Kapitel 28

91 36 57
                                    

Schweigend blicke ich aus dem großen Fenster, welches eine ganze Wandseite des Zimmers einnimmt. Ich kann Alex's Blick auf mir spüren, doch ich ignoriere ihn geflissentlich. Zumal meine Gedanken es gar nicht zuließen, ihm Aufmerksamkeit zu schenken.

Was hat Mum damit zu tun? Warum ist Gina so gefasst? Wer ist „er" und was will diese Person von uns? Warum liegt eine Leiche im Garten von Ehlia? Und warum wurde dieses Mädchen erschossen? Wer war dieses Mädchen und warum wurde sie getötet? Warum passiert mir das gerade?

„Ich kann regelrecht sehen, wie es in deinem hübschen Kopf rattert, ab-", fängt Alex an. Doch noch ehe er dazu kommt, seinen Satz zu beenden, fahre ich mit blitzenden Augen zu ihm herum und unterbreche ihn somit. Mit pochendem Herzen blicke ich ihn an und kann nicht glauben, dass diese Worte tatsächlich aus seinem Mund kamen. Alex jedoch scheint nicht zu verstehen, was ich habe, wie ich an seiner Fragenden Miene erkennen kann.

„Was ist?" „Hübsch. Du hast mich als hübsch bezeichnet", sage ich frei heraus, auch wenn ich nicht wirklich weiß, warum ich das gerade sage. Es passt nicht wirklich zu mir, aber wahrscheinlich bin ich gerade einfach etwas durch den Wind.

Alex zuckt nur mit den Schultern. „Ja und?" Mein Schweigen ist meine Antwort. Ich blicke ihm nur in seine Augen, welche mich anziehen wie das Licht eine Motte. Denn diese sind überraschenderweise nicht das übliche kalte steingrau, sondern wirken diesmal wie flüssiges Silber. Auch das Blau erinnert mich immer mehr an einen wunderschönen Sommerhimmel, statt an einen Gletscher, wie sonst immer. Die Farben seiner Augen erinnern mich an etwas. Sie erinnern mich an früher. An die Zeit, als noch alles okay zwischen uns war. An die Zeit, als ich glücklich in ihn verliebt war. Mein Blick wandert weiter runter, über seine gerade Nase bis hin zu seinen Lippen. Diese sehen noch immer so weich aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Und dass sie sich noch immer so weich anfühlen, weiß ich. Doch gerade jetzt erscheinen sie so unglaublich einladend.

„Du starrst", reißt mich Alex amüsierte Stimme aus meiner Musterung und ich senke peinlich berührt den Blick, ohne eine Antwort zu geben.

Was um Himmelswillen ist in mich gefahren?!

„Wenn du mich küssen willst, dann sag das doch einfach, statt meine Lippen nur sehnsüchtig anzustarren", fährt er mit einem amüsierten Ton in der Stimme fort und ich hebe ruckartig den Kopf, jegliches Schamgefühl verdrängend. „Ich habe deine Lippen nicht sehnsüchtig angestarrt! Und ich will dich nicht küssen!" Scharf dringen die Worte aus meinem Mund. Zur Bestätigung blicke ich ihm finster in die Augen, auch wenn ich mir selbst eingestehen muss, dass meine Worte nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Alex Blick wird nachdenklich, doch einschüchtern lässt er sich nicht. „Mm...sollen wir mal schauen, ob du immer noch dieser Meinung bist, nachdem ich dich geküsst habe?", fragt er schließlich und zwinkert mir provokant zu. „Versuche es und ich kastriere dich!", knurre ich und Alex redet unbeeindruckt weiter. „Seit wann denn so kratzbürstig, Prinzessin?" „Ich bin weder kratzbürtsig noch deine Prinzessin!", widerspreche ich und schmeiße ein Kissen nach Alex, welches er natürlich auffängt. Würde mich auch wundern, wenn er es nicht täte, schließlich ist er im Basketballteam. „Du kannst ja gut werfen", stichelt er und ich richte mich auf, um größer zu erscheinen. Angriffslustig blicke ich auf ihn hinab. „Ich kann also nicht gut werfen? Wie sieht es denn mit zielen aus?", frage ich provokant und finde so langsam gefallen an der Situation, als ich nacheinander zwei Kissen auf ihn hinabfallen lasse. Allerdings schlägt er auch diese weg und grinst mich an. „Mehr hast du nicht drauf?" Seine Worte entfachen in mir den Wunsch, ihm mal so richtig eine runter zu hauen.

Wie schafft er es nur immer, mich so zu provozieren?!

Noch ehe ich weiter darüber nachdenken kann, werden mir meine Beine weggeschlagen und ich plumpse zurück aufs Bett. „So, jetzt hast du genug auf groß getan", lacht Alex neben mir und ich stiere ihn böse an. „Ach weißt du was, du kannst mich mal!", gebe ich mies gelaunt von mir und schiebe meine Stimmungsschwankungen auf das erst kürzlich geschehene Ereignis. Genervt von mir selbst steige ich vom Bett, wobei mich Alex Hand, welche mich zurück halten will, haarscharf an meinem Pulli vorbeischrammt.

„Hey, wo willst du denn hin?", ruft Alex mir nach, doch ich ignoriere ihn. Zielstrebig laufe ich auf die Tür zu, welche zum Gang führt. Noch länger werde ich sicherlich nicht hier bleiben. Nicht nur, weil ich keine Lust auf Alex habe, sondern auch, da ich ihm meine Stimmungsschwankungen ungern antue will.

Doch noch ehe ich auf nur einen Schritt aus dem Zimmer machen kann, zieht Alex mich zurück. Bestimmend schlägt er die von mir zuvor geöffnete Tür wieder zu, nur um mich dann an besagte Tür zu pressen, seine Arme rechts und links gegen die Tür stützend. „Du bliebst da!", knurrt er und betont jedes Wort einzeln. Seine Augen bohren sich in meine und ich verspüre den Drang, mein Bein hochzuziehen und in seinen Schritt zu rammen. „Hör auf hier das typische Klischee eines besitzergreifenden Badboys zu spielen und lass mich endlich los!", verlange ich und blicke ihn finster an. „Warum sollte ich? Ich finde es ziemlich amüsant, wenn du nicht entkommen kannst", erwidert er ungerührt, doch sein Gesichtsausdruck ist keines Falls amüsant. Ich lege den Kopf schief und tue so, als würde ich ernsthaft überlegen. „Mm, weil ich dir sonst in dein Allerheiligstes treten werde?", sage ich unschuldig, ehe ich ihn frech angrinse. „Du bist ganz schön frech, weiß du das?", fragt er und blickt mich mit einem undefinierbaren Blick an „Ja, weiß ich. Hast du damit Probleme?" „Nein, aber du solltest aufpassen. Ich mag keine frechen Mädchen" „Das ist dann nicht mein Problem", meine ich und diesmal bin ich es, die sein provokantes Zwinkern imitiert. Allerdings vergeht mir dieses ganz schnell, als sein Gesicht meinem gefährlich nahe kommt. „Oh doch, ich denke dass es sehr wohl dein Problem ist", flüstert er und sein warmer Atem schlägt gegen mein Ohr. Gegen meinen Willen überzieht Gänsehaut meinen Körper.

„Das wagst du nicht!" Obwohl meine Stimme selbstbewusst klingt, bin ich mir im innere nicht sicher. „Und wie ich es wage! Kostprobe?", sticheln er und grinst mich an. „Wehe!" „Sonst was?" Als Antwort auf seine Frage hebe ich nur mein Bein und er schenkt mir einen abschätzigen Blick. „Machst du nicht. Dafür werde ich dich viel zu sehr von den Socken hauen", gibt er dann arrogant von sich. „Du willst es wohl darauf ankommen lassen, was?" „Wieso sollte ich auch nicht?" „Tja, dann hast du die Rechnung ohne mich gemacht" Mit einem Fakelächeln tauche ich unter seinen Armen hindurch, mich innerlich selbst lobend. Dann mache ich drei Schritt zur Seite, komme jedoch keinen Millimeter weiter. „Und du ohne mich", erwidert Alex ungerührt und zieht mich mit Leichtigkeit wieder zurück, nur dass er diesmal meine Hände an die Tür fesselt. Ich komme mir immer mehr wie in einem kitschigen Liebesroman vor. Ein Gefühl, welches ich zutiefst verabscheue.

Meinen bitter-bösen Blick, welcher nur ihm gilt, ignoriert er geflissentlich. „Und so schnell kann's gehen. Was willst du jetzt machen?", fragt er und grinst mich siegessicher an. Nun kann ich nur noch versuchen, ihm wirklich in seine Weichteile zu treten. Allerdings scheint Alex das schon vorher gesehen zu haben, denn prompt steht er zwischen meinen Beinen, sodass selbst dieser Plan zunichte geht. Entnervt schaue ich ihn an. „Und jetzt? Willst du jetzt die ganze Zeit so mit mir hier stehen?" „Nein, will ich nicht" „Dann lass mich verdammt noch mal los!" „Nein" Ich stöhne genervt auf. Verstehe einer das verhalten dieses Typen!

„Und warum nicht?" „Weil du sonst weglaufen würdest" „Nein, werde ich nicht! Lässt du mich jetzt los?" „Nein" Nun reist mir endgültig der Geduldsfaden. „Himmel Alex, was willst du eigentlich? Jetzt lass mich endlich los und hör auf, hier so ein Theater zu machen! Sonst mu-", weiter komme ich nicht, da sich Alex Finger auf meine Lippen legen. „Sch. Jetzt bist du mal schön Still", verlangt er sanft, doch ich denke gar nicht daran „Du kannst mic-" „Ich habe dich gewarnt", unterbrich er mich erneut, bevor er mich wieder zum schweigen bringt. Diesmal aber durch seine Lippen.

***

Ich warte nur noch auf eure Kommentare...vor allen, da ich weiß, wie es weiter geht...

Ist euch eigentlich aufgefallen, dass die Kapitel mit Alex und Summer immer die längsten sind? Dieses hier hat beispielsweise 1433 Wörter...

Das war dann das vierte Kapitel. Und ehrlich gesagt hat es mir wirklich Spaß gemacht, dieses Kapitel zu schreiben 😁. Was haltet ihr von diesem? Zu viel Klischee?

Bis in 20 Minuten 👋

Secrets of the past | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt