„Die nutzt dich doch nur aus Malfoy", ertönte Millicents Stimme. Ihr fettes Gesicht tauchte vor Hermione auf. „Das Schlammblut gehört nicht in unsere Welt! Sie soll dahin zurückgehen, wo sie herkommt!" Malfoy stand neben ihr und zog seine Nase kraus, als würde er einen Gestank einatmen. „Schlammbut ist und bleibt schmutzig. Dachtest du im ernst, ich würde mich mit einer wie dir abgeben?" Dann waren da Harry und Ron. Harry zog eine Augenbraue hoch. „Ist dir eigentlich klar, dass ich der letzte Spross aus einer der größten Zaubererfamilien bin? Und was bist du? Spross aus einer Zahnarztfamilie." Er lachte böse. Sie starrte ihn an. Wie konnte er? „Die Weasleys sind eine der reinblütigsten Familien in der Zaubererwelt, denkst du wirklich, ich hätte mich mit dir abgegeben? Bones ist bei weitem die bessere Wahl für mich." Rons Worte trafen sie ebenso.
„Du nimmst uns unser Essen weg", spie Millicent aus. „Du tust so, als wärst du was Besseres, dabei rinnt Dreck durch deine Adern", es war Malfoy der ihr das entgegenwarf. „Du bist ein Nichts, ohne Stammbaum", fuhr ausgerechnet Harry sie wieder an. „Du möchtest nur die Reinheit unserer Blutlinien beschmutzen", warf Ron ihr vor, „aber wir haben dich durchschaut."
Und dann tauchte plötzlich hinter ihnen das Gesicht auf, das sie in ihren schlimmsten Albträumen heimsuchte. Das böse Grinsen von Bellatrix Lestrange ließ sie aufschrecken.
Keuchend bäumte sie sich auf. Erschrocken fuhr die Person, neben ihrem Bett zusammen. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass sie immer noch im Krankenzimmer und wer der Junge neben ihrem Bett war. „Malfoy?", brachte sie ungläubig heraus. Er strich sich entnervt über das Gesicht. „Sag mal, wachst du immer so auf?", fragte er, offensichtlich immer noch verstört.
Kurz überlegte sie, ob Malfoy einen Zauber gewirkt hatte, der ihr diese Albträume verursachte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist, sagte sie sich. Und ähnliche Albträume jagten sie in letzter Zeit öfter.
„Was tust du hier?", sie wich seiner Frage aus. Er fuhr sich durch die Haare. „Madame Pomfrey meinte, du wärst soweit wieder ok und könntest mitkommen, sobald du aufwachst."
Sie starrte ihn an. Er wirkte etwas verlegen.
„Weasley und Potter waren scheinbar vorher da", er zeigte auf einen kleinen Berg Süßigkeiten, an dem eine Notiz der beiden angebracht war. Sie atmete tief durch. Der Traum war nur ein Traum gewesen, sagte sie sich. Harry und Ron waren immer noch ihre Freunde... und Malfoy immer noch 'ihr Freund'.
„Ich weiß nicht, ob das Ganze wirklich so eine gute Idee ist", flüsterte sie ihm zu.
„Du willst JETZT einen Rückzieher machen?", der Widerhall seiner Stimme klang verächtlich in ihren Ohren, „dabei hat das Wiesel gerade erst wieder bemerkt, dass es dich gibt. Glaub mir, je länger wir diese Scharade aufrecht erhalten, desto mehr wird er dir anschließend zu Füßen liegen."
Sie schluckte. Ron...
„Gut", sie stand aus dem Bett auf. Malfoy reichte ihr eine Tüte. Sie öffnete sie und sah ein paar Blätter darin. Als sie eines herauszog, stellte sie fest, dass es in einer kleinen, aber sehr prägnanten Handschrift beschrieben war. „Alte Runen?", fragte sie verdutzt.
„Eine Kopie meiner Mitschrift der Stunde", meinte Malfoy schulterzuckend, „ich glaube du hattest heute auch Aritmantik oder? Das haben wir getrennt, aber wenn du willst, können wir gerne meine Sachen durchgehen und sehen, ob wir schon weiter sind als ihr..."
Sie starrte ihn an. Er wich ihrem Blick aus.
„Das ist... sehr nett", stellte sie schließlich fest. „Ich bin ein netter Mensch", flüsterte er. Sie lachte schallend auf. Wenn jemand das Gegenteil von nett war, dann doch wohl Malfoy.
Er mied weiter ihren Blick.
„Du packst besser deine Sachen, damit wir von hier verschwinden können", erklärte er ihr durch zusammengebissene Zähne. Sie zuckte nur mit den Schultern und räumte alle Süßwaren von Ron und Harry mit in die Tüte, die ihr Draco gebracht hatte. Er beachtete sie nicht, als sie schließlich aufstand und in Richtung Tür ging. Stattdessen stand er ohne ein Wort auf, um ihr vorauszugehen. Bei der Tür angekommen hielt er diese für sie auf. Sie sah ihn an. Er starrte mit einem bösen Blick an ihr vorbei.
Hermione zuckte kurz mit den Schultern und ging an ihm vorüber.
Beinahe augenblicklich war Malfoy wieder an ihrer Seite.
Zusammen schlenderten sie in Richtung der großen Halle. Immer wieder hörte Hermione das Getuschel, wenn sie Seit-an-Seit an einer größeren Schülergruppe vorbeigingen. Als sie die große Halle betraten, wollte Hermione zum Gryffindor Tisch gehen, doch eine Hand hielt sie davon ab.
„Willst du wirklich Potter und dem Wiesel jetzt Rede und Antwort stehen?", fragte eine kalte Stimme. Sie zögerte, was sollte sie sonst tun? Ron und Harry starrten sie beide von ihrem Haustisch aus an.
„Komm mit mir an den Slytherintisch", es kam ihr vor, als würde er sie locken, „das geht schon in Ordnung." Sie wägte kurz ab, entschied sich dann aber dafür, mit Ron und Harry einzeln zu reden. So folgte sie Malfoy. Ein kurzer Blick zu ihren Freunden verriet ihr, dass Ron aufgesprungen war, als sie schon bei dem ersten Tisch abbog, Harry ihn aber am Arm zurückhielt.
Als sie sich setzte, bekam sie einige böse Blicke von den bereits sitzenden Slytherins zugeworfen.
„Sie gehört zu mir", stellte Malfoy kalt fest.
„Sie ist eine Gryffindor!", widersprach Pansy Parkinson.
„Sie ist meine Freundin", knurrte Malfoy sie geradezu an. Pansy erwiderte nichts weiter, sondern stand auf und ging erhobenen Hauptes, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Hermione drängte sich der Gedanke auf, dass gerade ein Machtkampf ausgefochten worden war und Malfoy diesen gewonnen hatte. Dumpf erinnerte sie sich, dass Pansy immer um Malfoy herumgeschlichen war und ihn bemitleidet hatte, selbst, wenn er es gar nicht gebraucht hätte. Dann stieg die Erinnerung hoch, wie Malfoy auch Parkinsons Nähe augenscheinlich genossen hatte... warum Daphne?
Eine Hand legte sich auf die ihre und riss sie aus den Gedanken. Sie sah den Arm entlang. Es war Malfoy, der sie nun in einer beschützerischen Geste festhielt. „Hat sonst noch jemand Einwände?", fragte er in die Runde.
Es war Millicent Bulstrode, die sich zu Wort meldete: „Sie nutzt dich nur aus Draco, merkst du das nicht? Die will sich doch bloß bei uns durchfressen." Wie kam Bulstrode darauf? Am Gryffindortisch gab es genau das gleiche Essen wie hier. Hermione musste nicht lang überlegen. „Ich habe nicht vor so fett zu werden wie du!"
Bulstrode stieß einen Wutschrei aus und versuchte über den Tisch zu hechten. Wäre sie athletischer gewesen, hätte dieser Versuch vielleicht geklappt, aber so blieb sie mitten auf dem Tisch liegen. Hermione sah sie verächtlich an, wie sie da lag und mit allen Vieren zappelte, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Dann wurde sie sich der anderen tödlichen Blicke gewahr. Schnell begriff sie, dass es ein Fehler gewesen war, Millicent zu beleidigen. Sie war hier nicht am Gryffindortisch, an dem ihre Freunde saßen, sondern bei den Slytherins, die eher zu Millicent hielten.
Selbst Malfoy warf ihr strafende Blicke zu. Sie duckte sich leicht.
„Sorry", es kam nur in einem Flüsterton über ihre Lippen, „alte Gryffindorgewohnheit, erst sprechen, dann denken." Sie hoffte, durch das Aufzeigen der Fehler ihres Hauses, die Slytherins etwas beruhigen zu können.
Bei den Meisten schien das auch zu ziehen, abgesehen von Bulstrode.
Hermione dachte kurz an die Tafel Schokolade die Malfoy Millicent wortwörtlich weggenommen hatte, als es ihr schlecht ging. Sie sah auf die Tüte mit Süßwaren, die ihre Freunde ihr an das Krankenbett gebracht hatten. Ein Zauber verkleinerte die Unterlagen Malfoys, so dass sie diese in eine Tasche ihres Umgangs stecken konnte. Dann reichte sie die Tüte hinüber zu der Slytherinschülerin. Diese warf einen kritischen Blick hinein, nur um Hermione anschließend böse anzustarren. „Wer sagt mir, dass sie nicht vergiftet oder verflucht sind?"
Hermione konnte es nicht glauben. Wie weit ging das Misstrauen der Slytherins? Millicent griff in die Tüte, holte ein himmelblaues Bonbon heraus und hielt es Hermione vor die Nase. „Du probierst zuerst!"
Seufzend nahm diese die Naschware in die Hand, öffnete das Papier und schob sich die kleine Leckerei in den Mund. Gleich darauf spürte sie, wie Rauchschwaden ihre Ohren verließen und sie ihren Mund nicht mehr öffnen konnte.
Malfoy kam ihr zu Hilfe. „Du siehst, es ist alles in Ordnung damit. Die Sachen waren eigentlich alle für Hermione bestimmt und solange keiner ihrer Freunde sie vergiften wollte, sind sie sauber. Das kann ich bezeugen."
Hermione konnte endlich wieder nach Luft schnappen. Es waren wohl ein paar Scherzbonbons dabei gewesen, aber weder Millicent noch die Anderen schienen sich daran zu stören.
Immer noch betrachtete die Slytherin sie, mit einem abschätzenden Blick. Dann nickte sie schließlich und packte die Tüte unter den Tisch. Die anderen begannen zu essen. Kurz suchte Hermione Malfoys Blick, der nickte ihr aber lediglich zu, bevor er seinen Teller mit der ein oder anderen Köstlichkeit belud. Hermione tat es ihm gleich. Und schon bald lauschte sie den summenden Gesprächen um sich herum, die denen am Gryffindortisch nicht unähnlich waren.
DU LIEST GERADE
Die WinWin Situation (Dramione)
RomanceWill man einen Plan für eine gute Intrige spinnen, fragt man am Besten einen Slytherin. Doch in dieser speziellen Situation, ist es der Slytherin, der einer Gryffindor anbietet Teil einer Intrige zu werden, natürlich nicht ganz selbstlos. Aber Pläne...