Kapitel 17

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Mit schnellen Schritten kam sie an der Universität an, von hinten konnte sie noch Maura ausmachen, die ins Gebäude ging. Auf dem Parkplatz traf Jane auf Frost und Grant, der sie wie immer missmutig beäugte. Auch Frost wirkte heute distanzierter als sonst, Jane fragte sich, ob er wirklich am gestrigen Abend die Wahrheit gesagt hatte. Die Umarmung fiel steif aus, er widmete sich kurz darauf Grant zu, ignorierte sie und ihr Anliegen. Grummelnd ließ Jane die Jungs hinter sich, denn das konnte sie gerade echt nicht gebrauchen. Sie eilte in die Cafeteria, bestellte zwei Mocchachino und wartete geduldig darauf aufgerufen zu werden. Neben sich konnte sie einen Rotschopf ausmachen, der aufgeregt hoch und runter wippte: „Jane!" Jane drehte sich zu Becca um, die gerade mit ihrem Bruder Theo durch die Tür kam. Sie umarmten sich flüchtig und auch Theo legte einen Arm um Jane. Sie fühlte sich absolut nicht unwohl, die Geschwister schienen verdammt coole Leute zu sein, mit denen sie sich verstehen könnte. Becca bestellte zwei Kaffee für sich und ihren Bruder, welcher in ein Gespräch mit einem anderen Jungen verwickelt war. „Becca, ich habe dich bisher noch nie hier gesehen. Was studierst du?", hakte Jane nach. Becca drehte sich um, ihre Augen leuchteten als sie grinsend an ihrem Kaffee schlürfte: „Biologie und Philosophie auf Lehramt, ich bin im anderen Flügel des Gebäudes. Ich bin im dritten Semester." Erstaunt schob sich eine Augenbraue von Jane nach oben, sie hatte Becca zwar älter geschätzt, aber nicht auf fast zwei Jahre. „Und was studierst du hier, Jane?", fragte nun Becca. „Ich durchlaufe einige Kurse für die Polizeiakademie, ich möchte später als Detective im Morddezernat arbeiten. Momentan belege ich Kurse wie Forensik, Englisch, Sport, Gerichtsmedizin und Psychologie", Jane hörte ihren Namen und nahm zwei dampfende Mocchachino vom braunhaarigen Barista entgegen. „Das ist schon eine Menge, sind sie die Kurse denn wenigstens spannend? Du hast doch dann bestimmt bei der neuen heißen Dozentin Vorlesungen, oder? Wie hieß sie? Ehm. Dr. Kreis? Teils?", fragte sie ohne Hintergedanken. Jane verschluckte sich an ihrem Kaffee, prustete, um wieder Luft zu bekommen, Becca klopfte ihr auf den Rücken. Jane sammelte sich und bedeutete Becca gehen zu wollen: „Es ist sehr spannend, ja, aber in Sport werden wir zum Beispiel sehr gefordert, wir müssen solange machen bis wir fast umfallen vor Erschöpfung. Ich muss los, ich...ich muss zur Vorlesung." „Das klingt wirklich gut, ich beneide dich um die Thematiken. Jane? Forensik und Gerichtsmedizin? Wie heißt sie denn nun? Vielleicht belege ich dann auch mal einen Kurs bei ihr", säuselte Becca und wackelte mit ihren Brauen. „Dr. Isles", presste Jane durch ihre Zähne hindurch. Becca lachte auf, deutete an sich den Namen im Gedächtnis abzuspeichern und wurde dann von Jane einfach stehen gelassen. Sie blickte ihr verdutzt hinterher, ahnte nicht, warum Jane sich so merkwürdig verhielt.

Jane dagegen stiefelte missmutig zu Mauras Büro, sie hatten nur noch 5 Minuten bis zum Beginn der Vorlesung. Mit ihrem Ellbogen klopfte sie an die Tür, Maura öffnete sie ihr freudestrahlend. „Für mich?", Maura deutete auf den Kaffee in Janes Hand. Jane reichte ihr den Becher, schob sich durch die Tür hindurch und setzte sich in den Sessel. Sie dachte noch über das Gespräch mit Becca nach und wie sehr es sie störte, dass andere Maura als heiß betitelten. Warum ärgerte sie es so? Immerhin hatte sie vor Wochen genau das Gleiche gesagt, sie sagte es heute ja auch noch. Total in Gedanken versunken merkte sie nicht, wie Maura ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie besorgte anschaute: „Jane? Alles in Ordnung?" "Was? Ja, ja. Natürlich", erwiderte Jane schon leicht genervt. Maura blickte sie amüsiert über ihren Becherrand an, studierte die zusammengezogenen Augenbrauen und verengten Augen: „Tut mir leid, dass du das letzte Stück laufen musstest. Ich habe da gar nicht drüber nachgedacht..." „Ach ist doch kein Problem, es war ja nur noch ein Block", Janes Blick blieb auf Mauras nackten Beinen hängen, sofort dachte sie daran, wie sie sich an ihren nackten Beinen angefühlt haben. „Wer war denn das gutaussehende Mädchen an deiner Seite? In der Cafeteria?", fragte Maura. Jane wurde sofort hellhörig, unsanft rausgerissen von ihren unanständigen Gedanken: „Bitte was? Wer?" „Na die Rothaarige? Die bei jedem deiner Worte an deinen Lippen hing?", lachte Maura. „Ach...das ist Becca. Sie studiert im dritten Semester", stammelte Jane. Sie hoffte einfach, Maura würde nicht weiter nachfragen, sie wollte ihr nicht sagen, was alles in den letzten drei Tagen vorgefallen war. Maura musterte sie, entschied sich dafür, weiter zu fragen: „Becca also. Woher kennst du sie?" Jane bemerkte wie sie unruhiger wurde, beunruhigt zupfte sie an ihrer Hose: „Eh, von einer Party." Sie konnte ihr nicht von dem Kuss erzählen, ihren Gedanken, nachdem sie glaubte Mauras Familie zerstört zu haben, sich etwas einzubilden, sich reinzudrängen. Sie konnte ihr auch nicht von dem Kuss mit Frost erzählen. Sie wollte nicht. Janes Hände zitterten leicht, allein bei dem Gedanken, was zwischen ihnen vorgefallen war. Jane war dabei ihren besten Freund zu verlieren und dessen konnte sie sich sicher sein. Zu oft hatte sie solche Momente erlebt, zu oft verliebten sich Menschen unglücklich in sie. Aber ausgerechnet ihr bester Freund, der sie so gut kannte? Es schmerzte Jane tief im Innersten, bereitete ihre Bauchschmerzen und unendliche Sorgen. Ohne Frost würde sie verloren sein, er galt immer als ihr Fels in der Brandung. Aber vielleicht ist genau das der Fehler gewesen, der Grund dafür, warum Frost sich in sie verliebte. Der Grund dafür, warum er Dinge falsch interpretierte und Gefühle für sie entwickelte. Jane hasste es, sie hasste sich dafür, nichts bemerkt zu haben. Sie hatte keine Ahnung wie lange er schon so fühlte, wie lange sie ihn schon verletzte mit ihren Aktionen und Worten. Ihr Magen zog sich krampfhaft zusammen, was Maura auf ihrem Gesicht fähig war zu lesen: „Geht es dir nicht gut, Jane?" „Alles in Ordnung...ich...die letzten Tage, Wochen...waren nicht einfach Maur. Ich will dich nicht vergraulen mit meinen Geschichten, meinem Leben, meiner Familie. Mein Vater hasst mich, mein bester Freund ist in mich verliebt, küsste mich und Becca...sie tat es auch", platzte es aus ihr heraus.

Sie erwartete Wut in Mauras Augen zu erkennen, Enttäuschung, Trauer oder Hass. Doch nichts davon spiegelte sich dort wider, anstatt dessen kniete sich Maura vor Jane und legte ihre Hände auf ihre Knie: „Jane. Du vergraulst mich niemals. Ich habe dir gesagt, was ich für dich empfinde, das ändert keine Familie der Welt und auch nicht deine Freunde. Du musst mir nur eines sagen: Hast du etwas dabei empfunden? Wolltest du es? Wenn nicht, spielt das keine Rolle für mich. Ich weiß was du zu mir gesagt hast und das ist alles was zählt." Janes Tränen rannen bei diesen Worten nur so an ihren Wangen hinunter, Maura richtete sich auf und nahm ihren zitternden Körper in ihre Arme. Es erinnerte sie an letzte Nacht, als noch Jane sie auffing, ihr Trost spendete. Maura würde ihr das geben, was sie brauchte, egal was es für sie bedeutete. Zwei Minuten später waren Janes Tränen getrocknet, sie schlürfte schon wieder an ihrem Kaffee: „Nicht einen Kuss habe ich bewusst gewollt, Maura. Das musst du mir glauben. Wir waren auf dieser Party, Frost schleppte mich hin. Seine Freunde und sein Cousin Thomas haben direkt versucht mich anzugraben, ich wollte ihnen direkt die Grenzen aufzeigen und habe sie abgewiesen. Becca bekam dies mit, fand mich sympathisch und hat das Gespräch mit mir gesucht. Wir verstanden uns gut, ich mag sie als Freundin, doch sie muss das anders aufgefasst haben. Sie küsste mich, ich habe sie so schnell es ging von mir geschubst und mich verabschiedet mit einer Entschuldigung. Ich suchte also Frost, den ich blutend draußen vorfand. Seine Hand war an einigen Stellen aufgeplatzt, also habe ich ihn mit nach oben genommen und ihn verbunden. Er war betrunken, sehr sogar. Er verhielt sich schon seit einiger Zeit komisch, doch ich habe mir da nie was bei gedacht, auch nicht als er seine Hand auf meine Hüfte legte." Mauras Gesicht verzog sich bei den Details, die Jane und andere Menschen betrafen, doch sie bemühte sich neutral rüberzukommen, Jane beizustehen, die sehr dankbar darüber war. „Ich reinigte sein Gesicht und dann bevor ich mich versah, lagen seine Lippen auf meinen. Ich...stand dort. Geschockt, überrumpelt. Ich konnte nicht mal reagieren...und dann bin ich weggelaufen, mit Becca zusammen. Wir haben am Stadtrand Sterne geschaut, mehr nicht...ehrlich...und das war es auch schon. Bist du sauer auf mich?", nervös kaute Jane sich auf den Nägeln, Maura zog ihre Hand sanft vom Gesicht weg. Sie nahm Janes Hände zwischen ihre, beugte sich leicht vor, sodass Jane einen guten Einblick in Mauras Dekolleté hatte und küsste sie sanft auf den Mund: „Reicht dir das als Antwort?" Jane schluckte schwer, schaffte es nicht eine Antwort zu finden. Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, setzte sich Maura auf den Schreibtisch ihr gegenüber, spreizte leicht ihre Beine und gewährte ihr mehr Einblick als jemals zuvor. Jane entdeckte rote Spitzenunterwäsche, konnte ihre Augen nicht mehr davon abwenden. Maura streckte ihren linken Fuß nach vorne und berührte Jane damit am Bein: „Komm her."

Wie in Trance stand Jane auf, bewegte sich quälend langsam auf Maura zu. Kaum in Reichweite, schlang Maura ihre Beine um Janes Taille und drückte sie eng an ihren Körper, Jane keuchte erschrocken auf. Ihre Oberkörper pressten sich dabei zusammen, sie konnte jeden Atemzug von Maura spüren, ihre Brüste drückten sich unaufhaltsam gegen ihre. Jane spürte ein intensives Prickeln in ihrem Körper aufsteigen, doch Stimmen vom Flur lenkten sie ab. Maura dagegen schienen sie nicht zu beirren, sie schien nicht mal Angst zu haben, erwischt zu werden. Sie bemerkte wie Jane sich verunsichert umdrehte und versuchte sich aus ihrem Klammergriff zu befreien: „Jane. Ich habe abgeschlossen."Grinsend schaute sie Jane an, welche erleichtert aufseufzte und ihre Lippen zärtlich auf die ihrer Dozentin legte. Maura vergrub ihre Hand in ihren schwarzen Locken, drückte ihren Kopf noch näher, intensivierte so den Kuss erheblich. Jane legte ihre Arme auf Mauras Rücken, fuhr mit einer Hand auf und ab, die andere drückte ihre Körper aneinander. Zwischen die Frauen passte kein Blatt Papier mehr, Hitzewellen erfüllten Jane und Maura, welche sich am liebsten ihre Kleidung vom Leib gerissen hätten. Das Läuten der Glocke erklang jedoch wie ein mahnendes Signal im Raum, so als wären sie erwischt worden, gezwungen von einer höheren Macht voneinander abzulassen. Enttäuscht drückte Maura Jane von sich, schnappte aufgeregt nach Luft und rückte ihre Kleidung zurecht. Während sie Jane musterte, biss sie sich verträumt auf die Unterlippe, was Janes Feuer nur wieder anfachte und sie ihre Lippen auf ihre pressen ließ. Der Kuss war zwar kurz, aber voller Leidenschaft. Beide spürten wie sehr sie sich nacheinander verzehrten, Maura konnte es kaum erwarten endlich mehr Zeit mit Jane verbringen zu können, Zeit mit ihr alleine. Dieses Mal wandte Jane sich ab, bückte sich nach ihrem Rucksack und schloss leise die Tür auf. Maura blickte auf von ihren Unterlagen, die sie gerade in ihre Tasche schob und sah wie der Lockenkopf aus der Tür verschwand.
Ihr Körper brauchte einige Zeit um sich wieder zu beruhigen, mit wackligen Beinen starkste sie Richtung Vorlesungssaal. Dort wurde sie mit einem ungewohnten Bild konfrontiert. Frost saß neben Grant, drei Reihen weit weg von Jane, von seinem eigentlichen Platz entfernt. Es machte Maura nichts aus, auch wenn er sich nicht an die Sitzordnung hielt, immerhin hatte er Jane geküsst. Desto weiter er weg von ihr war, umso besser. Doch Janes verletzter Blick schmerzte Maura, sie wirkte so zerbrechlich und enttäuscht. Sie konnte nur ahnen welche Gefühle der Verzweiflung es in Jane ausgelöst haben muss, für sie war Frost immer nur ihr bester Freund, die Person die ihr immer Beistand. Jane hatte ihr auch erzählt, er habe sich entschuldigt, ihr Erklärungen geliefert, auch wenn sie sie nicht glauben konnte. Aber anscheinend entschied er sich trotzdem dazu, auf Distanz zu gehen, zu seinem Wohl und Janes Verderben. Maura hoffte sie könnte und würde Jane genügen, sie würde für sie da sein, immer, egal was passierte. Bevor der letzte Student die Tür des Saales schloss, sah sie das rothaarige Mädchen aus der Cafeteria vor dieser stehen. Maura kniff gerade die Augen zusammen, um zu kontrollieren ob ihre Augen ihr einen Streich gespielt hatten, da fiel die Tür schon ins Schloss. Sie schüttelte entnervt den Kopf, erbost darüber sich selbst so zu stressen. Sie versuchte ihre Studenten zum Schweigen zu bringen, ließ Susie, ihre Assistentin, Zettel verteilen und Hausarbeiten einsammeln. Während sie etwas an die Tafel schrieb, ihren Studenten den Rücken zuwandte, vernahm sie einen lauten Tumult hinter sich. Ein Aufschrei ließ sie herumfahren, Jane stand durchnässt an ihrem Platz. Ihr Gesicht blitzte zornig auf, für einen kurzen Moment erkannte Maura Scham in ihren Augen. Gerade als sie ihre Stimme erheben und fragen wollte was vor sich ging, trat Grant einen weiteren Schritt auf Jane zu und schüttete den Restinhalt seiner Flasche auf ihren Kopf. „Was soll das? Bist du bescheuert?!", zischte Jane. Unlängst galt die ganze Aufmerksamkeit des Raumes den beiden, Maura war sprachlos von dem was sie sah und schaffte es nicht ihre Contenance zu bewahren und Herrin der Lage zu werden. Plötzlich brüllte Grant durch den ganzen Raum, seine Stimme wutentbrannt und voller Hass: „Lass die Finger von IHR." Alle Köpfe schnellten herum und Janes Gesicht lief purpurfarben an. Mauras Magen drehte sich bei den Worten von Grant um, panisch umschloss sie das Stück Kreide in ihrer Hand und bemerkte nicht wie es in ihrer Hand zu Staub zerfiel. Jane antwortete Grant nicht, griff nach ihrer Tasche und wollte sich an ihm vorbeidrängen, doch Grant hielt sie am Oberarm fest: „Hast du verstanden!? Nur weil du ne Lesbe bist, kannst du nicht Jede haben! Lass sie in Ruhe, lass Frost in Ruhe! Du hast niemanden an deiner Seite verdient, du behandelst alle wie ein Stück Dreck!" Jane verlor bei dem Wort „Lesbe" ihre Fassung, vielleicht auch erst bei seinen letzten Worten, Maura konnte es nicht einordnen. Maura suchte verzweifelt nach ihrer Stimme, nach einem Räuspern schaffte sie es endlich, aber es war zu spät. Jane schwang ihre Faust in die linke Richtung. Schmetternd traf sie den Kopf von Grant, wessen schelmisches Grinsen von seinem Gesicht verschwand, als Janes Knöchel auf seinen Wangenknochen traf. Sein Mund verzog sich schmerzverzerrt, Jane dagegen ließ sich nichts anmerken, ihre Hand musste nach der Wucht des Schlages unheimlich weh tun. Maura suchte Barry, der tief in seinen Sitz gesunken dasaß, die Szenerie genau beobachtete und mit sich selbst zu kämpfen schien. Wie konnte er um Himmelswillen zulassen, dass Grant solche Worte in den Mund nahm? Jane mochte mehr für ihn sein als eine beste Freundin, aber genau deswegen sollte er es besser wissen, er kannte Jane! Frost wusste doch was Janes Vater erst vor kurzer Zeit zu ihr sagte, wie viel Schmerz es ihr bereitete verstoßen worden zu sein. Maura wurde unheimlich wütend, hätte Frost am liebsten geschüttelt, bis er zur Vernunft gekommen wäre, Grant eine verpasst und Jane in ihre Arme genommen. Leider war sie nicht in der Position, um in irgendeiner Art und Weise so zu handeln, sie musste sich zusammenreißen, wie eine Dozentin handeln. Jane war schon durch der Tür verschwunden, als Maura ihre ersten Worte sprach. Mauras Stimme zitterte, sie hatte große Mühe nicht auszurasten und Jane hinterherzulaufen. Sie zitierte Grant nach draußen, verdonnerte die Anderen zu einer Aufgabe aus dem Buch. Wortlos gingen sie zu ihrem Büro, Maura scannte unterbewusst die Flure nach Jane ab, doch sie konnte sie nirgends sehen. Für einen kurzen Moment hoffte sie, sie an ihrem Büro anzutreffen, oder in ihrem Sessel, nichts davon war der Fall. Grants Schultern bebten noch immer von seinem Wutausbruch, so hatte er es gar nicht geplant. Seine pochende Wange erinnerte ihn an seine Worte, an seine Bloßstellung und dem triefendem Hass. Die Stimme von Dr. Isles holte ihn aus seinen Gedanken zurück.

„Mister Grant! Hören Sie mir zu?! Was sollte das vorhin?", fragte Maura erbost. Grants Nackenhaare stellten sich beim Unterton seiner Dozentin auf, er schaffte es nicht diesen einzuordnen, aber irgendwie klang sie...verletzt? Aufgebracht? Grant war sich nicht sicher, aber er konnte sich auch gar nicht richtig darauf konzentrieren, er sah noch immer Janes verletzten Blick vor sich, die Scham, die Wut. Es nahm ihm jegliche Selbstzufriedenheit. „Sie hat danach gefragt", zischte er. Maura schüttelte den Kopf: „Mister Grant. Zum letzten Mal. Warum haben Sie das getan? Sie wissen, dass das Konsequenzen nach sich zieht, oder?" „Sie hat mich geschlagen! Was ist mit ihr?!", war alles was er sagte. Seufzend kreuzte Maura ihre Beine, versuchte ihre Anspannung zu kontrollieren: „Das geht Sie gerade nichts an, es geht hier um Sie. Kümmern Sie sich also nicht darum, welche Strafe Miss Rizzoli bekommt. Ich höre?" Grant straffte seine Schultern, wirkte für einen Moment fast schon einschüchternd auf Maura und ließ sich dann doch wieder sinken: „Sie macht alles kaputt. Sie spielt mit den Gefühlen ihrer Mitmenschen...irgendwann reicht es mir einfach. Ich gucke doch nicht zu, wie sie Frost das Herz bricht und sich an das nächstbeste Mädchen ranmacht um Frost wehzutun." Mauras durchdringender Blick brachte Grant zum Frösteln, Maura dagegen zitterte innerlich, schaffte es gerade nur so ihre kühle Fassade zu halten. „Was meinen Sie damit, Mister Grant?", sie formulierte die Frage nur vage, wollte mehr von Grant hören. „Jane macht auf jeder Party mit einem anderen Mädchen rum und der arme Frost steht daneben. Als ob sie nicht wusste was er fühlte! So blind kann niemand sein! Und...dann macht sie sich an mein Mädchen ran!", knurrte Grant und Maura seufzte innerlich auf. Sie ahnte was hier vor sich ging, Grants Ego war verletzt und das in doppelter Hinsicht. Seine nicht erwiderten Gefühle für Jane und das geheimnisvolle Mädchen, welche anscheinend Grants Herz erobert hatte. Sie kriegte nicht mehr aus ihm heraus, verdonnerte ihn zu Strafarbeit und Nachsitzen und freute sich darüber als er endlich aus ihrem Büro verschwand. Sie tippte eine Nachricht an Jane, im Hinterkopf immer noch Grants Worte. Maura fragte sich, ob Jane wirklich so drauf war, ob sie das auch weiterhin so handhaben würde. Ob es noch mehr Mädchen gab als Chloe und Becca...und wenn Maura auch nur eine von vielen war? Seufzend sank sie auf ihrem Stuhl zusammen, wartete auf das Vibrieren ihres Handys, doch es kam nicht. Maura nahm die Beine in die Hand, eilte durch die Flure der Universität, suchte an Orten wo sie Jane vermutete, doch sie fand sie nicht. Dafür entdeckte sie das rothaarige Mädchen aus der Cafeteria, Becca, das Mädchen welches Jane geküsst hatte. Schmerzhaft zog sich Mauras Herz zusammen, so etwas hatte sie noch nie gefühlt, es machte ihr Angst. Sie stand an den Spinden im Westflügel, diskutierte heftig mit einem Jungen, der zum Teil von einer Säule verdeckt wurde. Neugierig blieb Maura hinter der Tür stehen, beugte sich dabei weiter nach vorne, um besser sehen zu können was da vor sich ging. Es verschlug ihr fast die Sprache als sie erkannte, mit wem sie diskutierte. Seine leicht geschwollene Wange war mittlerweile rot-blau-gefärbt, aufgeregt gestikulierte er mit seinen Händen, woraufhin Becca einen Schritt vor Grant zurückwich. Er zog sie an ihren Schultern zurück zu sich, legte seine Arme zärtlich um ihren Körper. Was ging hier vor sich? Maura traute ihren Augen kaum, blinzelte einige Male um sicherzugehen, wirklich Grant und Becca Arm in Arm zu sehen. Das Bild wurde abgerundet durch einen Kuss auf die Wange des Mädchens, welche grinsend ihre Hände unter sein Shirt schob. Wut und Hass brodelte in Maura hoch, sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte zum Baseballfeld, der letzte Ort der ihr einfiel wo Jane sein könnte.

Jane hockte im strömenden Regen in der hintersten Ecke der Bänke. Sie suchte nicht den trockenen Schutz der Ränke, sie musste etwas spüren, ihre Tränen verdecken. In letzter Zeit hatte sie es viel zu oft zugelassen Schwäche zu zeigen, so untypisch Rizzoli. Jane konnte es nicht fassen, was da vorhin in der Vorlesung passiert war, wie Grant sie angebrüllt hatte. Von wem hatte er gesprochen und wieso das mit Frost? Frost...Wie konnte ihr bester Freund sich erst wegsetzen und dann dabei zusehen, wie Grant sie niedermachte? Sie bloßstellte und es sichtlich genoss? Und Maura...Maura...Die alles mitbekommen hatte und nun bestimmt unheimlich schlecht von ihr dachte. Janes Magen rebelliert und ihr Mageninhalt entleerte sich auf dem durchnässten Rasen. Kraftlos plumpste sie zu Boden und für einen Moment glaubte sie durch den ohrenbetäubenden Lärm des Regens ihren Namen zu hören.

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt