„Summer? Bist du das wirklich?" Moms tränenerstickte Stimme lässt mich den Blick von meinem Handy heben, auf dem ich in der letzten halben Stunde Candy Crush gespielt habe. Auf dem Flughafengelände herrscht immer noch derselbe rege Betrieb, wie vor einer Stunde. Menschen hetzen wie Bienen über den Platz, schauen nicht um sich oder nehmen sich die Zeit, die Umgebung zu betrachten, welche zugegebenermaßen sehr eintönig ist. Doch inmitten dieser einzigen Masse Menschen fällt eine Person dafür umso mehr auf. Nicht nur ihre farbenfrohe Gestalt erregt so einiges Aufsehen. Auch ihre Aura, welche mit der Freude und Entspannung, die um sie wie ein Feuerball kreist, alle in ihrem Umkreis ansteckt. Sie hat sich nicht verändert. Kein Bisschen. Und das freut mich um so mehr.
Ihre braunen Augen treffen meine und ein Schluchzer entkommt ihr. Freude lässt ihre Augen aufleuchten. Wiedersehensfreude übermannt mich und ich renne auf sie zu. Tränen rinnen mir über das Gesicht, als ich mich in ihre Arme fallen lasse. Nach so langer Zeit kann ich sie endlich wieder in den Armen halten! Endlich. „Summer", flüstert Mom und drückt mich näher an sich heran. Ich schlinge meine Arme um ihre zierliche Gestalt und erwidere die Umarmung. „Tut mir leid, dass es so spät wurde, aber wir standen so lange im Stau", murmelt sie entschuldigend und streicht mir über den Rücken. Ich nicke als Zeichen, dass ich nicht böse bin. Wie könnte ich auch? Ich habe sie sehr vermisst, dass ich nun einfach nur froh bin, sie endlich wieder umarmen zu können.
Eng umschlungen bleiben wir auf dem Platz inmitten der anderen Menschen stehen. Ich genieße die Umarmung in vollen Zügen und ziehe genießerisch den Aprikosenduft ein, der von ihren Haaren ausgeht. Sie hat ihr Shampoo also nicht gewechselt. Ich danke ihr im Stillen dafür. Sie benutzt dieses Shampoo seit ich mich erinnern kann. Für mich ist es ein Stück zu Hause und ruft bei mir immer Kindheitserinnerungen hervor, welche größtenteils aus positiven bestehen.
"Wo sind Gina, Benet, Jane und Mum?", frage ich in ihre rotbraunen Haare hinein. Doch innerlich bin ich dankbar dafür, dass Gina gerade nicht da ist. Ihre abfälligen Kommentare und ihre aufgetakelte Gestalt habe ich nicht vermisst. Nie, in den ganzen 365 Tagen. So hart es auch klingen mag.
"Ella, Jane und Benet warten im Auto und Gina ist bei einer Freundin", seufzt Mom und wirkt kurz traurig, bevor ihr Gesicht wieder von dem lebendigen Strahlen erhellt wird, welches der Sonnen locker Konkurrenz machen könnte. Mom ist die Energie selbst. Noch nie habe ich sie unglücklich gesehen oder den Optimismus, den sie tagtäglich versprüht, nicht bemerkt. Sie ist wie eine wandelnde Schokolade, die überall, wo sie hinkommt, Freude verteilt. Schlechte Laune gibt es bei ihr nicht.
"Komm', mein kleiner Sonnenschein. Ella wartet schon sehnsüchtig auf dich. Und Jane auch", meint Mom kichernd und löst sie sich von mir. Nachdem wir meinen Koffer geholt haben, laufen wir zu unserem Auto, welches leider immer noch dieselbe Klapperkiste ist, wie vor einem Jahr.
"Und, wie war es so?", fängt Mom ein Gespräch an und stellt sogleich eine sehr überflüssige Frage. Zwar haben wir uns seit einem Jahr nicht mehr richtig gesehen, aber wir haben oft telefoniert und geschrieben, sodass nicht nur meine Mutter, sondern auch meine Geschwister bestens über mein Leben in Spanien Bescheid wussten. Trotzdem verstehe ich Mom's Aufregung und Enthusiasmus, welcher ihr ins Gesicht geschrieben steht. Schließlich ist ihre Tochter nach einem Jahr endlich wieder unter ihrer Fuchtel, was in meinem Fall positiv zu verstehen ist.
"Gut Mom, aber lass uns nachher reden. Ich bin todmüde und habe total Hunger.", bitte ich sanft und bekomme sogleich den besorgten Blick meiner Mutter ab. "Natürlich. Tut mir leid, Sonnenschein." Kurz wirkt sie betrübt, bevor sich ihr Gesicht schlagartig aufhellt. Voller Begeisterung packt sie meinen Arm. "Oh, aber ich habe dir dein Lieblingsgericht gekocht!", jauchzt sie mit einer kindlichen Freude und ich muss angesichts ihrer guten Laune lächeln. Auch meine Laune steigt rapide. Der Gedanke an ihre süßen Pfannkuchen lässt mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Diese kleinen Göttlichkeiten habe ich mehr als vermisst. Freudig drücke ich Mom einen Kuss auf die Wange. „Mom, du bist die Beste!", quietsche ich von ihrer Energie angesteckt und ernte ein herzliches Lachen.
„Su!", brüllt ein hohe, kindliche Stimme, die ich meiner fünfjährigen Schwester Jane zuordne. Sobald das Auto in mein Blickfeld kommt, stürmt ein kleiner, blonder Wirbelwind auf mich zu und schmeißt sich in meine Arme. „Endlich bist du wieder da!", seufzt sie in meine Haare und ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Jane hat sich in meinem Auslandsjahr deutlich verändert. Sie ist nicht nur ordentlich gewachsen, sondern hat auch längere Haare und ein spitzbübisches Funkeln in den grünen Augen bekommen. „Ich habe dich auch vermisst, Wirbelwind", gestehe ich und drücke ihre kleine Gestalt an mich. Doch gleich darauf löse ich mich von ihr. „Komm Wirbelwind, wir gehen zu den anderen. Mum will mich sicher auch noch sehen", zwinkere ich ihr zu und nehme ihre schokoladeverschmierten Hände in meine. Ihr Hang zu Süßigkeiten, insbesondere Schokolade hat sich wohl nicht geändert. Ich muss mir ein Kichern verkneifen. Es hätte mich auch gewundert, so schokoladensüchtig, wie meine kleine Schwester ist.
„Mummy, schau mal wer da ist!", quietscht Jane aufgeregt, als sie am Auto ankommt. Mum, die bis eben noch in einem Buch gelesen hatte, dreht sich erstaunt um. Sofort werden ihre Züge weich, als sie mich erblickt. „Summer.", sagt sie einfach nur und das ist mein Zeichen, in ihre Arme zu fallen. „Hey Mum. Ich habe dich vermisst", murmele ich und Mum nickt nur.
„Ich weiß, Mäuschen. Ich dich auch. Aber jetzt komm', Rosalyn hat extra essen für dich gemacht. Und wie ich dich kenne, bist du schon am Verhungern", meint sie und zwinkert mir zu. Ich lächele und nicke bekräftigend.
Mum ist eher die ruhige und ordentliche in der Beziehung meiner beiden Mütter. Da sie in England geboren und aufgewachsen ist, wird sie als Mum bezeichnet, während Mom, die aus Amerika stammt, eben Mom ist. So gibt es auch keine Verwechslung, wer jetzt gemeint ist. Und obwohl es für viele schwierig zu verstehen ist, wie man mit zwei weiblichen Elternteilen aufwachsen kann, könnte ich mir keine besseren Eltern als sie vorstellen. Allerdings hat bei uns der Satz „die beste Mutter der Welt" gleich eine ganz andere Bedeutung und wird deshalb auch bei uns nicht verwendet.
Mit einem kurzen Blick zum Kofferraum entdecke ich, dass Mom meinen Koffer schon verstaut hat und steige hinten ein. Mom nimmt kurze Zeit später auf dem Beifahrersitz Platz und Mum startet den Motor.
Erleichtert aufseufzend, lehne ich mich zurück. Endlich wieder in den USA. Natürlich war Spanien auch wunderschön, aber meine Familie und Freunde habe ich dennoch sehr vermisst.
„Hey!", brummt es plötzlich rechts von mir und mein Herz bleibt stehen.
***
Jip, ich melde mich auch mal wieder...Sorry, das es so lange gedauert hat^^'. Ich versuche ich Zukunft regelmäßiger zu Updaten...
Was haltet ihr bisher von Summers Familie? Und von ihren zwei Müttern?
Bis (hoffentlich) demnächst!
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Secrets of the past | ✔️
Romance❞𝗗𝗶𝗲 𝗩𝗲𝗿𝗴𝗮𝗻𝗴𝗲𝗻𝗵𝗲𝗶𝘁 𝗹𝗮̈𝘀𝘀𝘁 𝘀𝗶𝗰𝗵 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗮̈𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻. 𝗨𝗻𝗱 𝗮𝘂𝘀𝗹𝗼̈𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗲𝗿𝘀𝘁 𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁.❝ Wenn Summer eines hasst, dann zerstörerische Geheimnisse. Dass es in ihrer unmittelbaren Umgebung mehr da...