Kapitel 23 »« »« »«

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In mir machte sich ein unendlich warmes Gefühl breit. Alles um uns herum war perfekt. Die Lichter der Stadt glänzten in der Ferne und die Sonne war bald untergangen. Ich hätte noch ewig so mit John dastehen könnte, da legte er plötzlich seine Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich runter. Das nächste was ich spürte war ein Feuerwerk von Gefühlen und seine Lippen auf meinen. Ich legte ihm meine Arme um und zog ihn näher an mich. Der anfängliche Kuss ging einen gefühlvollen und leidenschaftlichen Zungenkuss über. Selten hatte ich so etwas gespürt.

Wir standen also auf dem Boot, während neben uns die Sonne unterging und langsam die Sterne zum Vorschein kamen. Es hätte nicht perfekter sein können.
Als wir uns von einander trennten lächelte mich John an. „Revanche ist herrlich.“ Ich lachte und küsste ihn gleich nochmal. Er war einfach perfekt. Der Kuss. Und John. Er war ein hervorragender Küsser.

Auf einmal wurde unser Boot in Schwanken versetzt. Anscheinend war irgendwo ein größerer Frachter vorbeikommen. Jedenfalls konnten wir uns nicht mehr halten und John fiel auf mich. Kichernd lagen wir auf dem Boden des Bootes und sahen einander in die Augen. Das hätte endlos so weiter gehen können. Doch ich hatte noch etwas vorbereitet. Ich stand auf und ging zu meinem Rucksack. Meine Geige. Vielleicht konnte ich John damit eine Freude machen. Er setzte sich hin und ich stellte mich mit dem Rücken zu ihm. Den blutroten Streifen, der den Horizont abgrenzte, dort wo die Sonne untergegangen war, sah ich direkt vor mir.
Als ich anfing zu spielen schloss ich jedoch die Augen. Meine Gefühle flossen in die Geige, dessen Saite ich glücklicherweise reparieren konnte.

Ich hatte diesen Tag schon länger geplant. Zumindest in Gedanken. Das wusste er nur nicht. Vermutlich hatte er nicht damit gerechnet, doch ich plante diesen Tag seit dem Moment auf dem Pausenhof, als er seine Hand auf meine Schulter legte und wir uns für einen Moment einfach ansahen. Seitdem wollte ich mit ihm hierher. Ich wusste es in meinem Herzen. Auch wenn ich all die Jahre abgestritten hatte, das ich zu menschlichen Regungen fähig wäre. John stimmte mich um. Und das hier war perfekt.

Trotzdem mussten wir langsam den Rückweg antreten. Die Sterne waren nun hell strahlend am Himmel erkennbar. Wir hatten morgen Schule. Ich wollte nicht, dass John etwas versäumt wegen mir. Also beendete ich mein Spiel und drehte mich zu ihm um, der klatschte und mich mit einem Strahlen im Gesicht ansah.

„Wir müssen zurück oder?“ Er klang irgendwie enttäuscht. „Morgen ist Schule John. Und wir müssen mit dem Rad nach Hause fahren.“ „Und dort hinten sieht es nach Regen aus, was meinst du?“ Er zeigte nach Osten und ich erschrak etwas. Der Wetterbericht hatte deutlich klaren Himmel gemeldet. „OK, dann müssen wir los.“ Ich legte meine Geige in meinen Rucksack zurück, startete den Motor und nahm Kurs auf dem Hafen. Direkt auf die Wolken zu. Man konnte sich eben doch nicht auf alles verlassen.

An Land angekommen half ich John zuerst aus dem Boot und sicherte es anschließend, damit es nicht davon trieb. John hatte ich als einzigen in mein kleines Geheimnis eingeweiht. Das ich beim Poker ein Boot gewonnen hatte, würden meine Eltern und Myc sicher nicht gut heißen. Und schon gar nicht, dass ich es von einem Kannibalen hatte.

Ich griff nach Johns Hand und wir rannten los zu unseren Fahrrädern. Ich musste mir etwas einfallen lassen, damit wir so wenig, wie möglich nass wurden. Also ging ich in meinen Gedächtnispalst. Die Finger an den Schläfen. Wo konnte man von hier nach Hause, oder zumindest durch die Stadt, ohne dass man nass wurde. Die U-Bahn! Ich schnallte meinen Rucksack fest und stieg auf. „Wir nehmen einen anderen Weg, ich kenne da eine Abkürzung.“ Eigentlich war es keine Abkürzung, es war gefährlich, aber trocken.

Da ich die Pläne der U-Bahn hier in und auswendig kannte war es ein leichtes die perfekte Route zu berechnen, wann wir über die Schienen fahren konnten, ohne das eine Bahn kam. Ich radelte voraus und sah immer mal hinter mich, ob John noch da war und dran bleiben konnte.

Es wurde immer dunkler. Die Sterne waren bereits von Wolken verdeckt. Ich fuhr die Schräge zur Station hinunter und hörte hinter mir nur ein „Sherlock warte!“ Ich blieb mitten dort stehen und sah ihn verwirrt an. Gab es ein Problem? „Was hast du vor! Da ist Strom drauf Sherlock!“ Das wusste ich, doch es war nur tödlich, wenn wir sie direkt berührten. Es war einfach Vorsicht geboten. „Komm einfach nicht auf die Schienen und es ist absolut sicher.“ Er fing an zu lachen. „Du Wahnsinniger.“ Dann folgte er mir.

Als wir aus dem Tunnel kamen war es gerade rechtzeitig. In zwei Minuten wäre die nächste Bahn gekommen. Es regnete in Strömen. Noch hatten wir uns untergestellt. Doch wir hatten keine andere Wahl, wir mussten da jetzt durch. „Bereit?“ Er nickte mir zu und ich schlug den Weg nach Hause ein. In London konnte man mich in irgendeiner Gasse aussetzen und ich konnte dich an den Ort lotsen, an den du wolltest. Ohne Navigation. Ich kannte diese Stadt wie meine Manteltasche.

Innerhalb weniger Minuten waren wir völlig durchnässt. Uns klebten die Kleider am Körper. Die Regentropfen rannen uns die Stirn hinunter. Ich fröstelte sogar etwas. Die Straße schaffte die Wassermassen kaum, die es vom Himmel runterregnete. Wir fuhren gewisser Maßen in einem Rinnsal.

Addicted to love - a Teenlock story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt