Süden

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Alexander

Ich war gefangen. Gefangen in einer Endlosschleife aus Fragen und Gedanken. Ich konnte nicht entfliehen, nur die Fesseln lockern. Die unsichtbaren Seile, sie hielten mich an Ort und Stelle. Veranlassten bei dem Verfall von Magnus Kavalier zu zu sehen. Manchmal da schrie ich, erstickt und ohne Stimme. Mein eigener Schrei hallte in meinem Ohr, erreichte es niemanden sonst. Nur mich selbst. Wie ein Echo. Noch nie habe ich meine eigene Stimme so verflucht. Es gabt Tage da fühlte ich mich selbst einfach nur erbärmlich. Badete ich in einer Wanne voller Selbstzweifel und Mitleid. Dabei redete ich mir immer wieder ein, das Leben zu genießen. Das Leben, ich verfluchte und liebte es gleichzeitig so abgöttisch. Ich war hin und her gerissen, pendelte von der einen zur anderen Seite, nur um mich selbst immer wieder abzustoßen.

Mein Körper hasste mich selbst, bot ich ihn immer weniger Schlaf. Dösen war eine neue Ruhephase. Durch jedes kleinste Geräusch wachte ich auf, blickte auf den Oberkörper meines Liebsten, der sich regelmäßig hob und senkte. Meistens lächelte ich danach, denn Magnus schaute mich oft ebenfalls an. Wir suchten uns, obwohl wir im gleichen Raum waren.. verrückt oder?

Es gab vieles, was mir in der letzten Zeit leichter viel. Täglich kam jemand vorbei, half uns mit dem Haushalt und dem Beschäftigen von Magnus. Nur eine Aufgabe, die konnte ich nicht abgeben. Und das war das aufpassen auf Magnus. Ich ließ ihn nie richtig allein. Mein letzter blick, mein letzter Gedanke, es galt alles ihm. Sein Wohlergehen lag in meinen Händen und ich würde es hüten, mit allem was ich hatte.

Die Frage, ob ich denn alles gemacht hatte und ob die nötige Sicherheit hergestellt war, sie schien wie eine Kette um meinen Hals zu hängen. Oft ging ich zweimal durch das Haus um alles zu kontrollieren. Dabei halfen mir alle. Sie würden es mir auch abnehmen. Doch durch diesen Rundgang fand ich oft meine eigene kleine Ruheoase. Diese war verstreut und ich musste sie aufsammeln. So redete ich es mir ein.

Magnus gefiel der tägliche Besuch. Auch wenn er sich nicht mehr merken konnte wer gestern da war und wer morgen kommen würde. Es war eine einzige Überraschung für ihn, wusste er manchmal gar nicht mehr das überhaupt jemand vorbei kommen würde. Die Freude dann in seinen Augen zu sehen, war wie ein achtes Weltwunder. Das strahlen gehörte in das Guiness Buch der Weltrekorde.

"Liebster?" Die Spitznamen klangen schön. Früher hatte ich es immer geliebt wenn er mich so nannte. Mittlerweile war mein voller Name wie Magie in meinen Ohren. So wusste ich, das er ihn noch im Sinn hatte. Gern hätte ich die Superkraft das unvermeidliche abzuwenden. Aber ich war nun mal kein Held. So fühlte ich mich auch gar nicht. Ich gab mein Bestes. Das ist alles was ich tun konnte.

"Ja?" Ich sah auf unsere verflochtenen Hände. Liebte ich diese kleinen Zusammenkünfte von Berührungen und Vertrauen. "Spielen wir dann noch eine Runde dieses Brettspiel zusammen mit Max?" Lächelnd küsste ich seinen Handrücken. "Alles was du möchtest." Grinsend schaut er zu mir herauf. "Dann möchte ich jetzt noch einen Kuss." Es sind die kurzen Momente in denen ich meinen Magnus wieder erkennen. Verspielt und dennoch voller Weisheiten. Unbekümmert, aber manchmal vor Sorge zerspringend. Ein süßes durcheinander.

Sorgsam, um ihm nicht weh zu tun, stütze ich mich über ihn ab. Er liegt bereits für seinen Mittagsschlaf im Bett. Seine Augen sind klein und glasig. Immer wieder gähnt er. So als wäre ich etwas, was er zum ersten mal fühlen würde, legt er seine Hand auf meine Wange. Erst die Fingerspitzen und dann erst den Rest. Ich lehne mich in diese Liebkosung, küsse erst seinen Handballen.

"Du gehst mir nicht mehr aus den Kopf." Welche Bedeutung dieser Satz für mich hatte, konnte er höchstwahrscheinlich gar nicht mehr wissen. Oder doch? Ich erkannte manchmal den Unterschied zwischen Kavalier und Krankheit nicht mehr. Es verschwamm miteinander. Ein Anblick der mir nur in den seltensten Augenblicken deutlich wurde. "Also gehörst du wahrscheinlich in mein Herz."

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