Pflasterstein

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Alexander

Die Perlen des Himmels haben eine angenehme, kühle Luft hinterlassen. Der Boden ist schon lange getrocknet, nur die Sonne welche in ihrem gelben Antlitz immer unsere Welt erwärmte, wollte sich heute nicht zeigen. Sie versteckte sich wie ein kleines Kind hinter ihren grauen Haufenwolken, diese boten ihr den undurchdringlichen Schutz, welchen sie verlangte. Die Frage ob der Lichtball so glücklich war, wie es immer schien, war schon lange in meinem Kopf. Nicht jeder Mensch der lächelt ist glücklich und die Sonne steht immer für das Gute. Sie scheint ganz allein. Ob sie weiß, das viele Menschen sie lieben? Ist sie wirklich fröhlich und ist ihr vielleicht auch mal kalt? So viele wollen die Sonne im Leben der anderen sein, warum nicht der Mond, der selbst die dunkelsten Zeiten etwas heller werden lässt?

Meine Augen landen wie ein Flugzeug bei meinem Mann. Ich fühle die Erleichterung eines Piloten, der nach gefühlten Stunden endlich den Erdboden wieder unter sich spürt und damit auch die verbundene Sicherheit sowie dieses Wissen angekommen zu sein. Magnus zieht sich gerade die Jacke an und mit langsam Schritten gehe ich auf ihn zu. Er sieht zu mir auf. In den letzten Jahren scheint er ein paar Zentimeter seiner Körpergröße auf seinem Lebensweg hinterlassen zu haben. Seine dichten dunkelgrauen Haare trägt er immer noch wie früher. Auch wenn er dafür etwas länger braucht. Manchmal helfe ich ihm sogar dabei. Der Eyeliner, welcher seine Augen umrandet hat, steht nur noch im Badschränkchen. Die führende Hand ist nicht mehr so sicher. Ich liebe ihn, so wie er ist und für mich ist er immer noch wunderschön.

Stumm richte ich den Kragen seiner Jacke. Mit meinen langen Finger ziehe ich den Reißverschluss noch ein Stück höher. Er soll sich nicht erkälten. Im Alter steckt man das alles nicht mehr so gut weg. Meine faltige Hand legt sich kurz auf seine Wange, mein Daumen liebkost seine Haut, streicht mehrmals über den Wangenknochen. Magnus lehnt sich in diese liebliche Berührung. Er schließt seine Augen. Manchmal kann ich es selbst noch gar nicht glauben, wie viele Jahre vergangen sind, seitdem ich dieses Gesicht zum ersten mal gesehen habe. Für mich stand immer fest, das ich diesen Mann erobern möchte. Jeden Tag, ein leben lang. Eine Hochzeit ist ein Ereignis, die wahre Leistung sind die Jahre danach. Die Liebe war etwas ganz besonderes. Sie will nichts von dem anderen, sondern sie will alles für den jeweils anderen. Man könnte mir alles nehmen, solang es meinen Mann gut ging, würde ich alles akzeptieren. Und natürlich unseren Kindern.

Magnus küsste meine Hand Innenfläche, löste damit ein kribbeln unter meiner Haut aus, welches bis zu meinem Herzen führte. Meine Hände waren schon immer empfindlich. "Wollen wir?" Ich nicke und nehme sogleich seine Hand in meine. Mit der anderen nahm ich das kleine Körbchen. Rafael unserer älteste Sohn und Max unser Jüngster würden heute zu Besuch kommen. Wir hatten schon immer und haben immer noch ein sehr enges Verhältnis zu unseren Kindern. Genau so wie zu ihren Frauen, welche die beiden jetzt auch schon wieder seit einer Weile begleiten.

Die beiden waren so schnell erwachsen geworden. Man kann es kaum glauben aber wir beide sind sogar schon Großeltern. Magnus und ich sind sehr stolz auf unsere Kinder und Enkelkinder. Schon immer hatten wir das Elternsein, mit dem falten eines Spannbettlakens verglichen. Niemand wusste so richtig wie es geht. Es gab nur eins, was man tun musste. Seine Kinder bedingungslos lieben und das taten wir ab Sekunde eins.

"Ich freu mich die zwei wieder zu sehen. Obwohl sie erst am Wochenende alle da waren." Als wir gemeinsam unser kleines Vorstadt Häuschen verlassen und uns die kühle Luft, wie ein Ventilator entgegen kommt, wird der Druck welcher Magnus mit seiner Hand ausübt etwas stärker. Ich küsse seinen Handrücken. Mit einem lächeln nehmen wir den Weg zu dem kleinen Lebensmittelladen auf. "Das stimmt. Aber ich freue mich auch auf morgen. Izzy und Jace haben wir jetzt schon länger nicht mehr gesehen." Meine jüngeren Geschwister waren neben meiner eigenen kleinen Familie, ein weiteres Geschenk welches ich in diesem Leben geschenkt bekommen haben. Meine Schwester und ihr Mann Simon, waren kinderlos geblieben. Das haben sie zusammen entschieden und damit schienen sie auch sehr glücklich zu sein. Die Familie ist in den letzten Jahren ziemlich gewachsen und ich verglich es gerne wie ein Baum. Die Zweige mögen in die unterschiedlichsten Richtungen zeigen und vor allen wachsen. Doch die Wurzel hält beziehungsweise verbindet alles. Sie ist der Ursprung von der unverwechselbaren Liebe.

"Max und Rafael wissen ja noch gar nicht das wir ihnen wieder Rouladen machen." So wie der Himmel, die Perlen, die Sonne und auch der Mond eine unzertrennbare Einheit waren, ergaben Magnus und ich auch nur zusammen Sinn. Vor allem in unserem Alter, wo die Tage gezählt zu seinen schienen, wollten wir keinen Augenblick mehr ohne einander verbringen. Das gemeinsame Leben, war viel zu wenig, trotz das wir relativ früh zusammen gekommen sind. Keine Zeitangabe wäre genug. "Wir teilen uns wieder eine, oder?" Die Frage war rhetorisch. Magnus lächelte mir nur zu, wusste das es nicht anders sein würde.

In dem Laden war nicht viel los. Nur wenige Menschen schlichen sich um den Regalen herum, konzentrierten sich voll und ganz auf die Lebensmitteln die zur Auswahl standen. Während Mags die Produkte heraus suchte, die wir noch brauchen, ging ich langsam hinter ihm her, hielt den Korb und beobachtete ihn dabei wie er seine Entscheidungen traf. Ab und zu fragte er auch mich. Von manchen Kunden wurden wir interessiert gemustert, in anderen Augen erkannte ich eine liebevolle Art und Weise. Ich musste etwas lächeln als ein kleines Mädchen heimlich einen Lolli in den Korb ihrer Mutter legte. Sie deutete mir an, still zu bleiben, ich konnte ihr nur zu zwinkern. Es brachte sie ebenfalls zum grinsen.

"Liebster?" Ich wendete mich wieder meinem Mann zu. "Ja mein Herzblatt?" Er zeigte mir zwei unterschiedliche Käsesorten, wo er sich nicht entscheiden konnte. Ich wählte die altbekannte Sorte aus, in dem ich diesen in unseren Korb legte. "Haben wir jetzt alles?" Mags nickte und so gingen wir gemeinsam zur Kasse. Die Frau hinter der Kasse sah unsere goldenen und schlichten Eheringe. Wir legten sie nicht mehr ab, waren sie für uns so wichtig, wie das schlagende Herz des anderen. Auch sie musste lächeln. Es gab Zeiten, da war es anders. Aber die Liebe, war es wert zu kämpfen. Wenn man liebte, dann hatte man den Sinn des Lebens gefunden.

Hand in Hand packten wir unser Körbchen und nach dem bezahlen, liefen wir in Ruhe zurück. Dabei sahen wir zu, wie die Wolken sich zusammen kuschelten und eine Sicht auf einen freien Himmel unmöglich machten. Vielleicht wärmten sie durch ihr zusammen rücken und dichter werden, die Sonne, die jetzt auch mal die Wärme anderer brauchte. "Glaubst du es wird Gewittern?" Mags war meinem Blick gefolgt. "Es sieht ganz danach aus. Weißt du noch, Rafael war davon immer ganz begeistert, während Max unheimliche Angst hatte." Ein traumsüßes Lächeln schmeichelte seine Lippen. "Ja das waren meistens die Abende, wo aus unserem Ehebett eine Familienkuschelhöhle wurde." In meinem Herzen erblühten die schönsten Erinnerungsblumen, schimmerten so ruheselig in mir, wie all die anderen vergangenen Zeiten, welche ich konserviert hatte. "Wir haben oft uns das Bett mit den zweien geteilt." Magnus sah auf unsere verbundenen Hände. "Ja obwohl es auch oft passiert ist, das wir während der Gute Nacht Geschichte ebenfalls mit eingeschlafen sind. Die Nackenschmerzen werde ich nie vergessen."

Mit einem Grinsen sah ich auf unser Klingelschild 'Mr. & Mr. Lightwood - Bane'. Diesen Doppelnamen trage ich mit Würde und voller Dankbarkeit. "Genau so wie das zärtliche Wecken am Morgen mit dem Nudelholz und den Kochtöpfen." Ich sah das, vom lachen verzehrte Gesicht meines Mannes. "Allerdings. Ein einfaches 'Guten Morgen', wäre auch viel zu wenig gewesen."

Der WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt