Mein Kopf brummt, als ich mich auf richtete und in die verstummen Gesichter sah, die vor mir saßen. Ich zwinkerte zwei drei mal, bis ich sie erkennen konnte. Mein Bruder Mycroft und dessen fester Freund Graham... oder so. Ich ordnete meine Gedanken. Wo war ich? Bakerstreet 221 B, das alte leerstehenden Backsteinhaus, indem die Junkies ihren Trip durchleben. Was hatte ich gemacht? Einen Trip durchlebt. Die Nadel lag noch immer neben mir. Mycroft schüttelte den Kopf. „... anscheinend bist du zu high um mir zu zuhören!" Das weckte mich aus meiner Starre. „Myc, was willst du hier?"
Ich stand noch etwas unbeholfen auf, während ich mich an der Wand festhielt und vergeblich mein Gleichgewicht suchte. Hätte ich es mal nicht getan, denn erst jetzt fiel mir auf, wie unsteril hier alles war. Selbst die Matratze auf der ich wohl gelegen habe war widerlich. „Sherlock... was hast du getan?" Er sah mir in die Augen und zog seine Augenbrauen zusammen, wie er es immer tat, wenn ich ihn enttäuscht hatte, während er mir unter die Arme griff und mich Richtung Tür schleppte. „Was macht der eigentlich hier?" Ich sah Mycrofts Freund finster an.
Er hatte noch nie jemanden mitgenommen, wenn er mich suchen gegangen war. „Hast du sie dabei?" Mycroft klang besorgt und genervt gleichzeitig. Natürlich hatte ich sie dabei, wie könnte ich sie nur vergessen. Die Liste. Ich löste mich aus dem festen Griff meines Bruders und holte den Zettel aus einer meiner Manteltaschen. Wir waren zwar erst ein paar Meter gelaufen, doch für mich fühlte es sich wie ein Marathon an. Meine Beine waren schwer wie Blei, ebenso wie der Rest meines Körpers. Aber vielleicht war ich zu eitel das zu zugeben und ließ mich deswegen nicht weiter von meinem älteren Bruder stützen. „Er ist hier, weil ich ihn dabei haben wollte Bruder Herz." Schonwieder Diese arrogante Tonlage. Ich musste lächeln.
Je weiter wir gingen, desto klarer wurde mein Blickfeld. Ich konnte die, mit Grafitti besprühten Wände, die Spritzen und deren Sklaven immer besser sehen. Als einer aufstand und mir auf die Schulter klopfte konnte ich merken, wie er eine seiner Spritzen in meine Manteltaschen steckte. Er nickte mir nur kurz zu und legte sich wieder hin. Wie abgemacht. Das konnte ich förmlich in seinem Blick sehen. Als wir an die Stelle kamen, wo die Tür eigentlich sein sollte lehnte ich mich kurz an den morschen Türrahmen. Erst jetzt fiel mir auf, dass es wirklich schrecklich stank in diesem Loch. Doch es war der einzige Ort, an dem ich ungestört war. „Wo bringst du ihn hin Myc?" Wow er machte mal den Mund auf. Interessant. Mein Bruder zögerte erst, er überlegte sicher, ob er mich nicht doch mal in eine Klinik fahren sollte. „Nach Hause Greg..." Ich ging weg vom Türrahmen und folgte den beiden die Treppe hinunter, nur halb so schnell, aber immerhin. Als ich den Namen hörte runzelte sich meine Stirn wie auf Knopfdruck. „Greg?" rief ich den beiden halb lallend hinterher und bereute es auf Anhieb, da Mycroft nun anscheinend doch wieder der Meinung war mich stützen zu müssen.
Außerhalb des Gebäudes wusste ich erst nicht ob es Nacht oder Tag war. Meine Augen hatten sich schon so an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich nichts sehen konnte. Tag. Eindeutig. Die dunkle Gasse, die ich gestern entlang gegangen war, erschien mir heute eher wie ein freundlicher Fußgängerweg. Auch, wenn ich es nicht sehen wollte, ich hatte ein Problem. Mycroft wusste das, und er war da, aber ich wollte das nie von ihm. Ich hatte das nie von ihm verlangt. Als ich stolperte und meinem Bruder beinahe weg gerutscht wäre, griff... verdammt... wie hieß er noch gleich..., nach meinem anderen Arm und stütze mich von der anderen Seite. Gott ich hasste es, so hilflos zu sein, hätte er noch eine oder zwei Stunden gewartet, wäre ich schon wieder voll fit.
Zu Hause angekommen erkannte ich einen Umzugswagen auf der anderen Seite der Straße. Zwar konnte ich niemanden sehen, doch ich hatte irgendwie ein merkwürdiges Gefühl in der Magengrube. Als Mycroft und... der andere mich nach drinnen hieften und die Treppe nach oben schafften konnte ich meine Augen kaum noch offen halten. Hatten sie sich unterhalten? Wie lange waren wir gelaufen? Keine Ahnung. Alles was ich wusste war, man zog mir Mantel und Schuhe aus, legte mich aufs Bett und deckte mich zu... doch der Umzugswagen blieb in meinem Gedächtnis hängen.
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Addicted to love - a Teenlock story
FanfictionAls John, dessen Vater vor einem Monat im Afghanistan Krieg gefallen war, mit seiner Mutter und Schwester nach London direkt gegenüber der Holmes' einzieht, wird der Junkie und hochfunktionale Soziopath auf ihn aufmerksam...