Kapitel 31

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„Mum!", rufe ich erleichtert, als ich ihre vertraute Gestalt im Wohnzimmer ausmachen kann und renne auf sie zu. „Summer", seufzt Mum erleichtert auf, als ich in ihre Arme falle und mich wie ein kleines Kind an ihr festkralle. Mum schlingt ihre Arme um mich und drückt mich fest an sich, als wolle sie mich nie wieder los lassen. „Gott sei dank, dir geht es gut!" Ich nicke nur und ziehe ihren Duft nach Rosen und einem ganz eigenen Geruch, den ich nicht zuordnen kann, ein.

Doch dann löse ich mich von ihr, in Erinnerung daran, dass sie mehr weiß, als sie mir sagt. „Mum, was ist hier los? Und warum ist Gina so...so gelassen? Was hat es mit der Leiche auf sich und warum wur-", ratterte ich runter, werde allerdings von Mum unterbrochen. „Summer. Ich weiß, dass ist alles sehr neu für dich, aber...aber es gibt eben sehr viel, dass du noch nicht weist und auch nicht verstehen wirst. Bitte, es ist alles in Ordnung. Du brauchst dir keine Sorg-" „Mum! In Ehlias Garten liegt ein erschossenes Mädchen und du sagst, ich soll mir keine Sorgen machen?!", rufe ich aufgebracht und kann nicht glauben, mit welcher Gelassenheit Mum diese Situation nimmt. „Außerdem bin ich bald achtzehn, da versteht man schon sehr viel, danke auch!", schiebe ich hinterher, einen trotzigen Ton in der Stimme. Jedoch verstehe ich wirklich nicht, warum ich ein paar Sachen, welche offensichtlich von Bedeutung sind, nicht wissen darf, während Gina anscheinend damit aufgewachsen ist.

„Summer, bitte. Es ist besser, wenn du es nicht weißt-" „Das ist mir egal! Ich will es wissen! Was für ein krankes Spiel wird hier gespielt?!", brülle ich wütend und laufe aufgebracht durch den Raum. Ich will endlich wissen, was hier passiert. Ich meine, es ist doch nicht normal, eine Leiche in einem Garten zu finden, dessen Tod obendrein noch gewollt war. Dieses Mädchen wurde ermordet und meine Familie hat offensichtlich etwas damit zu tun, wie ich dank Mum's und Gina's Worte weiß.

Haben sie vielleicht etwas mit dem Mord zu tun?

„Summer! Es reicht! Es gibt Dinge, die du nicht wissen musst und damit basta! Und jetzt gehe bitte wieder hoch, bis wir nach Hause fahren!", ruft Mum, ebenfalls nicht mehr ruhig und schaut mich streng an. Ich unterdrücke das verlangen, einem kindlichen Reflex nachzugehen und trotzig irgendwelche Beleidigungen zu sagen. Stattdessen feuere ich wütende Blicke zurück, auch wenn ich innerlich verletzt bin. Ich dachte, dass sie mir vertraut.

Dann mache ich auf dem Absatz kehrt und laufe die Treppe zu meinem Gastzimmer hoch, während meine Gedanken Achterbahn fahren. Schlussendlich beschließe ich, die Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen, da ich schon erste Anzeichen von Kopfschmerzen spüre und in diesem Durcheinander sowieso keinen Durchblick habe.

Im Zimmer angekommen atme ich erleichtert aus, als ich Alex nirgends finden kann. Nach meinen Worten bin ich aus dem Zimmer gegangen und habe ihn alleine gelassen. Ich denke, das brauchten wir beide. Nun, da wir mehr über den Anderen wissen, ist dir Situation nicht unbedingt leichter. Jedenfalls für mich nicht. Denn nun gibt es da den Teil, der immer noch seine von Abscheu geprägten Worte in sich hat, welche er mir entgegen schleuderte, als er mit mir Schluss machte. Der andere Teil von mir, will sich auf ihn stürzen, ihn abknutschen und einfach alles vergessen, doch ein anderen Teil weiß nicht, was für Gefühle ich Alex gegenüber hege. Wie gesagt, es ist viel komplizierter.

Ich weiß ja nicht einmal, ob ich überhaupt noch mit Alex zusammen sein will - ob ich ihn überhaupt noch liebe. Generell hätte ich nie erwartet, dass er tatsächlich etwas für mich gefühlt hat. Nicht, nachdem er so herzlos mit mir Schluss gemacht hat.

Seufzend suche ich das Bad auf, welches ich sogleich hinter einen waldgrünen Tür vorfinde. Die riesige Badewanne ist das Erste, was mir ins Auge fällt, gefolgt von den blitzblank geputzten Fliesen, welche im Schein der Lampen leuchten. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass es schon weit nach Mitternacht ist, was mich nicht wirklich wundert. Schließlich bin ich erst gegen 10 pm hier her gekommen. Und mit Alex habe ich mich anscheinend auch sehr lange unterhalten.

Ohne einen weiteren Gedanken an irgendwas zu verschwende, lasse ich Wasser in die Wanne und finde nach einigem Durchforsten der kleinen Schränke, welche an der Wand hängen, ein Badezusatz, welcher wunderbar nach Rosen riecht. Wenige Sekunden später tauche ich in das wohlig warme Wasser und seufze entspannt auf. Die Wärme umhüllt mich wie ein schützender Kokon und erinnert mich an die Wärme einer Umarmung. Etwas, das ich gerade ziemlich vertragen könnte.

Während ich im Wasser liege, alle Gedanken verdrängend, laufen mir kleinen Tränen über die Wange, welch immer weiter zunehmen, bis ich schließlich stumm weine. All die Verzweiflung, welche sich in mir gesammelten hat, all der Schmerz und sonstige zusammengeballte Gefühle entweichen nun mit jeder weiteren Träne, welche ins Wasser hinabtropft und sich in den vielen Wassertropfen verliert.

Wann genau hat sich mein Leben so verändert? Und warum konnte alles nicht so bleiben, wie es war? So war es doch gut!

Mit der Zeit heilen Wunden. Das hat mir mal jemand gesagt. Aber was, wenn mit der Zeit nur noch mehr Wunden dazu kommen? Was, wenn sich mein Leben gerade um verdammte 180 Grad dreht und ich gerade noch am Anfang stehe? Denn irgendwie weiß ich, dass noch so viel auf mich zukommen wird. Nicht nur schöne Sachen, nein auch der grausame Schmerz, welchen ich so verabscheue. Ich denke, mein Leben, so unschön es auch manchmal war, wird ab sofort nie mehr so sein, wie damals. Und genau jetzt, in diesem Moment wünsche ich mir, dass alles wieder so ist wie früher.

***

Dieses Kapitel ist mal wieder etwas kürzer, dafür hatten die anderen aber wirklich sehr viele Worte. Naja, das war dann der sechste Teil der Lesenacht. Jetzt kommt nur noch einer, dann kann ich aber nicht mehr. 7000 Worte an zwei Tagen sind aber auch nichts, was ich jeden Tag schreibe, also...

Was haltet ihr von Ellas (Mum) Reaktion? Was glaubt ihr, haben sie und Gina zu verheimlichen? Und findet ihr Summer's Reaktion nachvollziehbar?

Ich freue mich auch eure Antworten und kann nur sagen: bis gleich!

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