 Jahre und ihrem Traum als Detective zu arbeiten endlich ein Stück näher: sie studiert an der BCU in Boston. Dort lernt sie eine Frau kennen, die all ihre Grundsätze durcheinander bringt: sich niemals zu verlieben. Doch Dr. Maura...