THIRTY-EIGHT

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Die Zeit schien zu rennen. Ich hatte mich kopfüber in meine Arbeit gestürzt, denn es lenkte mich ab, von dem was in meinem Kopf los war. Beim vertieften lesen, der wundervollen Geschichte passierte es nur manchmal, dass meine Gedanken abdrifteten und Szenen in meinem Kopf wiederbelebt wurden, die ich nicht sehen wollte. Aber ich schüttelte es ab, las weiter, korrigierte und bewertete.

So viel wie ich momentan an einem Tag arbeitete hatte ich die letzten Monate vielleicht in einer Woche geschafft. Und eigentlich war eine solche Produktivität etwas positives, aber nicht in dem Zusammenhang in dem sie stand.

Ich war fertig. Die letzten beiden Nächte konnte ich nicht schlafen, immer wieder rissen mich Albträume aus dem Schlaf und das klaffende Lock in meiner Fensterscheibe hielt mich davon ab wieder einzuschlafen. Meine Augen waren schwer, genau wie meine Finger und als ich bemerkte, dass meine Kollegen wie immer pünktlich ihren Arbeitsplatz räumten graute mir, dass auch ich nun gehen musste. Also packte ich meine Sachen zusammen, steckte meinen Laptop in die Tasche und stand auf. Ich winkte Danielle zum Abschied, die gerade in ein Telefonat vertieft war und lief dann aus dem Gebäude und über den Parkplatz bis zu meinem Auto. Wie paranoid sah ich mich dabei immer wieder um, als könnte Daniel plötzlich hinter mir stehen oder irgendwo auf mich lauern, das Gefühl hatte ich die letzten Tage fast durchgehend gehabt. Vielleicht wünschte sich das aber auch ein Stück in mir.

Ich startete den Motor, schüttelte den Kopf und ließ das Radio laufen, laut, um meine Gedanken zu übertönen und etwas zu haben auf das ich mich konzentrieren konnte. Ich fühlte mich kraftlos und leer, wusste nicht wohin mit mir und wollte mich eigentlich nur ins Bett schmeißen und schlafen während ich es doch nicht wollte. Ich wollte alles und nichts. Ich wollte, dass dieser Albtraum endlich ein Ende nahm und ich glücklich aufwachte. Aber zu oft hatte ich mich nun schon gekniffen. Es war kein Traum.

Ich parkte vor dem Haus angekommen und als ich die Eingangstür öffnete viel mir überrascht auf, dass der Fahrstuhl repariert war. Etwas zögerlich drückte ich den Knopf und wartete bis der kleine, schwebende Raum mich abholte. Na zumindest hatte dieser Tag eine gute Sache zu bieten.

Im zweiten Stockwerk angekommen, zückte ich meine Schlüssel, schloss die Tür auf und kickte die Schuhe von meinen Füßen. Ich ließ meine Tasche zu Boden gleiten und wollte gerade in die Küche gehen um mir einen Kaffee zu brühen um mich wach zu halten, da nahm ich eine Gestalt in meinem Wohnzimmer war. Ich wollte nicht stehen bleiben, tat es aber trotzdem.

Einige Sekunden sah ich ihn einfach nur an, war mir nicht sicher ob er wirklich hier war oder mir mein Gehirn zusammen mit meiner Müdigkeit einen Streich spielen wollten. Erst als er aufstand und sich ein paar Schritte auf mich zu bewegte, wusste ich, dass es echt war.

Ich hob meine Hand um ihm anzuweisen, dass er stehen bleiben sollte, ich wollte nicht, dass er mir noch näher kam ,,Wie bist du...?'' Doch ich brauchte meine Frage nicht zu Ende stellen. Der Zweitschlüssel, war die Antwort. Er wusste wo er war, ich brauchte offensichtlich ein neues Versteck.

,,Was willst du hier?'' Meine Kehle war trocken, meine Hände zitterten, ich hatte Angst wieder anzufangen zu weinen, doch in meinen Augen rührte sich nichts. Vielleicht war ich taub geworden, vielleicht fühlte ich einfach nichts.

,,Ich muss dir das alles erklären, Cassi. Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen, ich...'' er hob seine Hände als wüsste er nicht was er sagen sollte. Mir kam es gelegen, denn ich wollte kein weiteres Wort von ihm hören, alles was ich hören musste, wusste ich bereits.

,,Das hast du bereits.'' Entgegnete ich ihm und meine Gedanken rasten zurück zu dem Haus, zu der Frau die mein Kleid getragen hatte, zu dem Moment in dem er mich hatte gehen lassen ,,Geh, bitte.'' Forderte ich ihn dann auf, meine Stimme blieb ruhig.

,,Nein, Cassi, gib mir diese eine Chance es dir zu erklären.'' Bettelte er förmlich und es kam mir fast schon ironisch vor, dass er dabei auf mich herunter sehen musste. Eigentlich hätte es mir in dieser Situation besser gestanden.

,,Geh.'' Ich sah ihm an, dass er nach Worten suchte, irgendetwas das mich umstimmen würde, aber ihm war genauso bewusst wie mir, dass es nichts gab. Also standen wir für einige Sekunden die sich hinzogen wie Stunden einfach nur da und sahen uns an und atmeten und existierten. Was war bloß in dieser kurzen Zeit aus uns geworden? Doch ich sagte nichts, ich raffte mich auf und stellte mich zur Seite um ihm den Weg zur Haustür frei zu machen.

,,Cassi-'' setzte er noch einmal an doch ich wurde diesmal etwas härter und lauter ,,Geh!'' Und entgegen meiner Erwartung ging er wie ich es von ihm wollte. Und als er weg war lief ich in mein Zimmer und sah ihm dabei zu wie er die Straße herunter lief und versuchte meinen schnellen Atem unter Kontrolle zu bringen während ich nicht wusste was ich denken oder fühlen sollte.

Das war's, hallte es in meinem Kopf, den ich nur sanft begann zu schütteln. Ich wusste nicht was es war, vielleicht Intuition oder einfach nur ein kleines Gefühl in meiner Magengegend was mir leise zuflüsterte.

Das war's noch lange nicht.

This damn green hoodie *Daniel Seavey*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt