Nebel

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Magnus

"Alexander?" Ruhelos irre ich durch das Dickicht dieser mir fremden Stadt. Wie ein Mantra wiederhole ich seinen Namen. Rauch steigt aus den Gullydeckeln empor. Menschen laufen mir schnell nach. Überholen mich, weichen mir nur widerwillig aus. Die anderen kommen mir entgegen. Verhöhnen mich mit ihrem Blick. Doch diese lasse ich erbarmungslos über mich ergehen. Ist dies nichts im Vergleich zu dem Unwissen, welches ich in mir trage. Wo war mein Mann? Und wo war ich? Wer hatte uns getrennt?

Meine Beine, sie trugen mich in unbekannte Richtungen. Hupende Autos kamen mir immer näher, bedrängten mich wie bunte und sogleich tonnenschwere Monster. Die flüsterten Menschen sprachen alle gleichzeitig. Unverständlich drangen ihre Worte an meine Ohren, überlasteten mein Aufnahmezentrum. In welchem Spiel war ich? Und wie viele Level würden noch kommen?

Ich wich den laufenden Gefahren aus, schmerzte mein Knöchel bei jedem Schritt. War ich gefallen? Die Zahlen erschienen mir nicht von hier. Konnte ich nicht mal mehr erkennen, welche Stunde gerade lebte. Nur die Sonne schien sich langsam verabschieden zu wollen. Ich müsste sie ziehen lassen. Ist mein Mann mit ihr gezogen? "Alec?" Er würde mich nicht hören können. Doch ich wollte es. So sehr. Ich wünschte mir nichts sehnlichster als wieder in seinen Armen zu liegen. Dort gehörte ich doch hin, oder nicht?

Ich lag in diesem Bett, sein Geruch hatte mich wie ein Beruhigungsmittel ummantelt. Und dann war ich in diesem Haus voller Stille. Mein Mann war nicht bei mir. So schnell es mir möglich war, bin ich geflüchtet, von diesem Ort. Ich fühlte mich verloren und ich hatte Angst. Angst das sie ihm irgendetwas antaten. Egal wer ihn von mir entfernt hielt. Derjenige würde es bereuen. Ich schwor es mir. Niemand würde uns ungestraft trennen.

Doch erstmal musste ich ihn finden. In einer Welt, wo Beständigkeit nicht mehr wehrt. Nur er war immer da. Ich wusste nicht mehr viel aber das sagte mir mein Herz. Deutlich. Unmissverständlich. Und von Anfang war es mein Alexander, der mir sagte, das ich genau darauf hören sollte. Seine Worte erschienen mir nie deutlicher. "Wenn deine Augen keinen Weg mehr sehen. Schließe sie und folge deinem Herzen."

In meinem Kopf wiederholte ich die Wörter immer und immer wieder, während mich die Massen immer weiter trieben. Die Welt sie erschien mir fremd und noch nie größer als jetzt. Ich taumelte unwissend in einer diese furchteinflößenden Gassen, würde ich abseits des Trubels wieder etwas erkennen können? Meine Hoffnung sank immer weiter. Die Mauern der Häuser waren unheimlich nah. Würden sie mir die Luft weg nehmen? Mich immer mehr mit meinen Ängsten einengen?

Ich fuhr mir durch meine abstehenden Haare. Dabei fiel mein Blick auf meinen Ehering. Er hat mir doch versprochen immer da zu sein. Wer hat ihn mir weg genommen? Und wie sollte ich ihn je wieder finden?

Vollkommen fertig stützte ich mich an der Wand ab. Erst jetzt spürte ich, wie sehr mein Körper bebte. Mir war unheimlich kalt. Der kalte Windstoß der über dieses Land zog machte es nicht besser. Was ist wenn... wenn er gerade Alexander mitnahm? Tränen purer Verzweiflung brannten in meinen Augen. Ich wusste nicht mal mehr ob mein Mann noch lebte.

"Alexander?" Meine Stimme war schon mal lauter, kräftiger. Doch jetzt schien selbst der brausende Wind sie still mitzunehmen, stahl er mir meine Worte. Dabei ließ mich nur sein Name weiter gehen. Würde er irgendwo auf mich warten?

Ich schloss die Augen, sah wieder diesen dichten Wald, der von einem dunklen gefallenen Himmel geprägt wurde. Dieser Schleier. Er zog sich immer mehr zu. Und da war sie wieder. Dieses andere flüstern. In meinen Kopf drehte ich mich in alle Himmelsrichtungen. Doch sie schien von über all her zu kommen. Konnte ich sie nicht greifen. Oder gar verstehen.

Der WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt