Obwohl es meine Idee mit dem Erzählen war habe ich keine Ahnung, wie ich beginnen soll. Mein Blick wandert zu Aisha, welche mich fragend und neugierig zugleich ansieht, sonst aber keine Anstalten macht, mich zu drängen. Schließlich räuspere ich mich und beginne vorsichtig zu sprechen. „Also...ich war am Freitag auf einer Veranstaltung", beginne ich und schäme mich sogleich für meine Lüge. Aber ich konnte Aisha ja schlecht erzählen, dass wir uns bei einer Leiche getroffen haben. Die Worte hören sich selbst in meinem Kopf lächerlich und unglaubhaft an. „Ja und da war auch Alex", spreche ich weiter und Aisha reißt erschrocken die Augen auf, bevor ein neugieriges funkeln ihre Augen einnimmt. Wissbegierig beugt sie sich ein Stück nach vorne und wartet, dass ich weiter erzähle. „Es war eine Veranstaltung einer bekannten meiner Schwester und ich bin ziemlich schnell in ein Gästezimmer gegangen, da es mir unten zu langweilig war. Tja und dann kam plötzlich Alex ins Zimmer", erzähle ich weiter und schmunzele innerlich. Aisha denkt nun sicher an einen geschniegelten Alex im Jackett. Wahrscheinlich sieht er in ihrer Vorstellung auch noch extra heißt aus, wie Jungs in Anzügen in Büchern sonst immer dargestellt werden. Allerdings sind wir hier leider nicht in einem Buch - wobei, zum Glück würde besser passen. Denn wäre das hier ein verdammter Kitschroman, dürfte ich die Hälfte der Zeit kotzend auf der Toilette verbringen.
„Und weiter?", fragt Aisha mit unverhohlener Interesse und schiebt mich zurück ins hier und jetzt, bevor meine Gedanken mal wieder ins Jenseits abschweifen können. Bei den folgender Worten steigt mir ungewollt die Hitze in die Wangen, doch Aisha grinst nur wissend. „Ehm wir hatten ein kurzes Gespräch, was mir allerdings schnell zu viel wurde und dann wollte ich gehen...", setzte ich an, verstumme jedoch schnell wieder. Nun kommt der unangenehme Teil, den ich am liebsten übersprungen hätte. Doch Aishas Blick sagt mir, dass sie mich killt, sollte ich das tun. „Und dann? Habt ihr euch geküsst?", will sie mit funkelnden Augen wissen. Ich schüttele eilig den Kopf, woraufhin Aisha einen Schmollmund zieht, welcher jedoch schnell wieder von dem übermütigen Strahlen ersetzt wird. „Ehm...naja...also er hat mich an die Türe gepresst und dann gab's einen kleinen Schlagabtausch, welcher Schlussendlich in einem Streit geendet hat", rattere ich herunter und Aisha quiekt hoch erfreut auf. „Oh mein Gott, ist das süß!", kreischt sie und ich muss mir ein Augenverdrehen verkneifen.
Nein, es ist ganz sicher nicht süß!
Allerdings behalte ich die Worte bei mir und begnüge mich damit, ihr bei ihrem kleinen Ausraster zuzuschauen. „Okay, okay und weiter?", fragt sie schließlich wieder ernst, auch wenn ihre Augen immer noch erfreut funkeln. „Wie gesagt haben wir uns dann wieder in die Haare bekommen. Tja und dann kam raus, dass in unserer Beziehung etwas ganz gewaltig falsch gelaufen ist" Aisha lauscht aufmerksam meinen Worten und wirkt etwas bestürzt, als sie meinen enttäuschten Tonfall hört. „Was ist passiert?", hinterfragen sie sanft und sieht mich mitfühlend an. Ich schlucke kurz, bevor ich zögerlich weiter spreche. Es tut immer noch weh, diese Worte auszusprechen und ich bereue es, mich damals nicht mit ihm ausgesprochen zu haben. „Es gab anscheinend nie eine Wette. Das war eine Lüge von Alex, damit er mir das Herz brechen kann. Alex hat gedacht, dass ich ihn mit Griffin betrogen hätte. Tja, das hat ihm das Herz gebrochen und dann hat er meines gebrochen. Sozusagen als Rache. Und er hat gesagt, dass...dass er mich wirklich geliebt hat", presse ich den letzten Satz hervor und sofort breitet sich der altbekannte Schmerz in meinem Herzen aus.
Ja, ich mache mir Vorwürfe, dass ich nicht einfach auf ihn zugegangen bin, um das zu klären. Gut, Alex trägt auch seine Schuld mit sich, schließlich hat er auch nicht versucht, etwas zwischen uns zu klären, aber ich möchte erst die Fehler bei mir selbst suchen. Und statt mit ihm zu reden, bin ich wie ein kleines Teenagermädchen in Selbstmitleid badend zuhause herumgesessen und die verschiedenen Stadien des Herzbruches durchlebt. Mein Herz wurde gebrochen und das zum ersten mal, weshalb meine Reaktion auch heftig war. Auch hatte jeder Verständnis für meine Situation. Damals kam mir gar nicht in den Sinn, dass das alles ein Missverständnis hätte sein können. Ich war davon überzeugt, dass Alex wirklich der egoistische, herzlose Player war, den viele in ihm sahen.
Ich denke, diese Art von Jungen gibt es immer und überall. In Büchern heißen sie Badboys, ich nenne sie Player. Denn Alex mag zwar manchmal fies und aggressiv, aber er hatte einen weichen Kern und schüchterte auch nicht jeden ein. Auch hat er nicht jede Woche ein neue Bettgeschichte und schon mehrere Beziehungen. Und von Drogen oder sonstigen illegalen Geschäften hielt er sich auch strickt fern. Ich denke einfach, dass das frühe sterben seiner Eltern dafür gesorgt hatte, dass er so kalt gegenüber Leuten ist, die er nicht kennt.
Meine Gedanken schweifen ab zu einer Erinnerungen, welche schon etwas her ist. In jenem Tag sah ich Alex zum ersten mal seit langem wieder. Nicht auf dem Spielplatz, sondern in der Hightschool. Ich war eine Freshman, er ein Sophermore. Damals war ich ein unschuldiges, naives Ding, dass zu viel Wert auf ihren Status und die Klamotten legte. Gleich am ersten Tag sah ich ihn - und erkannte ihn. Ich habe mich in ihn verknallt, ohne ihn richtig gekannt zu haben. Seit dem habe ich ihn jeden Tag beobachtetet, sobald sich eine Möglichkeit bot. Ich habe mir eine beliebte Clique gesucht, versucht seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Schon bald wusste ich, dass er und seine Gruppe zu den Herzensbrechern der Schule gehörten. Dementsprechend war meine Konkurrenz auch hoch, was auch nicht verwunderlich war, da er gut aussah und auch noch viel Geld hatte. Und das war etwas, das viele anzog. Ich allerdings wollte nicht wegen dem Geld oder dem Aussehen mit ihm zusammen sein. Ich glaubte auch nicht daran, dass er so herzlos war, wie er beschrieben wurde. Ich wollte mit ihm zusammen sein, da ich ihn seit frühen Kindertagen liebte und der so zu sagen mein persönlicher Held war. Deshalb war ich auch überglücklich, als er mich fragte, ob ich mit ihm zusammen sein wolle. Ich dachte, mein Leben sei perfekt. Doch da habe ich mich wohl geirrt.
„Summer!", brüllt mich Aisha an und er blinzele kurz desorientiert, als wäre ich gerade aus eine Trance erwacht. „Was?", frage ich verwirrt und Aisha stöhnt kurz auf. „Na endlich! Ich dachte, du wirst nie wieder wach!", grummelt sie und gibt mir damit zu verstehen, dass sie schon mehrmals versucht hat, mich anzusprechen. „Ehm sorry, bin ich Gedanken gewesen", entschuldige ich und schlucke das schlechte Gewissen runter, welches sich zu bilden beginnt. „Das habe ich bemerkt", gibt Aisha sarkastisch von sich, bevor sie resigniert seufzt.
„Das nenne ich mal richtig große Scheiße!", sagt sie schließlich und ich nickte zustimmend, während sich Verzweiflung in mir breit macht: „Das kannst du Laut sagen! Vor allem, weil ich wirklich keinen Ahnung habe, was jetzt zwischen uns ist. Ich weiß nicht, ob er mich noch liebt oder ob er überhaupt noch mit mir zusammen will, ich weiß nicht, was ich für ihn fühle oder was ich will oder-" „Wow. Stopp", unterbricht mich Aisha und hebt ihre Hände hoch, „Summer, das ist ganz normal. Klar weißt du nicht, was du jetzt tun sollst. Aber bitte: dränge dich zu nichts. Lasse dir Zeit, um dir über deine Gefühle im klaren zu werden. Und rede mit Alex. Sprich mit ihm über deine und seine Gefühle" Ich seufzte hilflos auf, nicke dann. „Okay. Danke", sage ich schließlich und schaue Aisha dankbar an. „Meinst du denn, es gibt noch eine Chance für uns?", frage ich dann in einem Anflug von Zweifel nach und breche das Schweigen, welches sich um uns bildet. Als hätte sie auf diese Frage gewartet, nickt sie heftig. „Oh ja! Und jetzt hör' auf, dir Sorgen zu machen", sagt sie mit einer solchen Überzeugung in der Stimme, dass ich ihr nur glauben kann.
„Was mich aber interessieren würde: Wer hat Alex diese Lüge verklickert? Er hat das wohl kaum erfunden", will sie wissen und reißt mich aus meinen Gedanken, welche schon wieder zu Alex schweifen. Wie so oft in letzter Zeit. Den Blick auf den Boden gerichtet, versuche ich mich an dem Namen zu erinnern, welcher Alex genannt hatte.
„Beatrix", sage ich schließlich und reiße kurz darauf die Augen auf, während mir jegliche Farbe aus dem Gesicht weicht. Beatrix. Es ist mir, als würde plötzlich in mir klick machen. Mir läuft es warm und kalt zugleich den Rücken runter, als sich ein schreckliches Bild vor meine Augen schiebt. Mein Körper beginnt unkontrolliert zu zittern, als ich mich erinnere. Die Leiche. Das tote Mädchen. Das war Beatrix.
***
Und mal wieder einen Cliffhang...
Kennt ihr dieses Gefühl eigentlich auch? Wenn ihr einfach mit jemandem über etwas reden müsst, weil ihr sonst platzt?
Dann noch einen schönen Sonntagabend ❤
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Secrets of the past | ✔️
Romance❞𝗗𝗶𝗲 𝗩𝗲𝗿𝗴𝗮𝗻𝗴𝗲𝗻𝗵𝗲𝗶𝘁 𝗹𝗮̈𝘀𝘀𝘁 𝘀𝗶𝗰𝗵 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗮̈𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻. 𝗨𝗻𝗱 𝗮𝘂𝘀𝗹𝗼̈𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗲𝗿𝘀𝘁 𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁.❝ Wenn Summer eines hasst, dann zerstörerische Geheimnisse. Dass es in ihrer unmittelbaren Umgebung mehr da...