Kapitel 18

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Ich erstarre. Wie so oft bin ich zu überfordert, um reagieren zu können. Zumal mein Innerstes einem Chaos gleicht. Mein Herz pocht wie wild gegen meine Rippen und in meinem Bauch scheinen urplötzlich kleine Vögel geschlüpft zu sein, welche nun fröhlich hin und her flattern. Das Gefühl von Alex Lippen ist so berauschend. So bekannt. Doch es ist falsch. Ganz falsch!

Keuchend drücke ich ihn von mir. Ich bin kurz davor, ihm eine zu scheuern, lasse es dann jedoch. Ich werfe ihm lediglich einen bitter-bösen Blick zu, bevor ich an ihm vorbei und die Leiter endgültig hinunter gehe. Zwei Minuten später stehe ich fest auf dem Boden und bin erleichterter denn je, auch wenn mein Körper immer noch voller Adrenalin von dem plötzlichen Kuss. Vorsichtig fasse ich mir an die Lippen, kann jedoch nichts fühlen. Nur seine Lippen kann ich noch spüren. So, als lägen sie noch auf meinen. Erst jetzt realisiere ich wirklich, was eigentlich passiert ist. Alex hat mich geküsst. Alex Kingston, der Typ, der mir das Herz gebrochen hat, hat mich geküsst. Und es hat mir gefallen. Frustriert und wütend auf mich und Alex schleudere ich den Helm zu Boden und Schäle mich aus dem Klettergeschirr.

Verdammt, dieses Arschloch!

Ein leises Geräusch signalisiert mir, dass besagtes Arschloch gerade vom Baum kam. Wütend drehe ich mich zu ihm um, bereit, ihm die Standpauke seines Lebens zu halten.

„Sag mal, hast du jetzt auch noch deine allerletzten Gehirnzellen verloren oder was fällt dir ein, mich zu küssen?!", schreie ich ihn erzürnt an, angestachelt von dem Chaos in mir und die Angst, welche noch immer in meinen Knochen liegt.

„Prinzessin, ich habe dich vorgewarnt", gibt Alex gelassen von sich, sichtlich amüsiert von meinen kleinen Ausbruch. „Und was regst du dich überhaupt so auf? Es war doch nur ein kleiner Kuss, nichts bedeutendes"

Das Verlangen, ihm an den Gurgel zu springen, wird fast übermächtig. „Du...du...arg!", frustriert, dass mir keine passende Beleidigung einfällt, raufe ich mir die Haare. Alex zieht derweil gelangweilt seine Kletterausrüstung aus, bevor es sich lässig an den Baum hinter sich lehnt und mich anschaut, wie ein Professor sein nächstes Versuchsobjekt.

„Dir hat dieser Kuss etwas bedeutet...nein, Moment, du hast etwas gefühlt", sagt er schließlich und ich erstarre. Es ist keine Aussage und doch nur eine Vermutung. Seine Augen verfolgen jeder meiner Bewegungen, jede kleine Reaktion. „Oh ja, er hat dir gefallen", sagt er, eher zu sich selbst, während er sich von dem Stamm abstößt und ganz langsam auf mich zukommt. Wie ein Raubtier fixiert er mich. Und ich bin die Beute.

„Haha, ja genau!", gebe ich hysterisch lachend von mir und gebe mir alle mühe, keine Schwäche zu zeigen.

Auf keinem Fall werde ich ihm recht geben!

Allerdings sprechen meine panisch hin und her huschenden Augen leider für sich, ebenso die leichte Röte, die sich wohl gerade auf meinen Wangen ausbreitet. In Momenten wie diesen hasse ich mich selbst. Dafür, dass ich so ein offenes Buch bin und vor allem dafür, dass ich immer noch solche Gefühle für Alex habe.

„Prinzessin, wem willst du hier etwas vorspielen?", reist mich Alex neckende Stimme aus dem Gedanken und zu meinen Entsetzten ist er schon viel näher gekommen, als gut für mich ist. Jedoch weiche ich nicht zurück, weigere mich dem Klischee eines schüchternen Mädchens nachzugehen. Lieber versuche ich mich auf die Wut in meinen inneren zu konzentrieren, ebenso den Hass, welcher immer noch in mir schlummert wie ein ungesättigtes Monster, welches nur an die Oberfläche kommen muss, um schaden anzurichten. Doch die Hülle aus Schüchternheit und Angst hält es zurück, sperrt es ein wie in einen Käfig.

„Nenn mich nicht Prinzessin, sonst-", fange ich wütend an, werde jedoch sofort unterbrochen. „Sonst was? Hast du dich mit deinen kleinen Händchen?", provozierend blickt er mich an. Er, der so eben sein Todesurteil unbeschriebenen hat.

Ich habe endgültig die Schnauze gestrichen voll! Lange genug habe ich es über mich ergehen lassen. Lange genug haben ich den Schmerz vergraben. Lange genug habe ich es ihm nicht heimgezahlt. Nun kann ich nicht mehr. Nun muss die ganze angestaute Wut hinaus. „Kleine Händchen? Na dann wollen wir doch mal sehen, wie sehr diese kleinen Händchen wehtun können!", zische ich, die Augen zu schlitzen verzogen und schaue ihn angriffslustig an. „Weißt du Alex, ich habe wirklich die Schnauze voll von dir und deinen verdammten Provokationen gegenüber mir! Ich habe dir nie etwas getan und du hast überhaupt kein Recht, sauer auf mich zu sein! Und diese beschissene Aktion gerade eben zeigt doch auch nur, wie erbärmlich du eigentlich bist!", spucke ich ihm entgegen und bin drauf und dran, ihm weitere Vorwürfe gegen den Kopf zu knallen.

Allerdings hält mich Alex's wütende Stimme zurück. Auch er wirkt alles andere als ruhig. Die Augenbrauen wütend zusammen gezogen, brüllt er mich an. „Du hast mir nichts getan? Ach wirklich?! Und was war dann mit Griffin? Na, klingelt's? Weißt du, du bist auch nicht besser als die ganzen anderen Schlampen, die ich sonst habe!"

Ich zucke zusammen, nicht glaubend, was ich da gerade gehört habe.

Schlampe. Er hat mich als Schlampe bezeichnet. Alex Kingston wagt es, mich eine Schlampe zu nennen!

„Schlampe?! Du nennst mich eine verdammte Schlampe?! Sag mal, bei dir sind aber auch nicht mehr alle Tassen dicht! Wer hat mich den verarscht?! Wegen ein paar verfluchten 100$?! Nur falls dein Spatzenhirn es vergessen hat: das warst du!" „Oh ja, du bist eine verfluchte Schlampe! Tue nicht so unschuldig, du hast mich schließlich betrogen!" „Was?! Ich soll dich betrogen haben?!", lache ich ungläubig und kann nicht glauben, dass er es ernst meint. „Du kannst es dir sparen zu Lügen! Ich habe dich schon seit langem durchschaut! Du bist nur eine herzlose Schlampe und springst mit jedem nächstbesten Typen ins Bett!" Verächtlich schnaubend wendet er sich von mir ab.

„Dir hat's wohl auch das letzte bisschen Verstand geraubt! Weißt du was, solche Anschuldigungen lasse ich mir nicht weiter anhören! Fahr zur Hölle, Alex Kingston!", schreie ich ihm aufgebracht entgegen, bevor ich meine Kletterausrüstung schnappe und davon stampfe.

Alex, du bist hier die herzlose Schlampe!

***

Jip, da sind die Fetzten geflogen! Und, wie gefällt euch die Selbstbewusste Summer so? Hat eigentlich schon jemand eine Ahnung, was da damals zwischen den beiden passiert ist? Wie fandet ihr dieses Kapitel?

Ansonsten kann ich nur sagen: Danke für's lesen und bis in einer halben Stunde😁!

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