„Und du möchtest wirklich nicht zu Aisha oder Brandon?", fragt Mom zum wiederholten mal besorgt und ich schüttelte wieder den Kopf. „Mom, ich bin 17. Da kann ich schon einmal ein Wochenende alleine bleiben. Mir wird schon nichts passieren, keine Sorge", zwinkre ich ihr zu, obwohl ich innerlich am liebsten die Augen verdrehen möchte. Meine Geduld neigt langsam aber sicher dem Ende zu. Ich beobachte Moms Reaktion, welche mir ganz und gar nicht gefällt, wie ich zwei Sekunden später weiß.
Meine Worte stoßen auf taube Ohren, denn Mom's besorgter Blick verschwindet nicht. Eher wirkt sie etwas verzweifelt, dass ich nicht zu einer Freundin will. Ich weiß, wie gern sie es hätte, wenn ich bei jemand anderen wäre, während sie weg sind. Irgendwo kann ich sie auch verstehen, schließlich bin ich immer noch ihr kleiner Sonnenschein, um den man sich kümmern und sorgen muss. Jedenfalls für sie. Dass ich inzwischen schon siebzehn bin, scheint sie noch immer nicht realisiert zu haben. Oder sie will es einfach nicht, was ich auch gut verstehen könnte. Es muss schon etwas schönes und trauriges zugleich sein, wenn die eigen Kinder plötzlich so alt sind, obwohl die Zeiten, in denen man noch mit der Wickeltasche unter dem Arm zum Einkaufen gefahren ist, wie von vor einem Tag wirkten.
Aisha's Zusammenbruch dagegen war erst gestern, weshalb Brandon auch heute mit ihr daheim geblieben ist. Das ist auch der Grund, warum ich nicht zu Aisha oder Brandon kann, denn meine neue-alte Freundin benötigt Brandon gerade alleine. Da störe ich ungern, zumal ich noch nicht ganz weiß, ob ich Aisha als Freundin bezeichnen kann oder sie mich. Am Ende will sie gar nicht, dass bei ihr bin, weshalb ich von vornherein lieber hier bleibe. Oder mich jedenfalls nicht in ihrer Nähe aufhalten möchte. Wenn Aisha mich sehen will oder Brandon Hilfe benötigt, wird er sich melden. Jedenfalls, wenn er sich an sein Versprechen erinnert, welches er mir gestern Abend noch gegeben hat.
Was genau Aisha hat, haben wir im übrigen nicht mehr heraus gefunden. Was auch kein Wunder ist, angesichts der Tatsache, dass sie nach ihrer vor Hass triefenden Antwort ziemlich schnell eingeschlafen. Ihr Körper hatte aber sehr viel durchmache müssen, sodass es vorhersehbar war. Es wundert mich sowieso schon, wie es ihr Körper geschafft hat, so lange diesen Hass, die Verzweiflung und den Schmerz, welcher offensichtlich in ihrem inneren geruht hat, versteckt halten konnte. Denn diese geballte Kraft an Emotionen, welche gestern während ihre Ausrasters zu sehen waren, konnten nicht von einem einzigen Vorfall stammen. Auch ihr Körper hat erstaunlich lange dem Ausbruch standhalten können. Laut Brandon hatte sie über eine Stunde gewütet, bevor ich mich angerufen hat. Ich habe nur noch das Ende miterlebt, doch das reichte mir schon aus. Nun jedoch stellt sich mir seit gestern Abend die Frage, was passiert war, dass bei Aisha dieser Damm brach, welcher offensichtlich über eine geraume Zeit stand gehalten hatte. Normaleiweiße war ich gut darin, Menschen zu durchschauen und ach Gefühle zu lesen, doch so nicht bei ihr. Die hatte ihre Rolle als fröhliche, glückliche, zufriedene Teenagerin perfekt gespielt. Der Tag, an dem sie in der Geschichtsstunde so übel gelaunt war, kam mir wieder in den Sinn. Ich habe es damals als Müdigkeit oder die Nebenwirkungen der Periode abgetan. Aber vielleicht war am Vortag etwas vorgefallen, was ihre Mauer ein Stück eingerissen hat. Allerdings ist es nicht mehr als eine Vermutung, eine verzweifelte Suche nach Antworten. Vielleicht werde ich nach diesem Wochenende mehr wissen.
Das Zuziehen eines Reißverschlusses erinnert mich daran, dass ich mich immer noch im Wohnzimmer befinde und eine besorgte Mutter vor mir habe, welche ich noch überzeugen muss. „Summer, ich sage es nur ungern, aber ich hätte auch gerne, dass du zu jemandem gehst", mischt sich nun auch Mum ein, die grade dabei ist, die Tasche für Jane zu packen Die würde zu meiner Tante gehen, mit welcher ich mich allerdings nicht allzu gut verstehe und das Bedürfnis, zu ihr zu gehen dementsprechend sehr niedrig ist. Jedoch lenkt mich gerade vielmehr die Tatsache ab, dass Mum Mom's Meinung war. Normalerweise hat Mom nichts dagegen, wenn ich alleine irgendwo bleibe, solange ich Nachts daheim bin. Nicht, dass ich jemals eine Woche alleine daheim gewesen wäre, doch ob nun zwei oder fünf Tage ist nichts weltbewegendes. Jedenfalls nicht für mich.
DU LIEST GERADE
Secrets of the past | ✔️
Romance❞𝗗𝗶𝗲 𝗩𝗲𝗿𝗴𝗮𝗻𝗴𝗲𝗻𝗵𝗲𝗶𝘁 𝗹𝗮̈𝘀𝘀𝘁 𝘀𝗶𝗰𝗵 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗮̈𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻. 𝗨𝗻𝗱 𝗮𝘂𝘀𝗹𝗼̈𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗲𝗿𝘀𝘁 𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁.❝ Wenn Summer eines hasst, dann zerstörerische Geheimnisse. Dass es in ihrer unmittelbaren Umgebung mehr da...