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ʸᵒᵒⁿᵍⁱ
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Missmutig betrachte ich den viel zu breit lachenden Smiley auf dem Zettel und knalle diesen murrend zurück auf den Couchtisch. Ich komme mir vor wie irgendein Sonderling, der auf die Hilfe und Gesellschaft von anderen angewiesen ist, wenn ich nur daran denke, wie Hoseok mit mir umgeht. Aber auch Jimin und sein Freund Taehyung haben mich so behandelt. Frechheit!

Mit zerknauster Miene stoße ich mich von dem leider viel zu bequemen Sofa ab und wandere langsam in Hoseok's Schlafzimmer, wo ich mir einen etwas dünneren Pullover, eine hoffentlich halbwegs passende Jeans und nach kurzem Überlegen auch eine frische Boxershorts und frische Socken nehme. Irgendwie ist der Gedanke, anderer Leute Unterwäsche zu tragen nicht gerade der tollste.

Nachdem ich auch das Badezimmer aufgesucht habe und fünfzehn Minuten später wieder heraus komme, fühle ich mich halbswegs lebendig und in Stande dazu, mein Zuhause aufzusuchen. Ich schlüpfe also so gut es geht in meine Sneaker und ziehe mir meine Jacke über. Hoseok's dämlichen Zettel stopfe ich zur Sicherheit in meine Jackentasche und verlasse das warme Apartment. Schon der Flur ist so eisig, dass ich wünschte ich könnte wieder umdrehen. Allerdings habe ich natürlich weder den Code noch einen Schlüssel für die Tür und da ich irgendwie auch nach Hause möchte, bleibt mir keine andere Wahl, als auch noch wirklich nach draußen an die kühle Herbstluft zu gehen.

Der Fußweg zieht sich schrecklich und je näher ich den Haus komme, desto mulmiger wird mir zumute. Meine Hand zittert sogar total, als ich die Tür öffne und augenblicklich, als ich den Flur betrete, schießen Tränen in meine Augen. Schwer schluckend streife ich meine Schuhe ab und hänge meine Jacke weg, ehe ich auf Zehenspitzen das Erdgeschoss durchstöbere. Logischerweise hat sich zu gestern nichts verändert, aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis, mir dabei auch wirklich sicher zu sein.

In der Küche stoppe ich und betrachte den ungemachten Abwasch kurz. Darum sollte ich mich definitiv kümmern - doch bevor ich überhaupt das Wasser laufen lassen kann, ertönt der nervtötende Klingelton meines Handys.

,,Doktor Choi.", sage ich beinahe verwirrt, als ich den eingehenden Anruf annehme, und höre meinen Gesprächspartner tief einatmen. ,,Yoongi.", sagt er leise, ,,Kannst du herkommen?" ,,Jetzt?", frage ich und rechne mit einer positiven Antwort, weshalb ich direkt zurück in Richtung Flur gehe. ,,Ja, das wäre am besten. Ich warte am Haupteingang." ,,Okey.", ist alles was ich dazu sage und beende den Anruf. Seine Aussage sorgt dafür, dass mir etwas flau im Magen wird, doch das ignoriere ich einfach und konzentriere mich darauf, den nächsten Bus zu bekommen und damit zum Krankenhaus zu fahren. Natürlich mit Musik in den Ohren.

Kaum stehe ich fast eine halbe vor Doktor Choi, führt dieser mich in sein Büro und drückt mich vorsichtig auf einen der beiden Stühle. ,,Yoongi...", sagt er leise und sieht mich schwer ausatmend an, ,,Es tut mir leid."

Es tut mir leid

,,S-Sie?-" ist tot.
,,Yoongi-" ,,Sie haben gesagt- SIE HABEN MIR VERSPROCHEN, SIE ZU RETTEN!", schreie ich und spinge auf. ,,Ich sagte, ich werde tun, was ich kann-" ,,SIE SAGTEN SIE RETTEN SIE!", rufe ich erneut. Meine Sicht verschwimmt und unüberlegt laufe ich ein paar Schritte vorwärts, um gegen die Brust des 40-Jährigen zu schlagen. Überraschenderweise lässt er das etwas über sich ergehen, ehe er meine Fäuste mit einer Hand festhält und seinen freien Arm um mich schlingt. ,,Deine Mutter hat sich die Pulsader aufgeschnitten, wir haben getan was wir konnten, aber-" ,,Nein!", schluchze ich laut auf und schüttel meinen Kopf stark. ,,Sie ist nicht tot!" ,,Vielleicht ist sie jetzt erlöst. Das ist das, was sie all die Zeit wollte.", murmelt Doktor Choi, der mich und meine Mutter schon aufgrund sämtlicher anderer Vorfälle kennt und daher auch von ihrem Leid weiß.

,,Aber Sie hätten sie retten müssen.", schluchze ich leise und spreche so undeutlich gegen seine Brust, dass selbst ich mich kaum verstehe. ,,Wir haben alles versucht, das schwöre ich dir-" ,,Sie kann nicht tot sein.", schniefe ich und versuche mit aller mir zustehender Kraft eine Panikattacke zu unterdrücken. Doch mein Atem wird flacher und ich ziehe und stoße die Luft immer hektischer in und aus meinem Körper. Das kann nicht wahr sein! Es muss einfach ein wirklich wirklich blöder Albtraum sein.

,,Mir ist schwindelig.", presse ich hervor, kaum zehn Sekunden später liege ich auch schon auf der schmalen weißen Liege und Doktor Choi hält meine Füße etwas in die Höhe. Erst jetzt spüre ich die heißen Tränen über meine Wange rinnen und die fehlende Körperwärme lässt mein Herz nur noch mehr krampfen. ,,S-Sie kann nicht weg sein!" ,,Versuch mit mir zu atmen, Yoongi.", ist alles was der Mann sagt und atmet extra laut für mich.

Ich versuche es, ich versuche es wirklich, aber meine Welt bricht gerade komplett auseinander! Scheiße, was mache ich denn jetzt?!

Ich verfalle total in Panik, mir tut alles weh und ich kann nicht mal hören, was Doktor Choi sagt. Ich sehe seine Lippen, wie er mit mir redet und versucht mit seiner Hand, die er anhebt und sie sinken lässt, meine Atmung zu regulieren, aber ich- es erreicht mich nicht. Ich bin wie weggetreten und spüre nur diesen unendlichen Schmerz, die Leere und sogar etwas Hoffnung, dass er mich aus irgendeinem unerschwinglichen Grund einfach nur verarscht.

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the power of fate | jhs mygWo Geschichten leben. Entdecke jetzt