Kapitel 9

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"Aisha?", frage ich völlig verdutzt, als ich ich den blonden Wuschelkopf erkenne. Aisha jedoch reagiert nicht. Was mich auch nicht weiter wundert, als ich das folgende Vorspiel live beobachten durfte. Brandon zieht sie lachend von seinem Rücken, in seinen Augen funkelt etwas, das ich nicht deuten kann. „Da kann es wohl jemand kaum erwarten, mich zu sehen", neckt er sie und Aisha wird Augenblicklich rot. „Stimmt doch gar nicht!", protestiert sie schwach, doch ihr gesenkter Blick spricht für sich. „Mm", murmelt Brandon sichtlich amüsiert, bevor es sie zu sich zieht und seine Lippen auf ihre presst.

Moment...was?!

Ziemlich überrascht blicke ich auf das Paar vor mir, das hemmungslos mitten im Gang herumknutscht. Peinlich berührt wende ich den Blick ab und fühle mich so ziemlich wie das fünfte Rad am Wagen. Oder in diesem Fall eher das dritte Rad am Wagen.

Ehrlich gesagt kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass Aisha und Brandon ein Paar sein sollen, doch das, was die Beiden da gerade machen, spricht eindeutig für sich. Nur weiß ich nicht, was ich davon halten soll.

Ich beschließe die Beiden alleine zu lassen und mache mich nun alleine auf den Weg zum Hof. Das gestaltetet sich schwieriger als gedacht, denn obwohl draußen strahlender Sonnenschein ist, stehen die meisten Schüler hier in den Gängen und blockieren den Weg.

Na dann wollen wir mal!

Nach zahlreichem Einsetzten meines Ellenbogens und vielen empörten Rufen oder hinterher geschrienen Beleidigungen, bin ich endlich im Freien. Erleichtert öffne ich die Tür, werde jedoch prompt von einem Idioten hinaus geschubst. Panisch mit den Armen fuchtelnd kralle ich mich an dem nebenstehenden Stützpfeiler fest. Von dem Schwung mitgerissen, werde ich einmal um den Pfeiler geschleudert, bevor ich gegen etwas Hartes knalle und vor Schmerz aufschreie. Dann allerdings gibt der Gegenstand unter mir nach und fällt gen Boden, gefolgt von mir. Dass es sich bei dem Gegenstand um einen Menschen handelt, habe ich derweil auch begriffen. Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich den Boden immer näher kommen. Aus den Augenwinkeln registriere ich ein paar Arme, dass allerdings lässig in den Taschen einer Lederjacke steckt und nicht so aussieht, als würde es mir helfen. Doch da komme ich auch schon auf dem Boden auf und alle Luft wird aus meiner Lunge gepresst. Meine Nase schlägt auf dem Asphalt auf und die warme Flüssigkeit signalisiert mir, dass sie blutet. Schmerzhaft stöhne ich auf.

Das wird noch einen ordentlichen blauen Fleck geben.

„Was ist das denn?", fragt dann eine Stimme und ich hätte erneut aufstöhnen können. Allerdings nicht vor Schmerz.

Das kann doch nicht war sein!

„Ey, die hat mich umgeworfen!", empört sich eine quengelige Stimme und ich lasse meinen Kopf, den ich bis eben etwas angehoben habe, wieder auf den Asphalt plumpsten. Ich kenne diese Stimme. Sehr gut sogar. „Man Derek, jetzt spiel hier mal nicht die Tussi! Und du Enrique, solltest dem Mädchen lieber aufhelfen als so einen unnützen Kommentar von dir zu geben!", weißt sie eine helle Stimme zurecht und nun blicke ich doch auf. Vor mir befinden sich zwei einfache, sandbraune Ballerinas, die zu langen, schlanken Beinen gehören. Mein Blick wandert weiter hoch, über das geblümte Sommerkleid, bis hin zu einem sommersprossigem Gesicht, das von roten Locken umrahmt wird und dessen grauen Augen mich neugierig und besorgt zugleich mustern. Bianca.

„Hey du. Sorry für die Jungs. Die haben einfach keine Manieren.", fängt sie an und wirft den „Jungs" warnende Blicke zu. Ich schlucke und lächele etwas gequält. Langsam stemme ich mich hoch und hebe dann endgültig den Blick, um in die Runde zu schauen. Meine Vermutung bestätigt sich. Ich bin mitten in Alex's Gruppe gelandet. Ich Pechvogel.

Langsam wandern meine Augen von einem zum anderen. Erst Derek, dann Erique und Ash, bis ich schließlich bei Jasper ankomme. Ich stocke. Einzig und alleine Alex fehlt noch. Doch will ich ihn auch wirklich sehen? Die Entscheidung wird mir abgenommen, als mich kaltes Grau trifft, dessen Blau tiefdunkel ist. Alex's Augen. Ein Schauder jagt über meinen Rücken. Diese Augen strahlen einen so geheimnisvollen und gleichzeitig gefährliche Aura aus, dass man es sich zwei mal überlegt, etwas mit ihm anzufangen. Allerdings muss ich auch sagen, dass es mich ungemein anzieht. Eine Anziehung, die sich schon einmal als Fehler entpuppt hat. Eilig wende ich den Blick ab, meine jedoch ein kleines Zucken seines Mundwinkels zu sehen.

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