Tiefe Augenringe lagen auf Lan WangJis bleichem Gesicht. Er war Tage und nächtelang ohne Pause gewandert, nur einen Gedanken im Kopf: Wei WuXian wiedersehen. Endlich in seine Arme einsinken, ob mit guten oder schlechten Nachrichten. Die Lücke in seinem Herzen endlich wieder schließen.
Die Vorstellung von Hochzeit war in weite Ferne gerückt.
Lan WangJis Körper bewegte sich jedoch längst nicht mehr so schnell, wie zu Anfang der Reise. Nachdem Jin Ling ihn gerettet hatte, war er der Meinung gewesen ihm ginge es besser. Seinen Irrtum bemerkte er erst, als er dem nächsten Ortschild begegnete.
„Yiling!", rief er, Verzweiflung ergriff ihn. Er vergrub den Kopf in den Händen, rieb sich die Augen, doch noch immer zeigte der Pfeil nach Yiling.
Er hatte sich scheinbar so schleppend langsam fortbewegt, dass nicht einmal die Hälfte des Weges hinter ihm lag. Er versuchte sich zu beruhigen, seine letzte Kraft nicht darauf zu verwenden gegen den nächsten Baumstamm zu schlagen, denn danach wäre ihm gewesen.
Mit knirschenden Zähnen stapfte er zum Stadttor von Yiling, doch dieses Mal schien ihn niemand zu erkennen. Sein Gesicht war gezeichnet von Schmutz, sein Haar zerzaust. Er fühlte sich grauenvoll so unter Menschen zu müssen, doch er war gezwungen den Marktplatz zu überqueren, es gab keine Alternativroute.
Er holte ein Tuch aus dem Ärmel und band es sich um Nase und Mund. So sah er aus wie ein verwegener Landstreicher und konnte sichergehen, dass ihn tatsächlich niemand erkannte. Nicht auszudenken, was man über HanGuang Jun in einem solchen Aufzug gesagt hätte... Er war doch einer der beiden Zwillings Jaden, sozusagen ein Prinz Gusus.
Er fühlte seit Tagen ein unsägliches Brennen in seiner Brust, das keine Sekunde nachgelassen hatte. Mittlerweile war es übermächtig, er konnte fast keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er spürte, dass er verrückt werden würde, wenn er nicht bald etwas dagegen unternahm. Wei WuXian war noch immer so quälend weit weg und seine Selbstbeherrschung bis zum letzten Tropfen ausgezehrt. Ein anderer schien sich seiner bemächtigt zu haben, ein Lan WangJi, den die Welt bisher nicht kannte. Er war derjenige, der ihn dazu bewegte dicht an den Ständen der Händler vorbei zu gehen, auf der Suche nach etwas Bestimmtem.
Der Mann mit dem Hut... wo ist nur der Mann mit dem Hut...?
Lan WangJi empfand ein heißes Kribbeln, als er ihn endlich erblickte. Dort stand er, genau wie letztes Mal, verschleiert in schwarz, ein unsichtbares Grinsen auf seinen Lippen. Die Umgebung schien fahl und er wie ein Todeschatten, die bunten, grotesken Skulpturen vor ihm auf dem Tisch bildeten die einzigen Farbkleckse weit und breit, beinahe zu grell für das Auge.
Mit zitternden Schritten ging Lan WangJi auf ihn zu. Es gab kein Zurück mehr. Der Mann hatte ihn längst bemerkt. Wieder begann er mit der alten Leier.
„Junger Herr, seid Ihr auf der Suche nach einem Geschenk für Eure Frau? Dann habe ich gewiss das richtige für Euch."
Lan WangJi war wie paralysiert, er hörte durch die Worte des Verkäufers hindurch und deutete auf eine violette Skulptur. Niemand, nicht einmal Wei WuXian, wusste, dass Lila Lan WangJis Lieblingsfarbe war. Dafür gab es einen heimlichen Grund... denn Wei WuXians Farbe war rot und seine blau. Wenn man beides vermischte, erhielt man Violett. Diese Vorstellung fand er romantisch und so wählte er auch in diesem Moment unterbewusst diese Farbe.
„Oh, eine gute Wahl", schnurrte die Stimme des Verkäufers. Er nahm das merkwürdige Objekt vom Tisch, um es seinem Kunden aus allen möglichen Blickwinkeln zu zeigen. Es war einigermaßen groß, doch nicht zu gewaltig, die Unterseite breit, zur Spitze schmäler werdend. Seine Oberfläche bestand aus einem glatten, harten Material, das womöglich aus dem Stein eines Bergkristalls geformt war. Der Verkäufer wollte gerade beginnen in ausschweifenden Metaphern über seine besondere Form zu erzählen, da riss Lan WangJi es ihm aus der Hand und drückte ein paar Goldmünzen in seine Hand.
Der Mann senkte überrascht den Blick. Dort lag weitaus mehr, als er verlangte, doch als er wieder aufblickte war Lan WangJi bereits verschwunden.
Die Skulptur lag in Lan WangJis Ärmel, versteckt vor allen Augen, die ihn nun zu verfolgen schienen. Die Arme vor der Brust verschränkt, betastete seine rechte Hand die abgerundete Oberfläche, die sich sogleich seiner Körperwärme anpasste.
Er floh regelrecht aus Yiling. Sein Kopf war ein schreckliches Chaos, sein Puls ein tosendes Rauschen. Als er den Wald betrat begann es zu schütten. Er zitterte vor Kälte und Hitze zugleich. Er konnte es nicht abwarten tiefer in den Wald einzudringen, dorthin wo es dunkel und menschenleer war. Als die Bäume dichter wurden verließ er den Weg.
Er stapfte durch den abgetauten Schnee über braunes Moos und fand plötzlich einen verlassenen Schrein. Er war halb mit der Natur verwachsen und von Lianen umschlungen. Er blickte sich hastig nach allen Seiten um. Es war unsagbar still hier, nur der prasselnde Regen rauschte im tiefen Innern des Waldes.
Hastig löste er die Schlaufe seines Gürtels und kniete sich vor dem Schrein ins feuchte Laub. Er hätte keine Sekunde länger warten können. Ungeduldig holte er die Skulptur aus dem Ärmel und zog seinen Rock herunter. Er spuckte sich in die Hand und ließ sie zwischen seine Beine gleiten. Seine Wangen glühten, seine Lippen öffneten sich, als er die Hüfte auf das fremde Objekt niedersinken ließ. Er warf den Kopf in den Nacken und schluchzte, als es in ihn eindrang, gleichzeitig legte sich seine rechte Hand um seine längst vollständig geschwollene Erektion. Dann verabschiedete sich die Realität.
Er spürte Finger zwischen seine Lippen dringen und streichelte sie mit seiner Zunge.
„Mhhh... Zhan Zhan, guter Junge...", murmelte Wei WuXian.
In seiner Fantasie stand Wei WuXian nackt vor ihm und näherte sich, Tropfen, die aus seinem Penis austraten, träufelten auf Lan WangJis Gesicht. Er führte Lan WangJis Lippen sanft dorthin, wo es ihm gefiel. Lan WangJi öffnete den Mund und ließ ihn eindringen. Nur ein Stoß und er hatte Lan WangJis Mundhöhle ganz ausgefüllt. Lan WangJis Ohren glühten, seine Augen waren geschlossen, er bewegte den Kopf vor und zurück, während Wei WuXian sein Haar streichelte. „Gut machst du das, Gege... willst du noch mehr?"
Lan WangJi ließ keuchend von Wei WuXian ab und wollte die Arme um seinen Nacken schlingen, doch im gleichen Moment schnappten kalte metallische Schienen um seine Hand- und Fußgelenke zu.
„W-Was... geschieht hier...? Wei Ying!"
Ein Anflug von Angst mischte sich unter Lan WangJis Lust. Plötzlich schien sich Wei WuXian zu entfernen. Er stand zwar vor ihm, doch wurde immer kleiner und kleiner.
„Wei Ying, wo gehst du hin?! K-Komm zurück!"
Stattdessen schossen unbekannte violette Schlangenwesen aus der Dunkelheit. Zuerst nur eines, dann drei, dann fünf, dann zehn, bis Lan WangJi nur noch Violett sah. Er rüttelte und zerrte an den Fesseln, doch sie öffneten sich nicht.
Er versuchte sich zu konzentrieren, doch seine spirituelle Energie ließ sich nicht abrufen und die befremdlichen Riesenschlangen kamen immer näher und wandten ihre blinden Köpfe in seine Richtung als versuchten sie ihn anzusehen.
Er bebte vor Angst, denn er konnte nichts tun, um ihnen zu entkommen. Kaum hatte er sich versehen, kam eine Schlange auf ihn zu geschossen und schloss sich eng um seinen Hals, sodass er kaum noch Luft bekam. Sie drückte immer weiter zu, bis sein Gesicht rot anlief und Tränen aus seinen Augen hervortraten.
„W...W-Wei... Y...!"
Gerade als ihm schwarz vor Augen wurde schoss eine andere Schlange aus dem Nichts, diese kam von unten, genauso blitzschnell wie die andere. Sie drängte sich unbarmherzig zwischen seine Beine und binnen weniger Sekunden war sie so tief und schmerzvoll in ihn eingedrungen, dass er das Gefühl hatte sie würde seine Eingeweide zertrümmern.
Sie war dick und lang, zu lang, als dass ein Mensch es jemals hätte ertragen können. Er fühlte wie sich eine fremde Energie in ihm ausdehnte, die alles in ihm zerstören und abtöten wollte.
Im Traum verlor er das Bewusstsein und auch sein Körper in der Wirklichkeit schien alle Kraft verloren zu haben. Er lag leblos am Boden des Schreines, der Regen nieselte weiter leise vor sich hin, doch die violette Skulptur war verschwunden.
Als Jiang Cheng und Jin Ling in Yiling eintrafen war die Stadt ein sumpfiges, dichtes Nebelgebilde. Ihre Gewänder fühlten sich klamm an, ihre Haare strähnig vom Regen. Dennoch herrschte auf den Straßen reger Betrieb.
„Onkel, es ist nun fast neun, können wir uns nicht erst mal eine Unterkunft suchen? Mir ist kalt und ich habe ein Loch im Magen...!", nörgelte Jin Ling, der einige Meter hinter Jiang Cheng herlief und versuchte mit ihm Schritt zu halten.
Sie hielten diese Geschwindigkeit bereits seit einigen Stunden, nur so waren sie so schnell in Yiling eingetroffen. Jiang Chengs Kampfgeist schien ungebrochen.
„Hör auf zu jammern", raunte er, während seine Augen die Umgebung absuchten. „Du benimmst dich wie ein Mädchen! Wie willst du eines Tages ein guter Kultivist werden, wenn dich ein einfacher Fußmarsch und ein Bisschen Hunger schon in die Knie zwingen?! Ich habe Kriegszeiten erlebt, dagegen ist das hier ein Witz!"
„Ich bin ein guter Kultivist, aber... einer mit Hunger!"
„Wir ruhen erst, wenn wir WangJi gefunden haben, das ist mein letztes Wort!"
Jin Ling seufzte. Er wusste, dass es keinen Sinn machte seinen Onkel weiter überreden zu wollen.
Jiang Chengs Reue saß tief, doch noch tiefer saß die Angst Lan WangJi könne etwas zugestoßen sein. Jin Ling hatte ihn in einem Zustand verlassen, der ihm große Sorgen bereitete. Er sah die Verantwortung dafür allein bei sich.
Wäre ich nicht auf ihn los gegangen, hätte er nicht die Flucht ergriffen...! Hätte ich sein Kaninchen nicht getötet, würde er mich jetzt nicht hassen...!
Ich muss ihn finden, mich überzeugen, dass es ihm gut geht. Mich für alles entschuldigen, was ich getan habe, erst dann kann ich wieder ruhig schlafen.
Da begegneten Jiang Chengs Augen einem merkwürdig verschleierten Mann. Er trug einen großen Hut und sprach gerade mit zwei Kunden, die auffällig kicherten.
„Wo willst du hin, Onkel? Wir wollen doch jetzt kein Souvenir kaufen! Lass uns weitergehen, bevor es dunkel wird und wir gar nichts mehr-!"
„Sei still!", zischte Jiang Cheng und legte die Hand auf Jin Lings Mund. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verdunkelt. Langsam näherten sie sich dem Händler. Jiang Cheng schien sein Gespräch belauschen zu wollen.
Als er die Stimme des Mannes hörte, eine unverkennbare Stimme, ballten sich seine Fäuste. Zidian versprühte Funken unter seinem Ärmel.
„Was ist?! Was hast du, Onkel?!", fragte Jin Ling, der Jiang Chengs merkwürdige Verhaltensänderung bemerkte.
„Dieser Halunke...!"
„... und wenn Ihr noch mehr Spaß haben wollt, meine teuerste, nehmt ihr dieses Modell! Es wurde speziell für den täglichen Gebrauch angefertigt und der Preis ist günstig."
„Ich weiß nicht, ob ich etwas so Unanständiges kaufen sollte...!" Die Frauen kicherten wieder.
„Sei nicht so schüchtern A-Chen, du bist doch längst kein unbeschriebenes Blatt mehr...!"
Wenngleich das Gesicht des Verkäufers fast vollständig verschleiert war, so kannte Jiang Cheng diese schwingende, scheinbar warm klingende Stimme in und auswendig. Bei den meisten Menschen erweckte sie Vertrauen, bei ihm jedoch stellten sich die Nackenhaare auf.
Auch seine Augen waren unverkennbar, mit Kohle umrandet, die Iris bernsteinbraun mit einem merkwürdigen Einschlag von etwas, das fast rot erschien. Dichte schwarze Augenbrauen schauten unter dem Ansatz des Hutes hervor. Es gab keinen Zweifel.
Jiang Cheng wartete brodelnd auf den richtigen Moment. „Du wirst jetzt zu ihm gehen, Jin Ling, und ihm ein paar Fragen über seine komischen Figuren stellen! Versuch ihn dazu zu bringen seinen Stand zu verlassen. Ich werde euch folgen!"
„Was ich?! Warum soll ich das denn machen?! Ich will keines von diesen abartigen Dingern... Sind es nicht... Dinger zur Selbstbefriedigung von Frauen? Das ist ekelhaft, Onkel, ich würde nie-!"
Jiang Cheng packte ihn am Kragen und funkelte ihn zornig an. „Du tust, was ich dir sage, sonst...!"
Er stieß ihn vor die Theke des Händlers und so stand Jin Ling neben den beiden Frauen, die Wangen hochrot.
„Junger Mann?", fragte der schwarz gekleidete Mann, ein hörbares Grinsen auf den Lippen. Jin Ling musste sich schnell etwas ausdenken.
„I-Ich... suche etwas ganz Bestimmtes, a-aber ich fürchte es ist noch nicht unter den Modellen, die ich hier sehe...!"
Der Verkäufer betrachtete Jin Lings verunsicherte Gestalt. „Welche Eigenschaften wünscht Ihr Euch denn?"
„Oh – ah!" Er blickte hilfesuchend zu Jiang Cheng, der jedoch so tat als würde er sich die Waren des danebenstehenden Händlers ansehen. „Es sollte etwas größer sein u-und hart natürlich – nicht zu hart, weil... naja ihr wisst schon und..."
In Windeseile untersuchte er die auf dem Tisch aufgereihten Farben. Es gab eine silberne Skulptur. Wenn es eine silberne gab musste es auch eine goldene geben, schlussfolgerte er. Wenn sie ausverkauft wäre, müsste der Händler in seinem Bestand nachsehen.
„I-Ich denke ich hätte gern etwas Goldenes! Ha-habt Ihr sowas!?"
Die Mädchen kicherten über sein Gestammel. Jin Ling wollte im Boden versinken. Er hoffte, dass sich seine Blamage lohnte.
„Junger Herr", sagte der Verkäufer, ein Lachen kam unter seinem Schleier hervor. Er legte sogar die Hand auf Jin Lings Schulter und raunte mit leiser Stimme: „Ihr müsst Euch nicht schämen. Es ist schon häufiger vorgekommen, dass Männer etwas für sich selbst gekauft haben. Kluge Männer, die sich vor den wahren Freuden des Lebens nicht scheuen. Man ist nicht automatisch ein Ärmelabschneider, wenn man auf gewisse Dinge steht, Ihr wisst was ich meine..."
Jin Ling presste die Augen zusammen und wünschte sich im Erdboden zu versinken. „K-Könnt Ihr mich vielleicht in Euer Lager führen und... und ein goldenes Ding...! Ich flehe Euch an...!"
Der Verkäufer überlegte. „Normalerweise führe ich niemandem zu meinem Lager.", sagte er. „aber da Ihr mich so anfleht... mein Herz müsste aus Stein sein einen verzweifelten Jungen zurückzuweisen."
Selbst Jin Ling hörte, dass sich ein bestimmtes Vorhaben hinter diesen Worten versteckte, eine Idee, die in Sekundenschnelle entstanden war.
Wer ist dieser Mann?!
Er stellte ein „Vorübergehend Geschlossen"-Schild auf und wies Jin Ling an ihm zu folgen.
Sie entfernten sich vom Marktplatz und bogen in eine schmale Seitenstraße ein. Jin Ling lief dicht hinter ihm, seine Augen auf den langen schwarzen Schleier gerichtet, der wie ein Tuschegemälde mit seiner restlichen Kleidung verschwamm. Zum Glück drehte er sich nicht um, denn Jiang Cheng huschte, nicht weit entfernt, von Hauswand zu Hauswand.
Es ist eine Falle... Jin Ling lockt ihn in einen Hinterhalt, doch er glaubt er würde Jin Ling in einen Hinterhalt locken, dachte Jiang Cheng.
Von weitem beobachtete er nun, wie der Mann mit seinem Neffen in eine kleine Holzhütte verschwand. Er schlich näher und drückte das Ohr gegen die Tür.
Das Haus war ein Lagerraum. In rechteckigen Bastkörben befanden sich weitere Skulpturen. Jin Ling blickte sich um. Merkwürdige Gläser mit grünen und blauen Flüssigkeiten standen auf dunklen Tischen. Wenn ihn nicht alles täuschte waren dies Zusätze für alchemistische Getränke...
Bevor Jin Ling etwas sagen konnte, schlang sich der Arm des Mannes um seinen Hals, seine Hand legte sich auf Jin Lings Mund und unterdrückte seinen Aufschrei.
„Ganz ruhig", sagte die sanfte Stimme hinter ihm, nun klang sie seltsam bedrohlich. „Wenn du mir sagst, was du hier willst, werde ich dir nichts tun..."
Das war Jiang Chengs Zeichen. Er stieß die Tür mit der Schulter auf und sie öffnete sich mit einem lauten Knall. Der Mann fuhr herum, Jin Ling in seinen Fängen. Seine schwarzroten Augen trafen in Jiang Chengs.
„Lass ihn los!" Zidians Peitsche zuckte.
„Jiang Wanyin, welch ein Zufall", grinste er. „Ich dachte mir schon du könntest nicht weit sein, wenn dieser Junge hier herumspaziert. Ein schrecklich durchschaubarer Plan mich durch ihn ablenken zu wollen..."
Jiang Cheng fackelte nicht lang, er sprang auf einen der Tische hinter dem Händler. Seine schweren Stiefel brachten die Gläser zu Fall und sie zerbrachen klirrend am Boden. Zidian traf von hinten auf seinen Rücken und sein Griff um Jin Lings Körper lockerte sich.
Jin Ling kam frei und zog sein Schwert, doch der Mann brauchte nicht lang, um sich von Zidians Hieb zu erholen.
„Du wagst es deine schmutzigen Geschäfte hier zu vollziehen, Xue Yang! Habe ich dich nicht bereits aus Yunmeng vertrieben und nun treibst du dein Unwesen in Yiling?!"
Xue Yang, durchschaut und enttarnt, löste den unbequemen Schleier von seinem Gesicht. Als er den Hut in die Ecke warf, kam ein bleiches Gesicht mit scharlachroten Lippen zum Vorschein. Sein Haar war zu einem Zopf gebunden, an seiner Haarspange schimmerte ein silberner Totenschädel.
„Ist dies nicht das Herrschaftsgebiet eines anderen Clans? Du solltest dich besser raushalten, Jiang Wanyin. Du hast ohnehin keinen guten Ruf bei den anderen Clans, willst du es noch weiter verschlimmern?"
Jiang Cheng zog Sandu aus seiner Klinge und legte es an Xue Yangs Hals. „Sag mir sofort was du vorhast! Was sind diese Dinger und was tun sie mit den Menschen?!"
Xue Yang wirkte ruhig, sogar ein wenig amüsiert. „Wie nett, dass du dich für mein Handwerk interessierst. Es ist faszinierend, nicht wahr? Die Leute sind so einfältig, man glaubt es kaum! Sie wollen ihre niederen Bedürfnisse befriedigen und kaufen meine kleinen Spielzeuge in Massen, doch sie wissen nicht, was eigentlich mit ihnen geschieht, sobald ihre Haut erstmal in Kontakt damit kommt...!"
Jiang Cheng starrte ihn entsetzt an. „Raus mit der Sprache, was geschieht mit ihnen?!"
Xue Yangs Grinsen wurde breiter und bösartiger. „Zuerst wird es sich gut anfühlen, besser als alles, was sie je empfunden haben... Ihre Freuden werden sie davon ablenken, dass meine Kreatur von ihnen Besitz ergreift. Langsam, aber sicher wird sie sich in ihre Eingeweide fressen, bis der ganze Körper befallen ist. Wir zapfen ihre Lebensenergie ab und pressen sie aus wie Zitronen. Wenn sie erst gestorben sind werden sie auferstehen, in Form von Geistermarionetten, stärker und bedrohlicher, als alle je dagewesenen... doch das Beste ist" Yue Yang näherte sich Jiang Chengs Gesicht und flüsterte: „bei Kultivisten wird auch der goldener Kern gefressen..."
„Du elender Teufel!"
Jiang Cheng wollte Sandu nun zustechen lassen und Xue Yangs Dasein endlich ein Ende bereiten, da breitete sich die rote Farbe in Xue Yangs Augen aus, bis sie hell leuchteten, und auf einmal konnte sich Jiang Cheng nicht mehr bewegen. Sein Körper war wie eingefroren, während sich Xue Yang, von einer unerklärlichen Macht ergriffen, vom Boden erhob und mit rasender Geschwindigkeit zur Decke hinaufschoss.
„Ihr könnt mich nicht aufhalten!", lachte er. „Niemand kann das!"
Das Gebälk der Hütte krachte. Bretter fielen zu Boden und Putz bröckelte auf sie nieder. Jin Ling duckte sich und hielt sich die Hände über den Kopf. Beide blickten nach oben. Ein Loch befand sich in der Mitte des Daches. Xue Yang war entkommen.
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The Secret
FanfictionAls Wei WuXian um Lan WangJis Hand anhält, steht die Welt der Kultivierung Kopf. Um Jiang Cheng zu überzeugen, macht sich Lan WangJi auf eine beschwerliche Reise am Rande von Leben und Tod...