Provokation

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Wei WuXians Kopf sank immer tiefer in seine Hand, bis er schließlich einnickte. Alle waren so sehr in ihre Diskussionen vertieft, dass sie es zuerst nicht bemerkten, doch als ein leises Schnarchen sich unter Jin GuangYaos Worte mischte, hielten sie empört den Atem an. Plötzlich starrten alle fünfzig Anwesenden, die den Koi Turm füllten, in seine Richtung.

Lan XiChen, der neben ihm saß, stieß hastig den Ellenbogen in seine Seite und schreckte ihn auf.

„Was? Lan Zhan? Ist es wieder fünf Uhr?"

Su She verdrehte die Augen, doch Jin ZiXun war derjenige, der sich nicht zusammenreißen konnte und aufsprang.

„Meister Jin! Wozu haben wir diesen Nichtsnutz eingeladen? Er hört doch sowieso nicht zu!", rief er wütend, während Wei WuXian sich noch die Augen rieb.

„Ich würde ja zuhören, leider sind Eure Themen soooo langweilig! Wollten wir nicht über die Bedrohung an den Grabhügeln reden? Stattdessen schweift Euer Gespräch immer wieder zu Belanglosigkeiten ab... Weckt mich, wenn Ihr wieder über die Grabhügel sprecht..." Er wollte gerade die Arme auf dem Tisch ausbreiten und den Kopf darauf niedersinken lassen, da verlor Jin ZiXun die Geduld und packte ihn am Kragen.

„Langweilig?! Wir MÜSSEN diese Dinge diskutieren, Wei WuXian! Es sind all diese Kleinigkeiten, die letztendlich das neue Verderben der Grabhügel heraufbeschworen haben! Wollt Ihr das nicht begreifen?! Jedes Detail ist wichtig!"

Wei WuXian gähnte. „Nicht eines davon. Gute Nacht!"

Jin ZiXuns Faust zuckte, doch Jin GuangYao ging dazwischen. Mit gefasstem Gesicht legte er eine Hand auf Jin ZiXuns Schulter. Mit kühler Besonnenheit brachte er ihn dazu von Wei WuXian Abstand zu halten. Während sich Jin ZiXun schnaufend einige Schritte zurückzog, trat Jin GuangYao näher. Sein Blick senkte sich auf Wei WuXians Haarschopf.

„Wenn Ihr eine Ahnung habt, Wei WuXian, teilt sie mit uns." Daraufhin hob Wei WuXian den Kopf.

„Es ist ganz einfach", sagte Wei WuXian. „Die Grabhügel sind seit jeher verflucht, eine starke, böse Energie umgibt sie. Monster fühlen sich von ihr angezogen, mehr als alles andere. Dem muss kein Tiger Yin Siegel zugrunde liegen, also macht Euch keine Sorgen. Geschöpfe versammeln sich hin und wieder an mächtigen, dunklen Orten, das liegt in ihrer Natur. Ich könnte sie einfach herauslocken, wir bekämpfen sie und fertig."

„Wei WuXian, Ihr seid so arrogant!", rief Su She plötzlich. „Ihr tut so, als wäre das alles ein Kinderspiel! Wir reden hier nicht von zehn Ghulen! Es sind vielleicht zehntausende!"

"Na und?"

Su She, Su She. Du ewige Kopie Han GuangJun's. Nichts hast du von ihm. Ein arroganter Aufschneider bist du und ich habe keine von den Wunden vergessen, die du Lan Zhan zugefügt hast.

Dunkelheit legte sich auf Wei WuXians Gesicht.

All die Jahre... und die Leute haben immer noch nicht gelernt, dass es besser ist sich nicht mit mir anzulegen...

„...als wäre ich nicht mit viel mehr Ghulen fertig geworden", fuhr Wei WuXian fort. "Im Gegensatz zu Euch weiß ich wie man mit einer spirituellen Waffe umgeht... Seien wir ehrlich, Ihr werdet immer nur eine billige Nachahmung von HanGuang Jun sein."

„Besser HanGuang Jun's Nachahmung, als seine Konkubine!"

Wei WuXians Augenbrauen zogen sich zusammen, er stemmte die Hände in die Hüften und lachte.

„Lassen wir uns nun also auf dieses Nivea herab, Su She...", sagte er kopfschüttelnd. „Glaubst du ich schäme mich dafür? Willst du Details? Willst du wissen, wie er mich jede Nacht ins Laken drückt und mich hart und leidenschaftlich nimmt?"

Alle Anwesenden bissen sich beschämt auf die Lippen, während Wei WuXian die Arme vor der Brust verschränkte.

„Was schaut ihr alle so? Hat es euch die Sprache verschlagen, dass ich ein Ärmelabschneider bin? Pfft!" Er lachte. „Kerle wie du, die glauben sie könnten so etwas gegen mich verwenden sind in meinen Augen lächerlich."

Er strich sich durchs Haar und ging zur Tür.

„Ich verschwinde", sagte er, warf einen letzten Blick in die Runde. „Ein paar Guhle warten auf mich. Außerdem will ich rechtzeitig zuhause sein, damit ich meinem Zhan-Zhan noch ein kleines Geschenk basteln kann... Die Ärmelabschneider werden nämlich bald heiraten."

Er warf ein gehässiges Grinsen in ihre Gesichter und ließ die Schiebetür zuknallen.


Sein Verschwinden hinterließ ein erschrockenes Schweigen, dann ein leises Tuscheln. Lan XiChen war bleich. Geistesabwesend tupfte er sich winzig kleine Schweißtropfen von der Stirn, denn nun richtete man sich ausgerechnet an ihn. Plötzlich hatte das Krisengespräch eine ganz andere Richtung angenommen.

„Zewu Jun, was meinte er? Wird es tatsächlich eine solche Hochzeit geben...?"

„Natürlich nicht, er muss einen Witz gemacht haben! Wei WuXian hatte schon immer einen schwarzen Humor, keiner würde einem solchen Unsinn zustimmen, habe ich recht, Clan Führer?" Bei diesen Worten fuhr Lan XiChen auf, er war der nächste, der den Raum verließ.

Draußen hielt er sich an einer Säule fest, um durchzuatmen.

Jin GuangYao musste einsehen, dass das Bankett im Anbetracht der aktuellen Situation keinen Sinn mehr machte.

Die Mitglieder waren aufgewühlt, ihre Konzentration gestört und zu keinem sinnigen Resultat mehr fähig. Er klatschte in die Hände, um die allgemeine Aufmerksamkeit zurück zu erlangen.

„Lasst uns die Sitzung auf morgen früh vertagen." Nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte zerstreuten sich die Kultivierenden in alle Himmelsrichtungen.

Das Innere des Koi Turms leerte sich und so ging Jin GuangYao nach draußen zu Lan XiChen.

Er trat vorsichtig neben ihn und sagte zuerst nichts. Er ließ Lan XiChen sich an seine Anwesenheit gewöhnen.

„Es war tapfer einer solchen Sache zuzustimmen, XiChen", sagte er allmählich. Lan XiChen hob verwundert den Kopf.

„Woher wusstest du...?"

„Deine Reaktion.", entgegnete Jin GuangYao.

„Du kennst mich wirklich gut..."

„Wahrscheinlich hast du die Konsequenzen bereits abgeschätzt, aber..."

„Ich weiß, dass es ein großes Wagnis ist... Ich wurde gerade daran erinnert, Yao-Didi"

Lan XiChen blickte hinauf zum runden Mond.

„... Im Anbetracht der Geschehnisse wird es dir schwerfallen mir zu glauben, doch Wei Ying hat sich in letzter Zeit sehr gut benommen... Ich weiß nicht was ihn gefahren ist, es muss WangJis Abwesenheit sein, die ihm zu schaffen macht... Er war wirklich wie ein anderer Mensch! Er hat sich bemüht mit uns aufzustehen und um neun ins Bett zu gehen... Er gab mir ein vorbildliches Geschenk für WangJi. Sein Brief war... er war... du hättest ihn lesen müssen! Ich hätte nicht Nein sagen können... Es hätte WangJi das Herz gebrochen."

Jin GuangYao seufzte, seine Hand tätschelte Lan XiChens bebende Schulter. „Du bist ein guter Mann, XiChen, zu gut..."

„Yao, ich weiß, du kannst meine Entscheidung nicht gutheißen, niemand würde das...!"

„Niemand, dem du am Herzen liegst, Zewu Jun. Das Ganze Land wird über euch herziehen. Der Gusu Lan Clan-"

„...Ich kann WangJi nicht im Stich lassen!" Seine flimmernden Augen richteten sich in Jin GuangYaos. „Wenn ich nicht an der Seite meines Bruders stehe, wird er allein gegen die Welt stehen. Und das kann ich nicht zulassen. Wirst du für oder gegen uns sein... Meng Yao?"

Ein seltsames Erschaudern überkam Jin GuangYao, als er nun seinen gebürtigen Namen aus Lan XiChens Mund kommen hörte. Er selbst hatte eine schreckliche Leidensgeschichte hinter sich. Er war der Sohn einer Hure, beschimpft seit Kindestagen, verachtet für etwas, für das er nichts konnte.

Er senkte die Augen und sprach leise.

„Wie könnte ich gegen euch sein..."


In der Nacht fiel der erste Schnee. Leise rieselten die dicken Flocken auf die Oberfläche des Flusses, der an den Rändern gefror. Eisblumen bildeten sich um den hölzernen Fensterrahmen von Lan WangJis vorrübergehendem Schlafgemach.

Im Innern war es dunkel und heiß.

Mit einer hastigen Handbewegung warf er das Betttuch zur Seite, sein leise zitternder Atem durchbrach die Stille.

Halb im Traum wölbte sich seine Brust nach oben, während sich sein Kopf tiefer ins Kissen lehnte.

Seine Lippen öffneten sich, seine Augen blieben geschlossen, als wolle er jemanden küssen, doch er war allein und so traf er nur auf Leere.

Seine Hände suchten Halt und krallten sich ins Bettlaken, während sein Knie sich abhob und bewirkte, dass ein Teil seines weißen Schlafgewandes zur Seite rutschte.

Im Schlaf hatte sich der lose gebundene Gürtel um seine Taille längst gelöst. Auch ein Teil seines verschwitzten Oberkörpers war längst entblößt.

„Wei... Y...!"

Zahlreiche Nächte ohne Wei WuXian lagen hinter ihm. Seine Berührungen fehlten ihm.

In wachem Zustand konnte er sich mit vielen Dingen beschäftigen und ablenken, doch wenn er schlief drängte sich sein Unterbewusstsein in den Vordergrund und eine Sehnsucht nahm Oberhand.

Im Traum sah er Wei WuXian so deutlich vor sich, als wäre er im selben Raum, er schien so nah, doch nicht greifbar.

Er fühlte nicht die glühende Hitze seiner Haut, nicht den Duft von Wald in seinen Haaren und nicht den honigsüßen Geschmack seines Nackens, in den Lan WangJi so gern seine Zähne vergrub.

So wanderten Lan WangJis Hände unbewusst die Linien seines eigenen Körpers entlang. Seine schlanken weißen Fingerspitzen umfassten das ungeduldig pulsierende Objekt zwischen seinen Beinen und er gab ein heiseres Stöhnen von sich, das Hue nun aus dem Bett springen lies. Etwas orientierungslos huschte das müde Kaninchen durch den Raum und suchte sich eine andere Ecke, während es neugierig die Ohren hob und der Stimme seines Herren lauschte, die merkwürdig verändert klang.

Ganz in seinem erotischen Traum gefangen, behielt Lan WangJi nicht die Kontrolle über sich. Seine Stimme blieb leise, doch er stöhnte hingebungsvoller.

Seine Erinnerungen vermischten sich miteinander, es war als würden sich all die Nächte, die er mit Wei WuXian verbracht hatte, vermengen.

Er begann ungeordnete Dinge zu murmeln.

„Wei Ying...! Wei Ying...!", rief er verzweifelt, „Ich liebe dich... ich will dich... bitte hör nicht auf... halt mich fest... nimm mich...! Lass mich nicht im Stich...!"

Der Moment, als Wei WuXian ihn geärgert hatte, kehrte wieder, auch die Erinnerung an das, was er daraufhin getan hatte.

Unbewusst tat er es nun wieder. Sein Finger grub sich tief hinein in die weiche Haut und er erbebte.

„Wieso tust du mir das an...!"

Der Effekt der gleiche, er musste es nur ein paar Mal tun, doch während er seinen Höhepunkt erreichte, bildete sich ein dicker Kloß in seinem Hals und als er aufwachte, ohne zu wissen was geschehen war, fand er sich halbnackt, sein Gesicht feucht von Tränen, seine Hand von einer cremigen, weißen Flüssigkeit benetzt.

Er wusste nicht wovon er geträumt hatte, die Erinnerung verschwand sofort, doch die Beklemmung in seiner Brust hielt an und so weinte er noch einige Zeit, bis er aufstand, um sich die Hände und das Gesicht zu waschen.

Als er einen Blick in den Spiegel warf, erschrak er vor seiner gänzlich verfärbten Gestalt.

Nicht nur sein Schlüsselbein, seine Ohren, sein Hals, seine Wangen – alles schien ein gleichmäßiges dunkles Pink angenommen zu haben. Sein dickes, offenes Haar sah übermäßig zerzaust aus.

Obwohl er allein war versuchte er sich zu ordnen. Mit den Fingern kämmte er sie zurück und öffnete das Fenster.

Als er sich ein wenig beruhigt hatte, machte er das Bett, um zu vergessen was dort womöglich gerade geschehen und legte sich wieder hinein. Als er die Augen schloss nahm er sich vor, dass so etwas unter gar keinen Umständen wieder passieren dürfe.

Er zwang sich nicht an Wei WuXian zu denken, doch kaum hatte er die Augen geschlossen, spürte er ein zaghaftes Kitzeln an seiner Nasenspitze. Hue hatte den Weg zurück in sein Bett gefunden und sich neben ihm zusammengerollt

The SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt