Als Hermione am nächsten Morgen aufstand wechselte Harry kein Wort mit ihr. Ohne Zweifel hatte er von der Sache mit dem Punktabzug gehört und war weniger unparteiisch als sie.
Sie ließ ihn, wusste sie doch, dass wenn die Wut erst einmal verflogen war, man durchaus mit ihm reden konnte. Auch Malfoy hatte sie nicht abgeholt. Dennoch ging sie eiskalt am Gryffindor-Tisch vorbei und setzte sich zum Frühstück neben ihn. „Ich dachte, du würdest dich nach gestern, gern mit deinem Haus aussöhnen", flüsterte er ihr zu. Sie zuckte nur mit den Schultern und fischte sich etwas Brot, auf das sie zuerst Butter und dann Honig strich. „Die müssen sich erst einmal abkühlen. Aktuell wäre es gleichzusetzen mit dem Sprung in eine Löwengrube, wenn ich mit ihnen esse." Draco nickte nur, sagte aber nichts weiter. Er hatte offensichtlich auch schon gehört, was am Vortag vorgefallen war.
„Guten Morgen Mione", flötete da von der anderen Seite eine Stimme. Unisono schossen alle Köpfe der Slytherins nach oben und starrten die breit grinsende Millicent an. „Guten Morgen Milli", antwortete Hermione, die nicht wusste, was sie aus dem Verhalten der Zauberer um sich herum schließen sollte.
Gut die Hälfte der Köpfe, wandten sich nun fassungslos ihr zu. Auch Draco starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr. „Was ist mit denen? Die tun so, als hätten sie Merlin persönlich gesehen."
„Du hast keine Ahnung, was du gerade gesagt hast?", fragte er zurück. Sie schüttelte nur verwirrt den Kopf. Dann begann er haltlos zu lachen.
Sie fand das gar nicht komisch. „Ich erkläre es dir, nach dem Frühstück", sagte er und legte besitzergreifend seinen Arm um sie.
Der Rest des Essens verlief frei von jeglichen Vorkommnissen. Auf dem Weg zum ersten Unterricht erzählte Draco ihr, was es mit „Kosenamen" auf sich hatte. Oder besser, zuerst lamentierte er lang und breit darüber, dass Fächer wie Muggelkunde angeboten wurden, während Zaubererkunde für „Muggelgeborene" (er betonte dieses Wort extrem) nicht im Lehrplan stand. Hermione musste feststellen, dass es drei Arten gab, andere Magiebegabte anzusprechen. Diese gaben Aufschluss über das Verhältnis zwischen den beiden Parteien. Benutzte man den Nachnamen, zeigte man, dass es sich um ein geschäftliches Gespräch handelte oder gerade keine Lust auf dieses Gespräch hatte. Nannte man den anderen beim Vornamen, kam eine emotionale, freundschaftliche Ebene mit ins Spiel. Und Kosenamen wiesen auf eine Art von Zärtlichkeit hin. Hermione verschluckte sich und musste husten. „Heißt das, Millicent und ich haben uns am Tisch eine Art Liebeserklärung gemacht?", fragte sie, nun aschfahl im Gesicht. Draco lachte. „Na ja, nicht so ganz... Eher, dass ihr so etwas wie Schwestern im Geiste seid."
Das musste Hermione erst einmal verdauen. Sie war immer ein Einzelkind gewesen... jetzt plötzlich eine Schwester zu haben, wenn auch nur im Geiste, war doch etwas überraschend.
Dann fiel ihr ein, wie viele Leute sie mit Kosenamen ansprach. Allen voran Ron und Ginny. Sie hatte immer eine Familie in ihnen gehabt, aber erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Freunde das auch, auf diese besondere Weise, zum Ausdruck gebracht hatten.
„Ich muss gestehen, nicht einmal ich habe Millicent zugetraut, so verschlagen zu sein." - „Was meinst du damit?", wollte Hermione wissen. „Na ja", rückte er schließlich mit der Sprache heraus, „Millicent hat den Ruf, eine eher mäßige Hexe zu sein. Und nun ist sie plötzlich auf Kuschelkurs mit dem Golden Girl von Gryffindor." - „Nenn mich nicht so", fuhr ihm Hermione unwirsch dazwischen. „Sagen wir es so, jetzt ist sie kein Niemand mehr, sondern deine Schwester im Geiste. Jeder wird vorsichtig gegenüber einer Schwester der berühmten Kriegsheldin sein."
Sie gingen stumm den Gang entlang, bis Draco fragte. „Wirst du sie jetzt wieder Bulstrode nennen?" Hermione überlegte kurz und antwortete dann, offensichtlich zu seiner Überraschung. „Eigentlich gefällt mir Milli ganz gut. Ich denke, ich bleibe dabei. Was wäre ich denn für eine schlechte Schwester, wenn ich sie nach dem ersten Tag schon wieder abweise." Ein Lächeln huschte bei diesen Worten über ihre Lippen. Milli hatte bekommen, was sie wollte und Hermione kostete es genau genommen nichts.
Dann fiel ihr ein, was sie über Draco gesagt hatte. „Hast du Probleme mit anderen Schülern?", wollte sie wissen. Er zögerte kurz, bevor er verneinte. Sein Zögern zeigte ihr, dass nicht einmal ihr Name so viel Gewicht besaß, Draco vollkommen zu rehabilitieren.
„Sollten wir uns nicht auch bei Kosenamen nennen?", fragte sie ihn. „Du weißt schon, als Pärchen und so..."
Draco schüttelte den Kopf. „Viele Paare sprechen sich erst nach dem ersten Jahr mit Kosenamen an. Andere tun das nur, wenn sie allein sind. Keiner wird Verdacht schöpfen, wenn wir bei den Vornamen bleiben." Seine Worte erinnerten Hermione daran, dass ihre Beziehung nur gespielt war.
„Wir könnten es aber trotzdem tun", begehrte sie auf, „es würde alles realer erscheinen lassen."
Sie fühlte, wie er sie packte und in eine Nische zog, in der sie niemand sah. „Hör mir zu Hermione, Kosenamen sind für uns etwas Besonderes. Man verwendet sie nur, wenn man es wirklich so meint, verstehst du? Ich werde dich nicht bei einem Kosenamen nennen, nur um unsere Geschichte glaubhafter zu machen. Nicht, wenn es nur eine Geschichte ist, die wir uns hier zusammenlügen, hast du verstanden?" Sein Atem ging bei diesen Worten schwer. Sie zitterte, als er beinahe zärtlich mit seinen Fingern ihre Wange entlangfuhr.
Dennoch nickte sie. Gern hätte sie ihm gesagt, wie viel er ihr inzwischen bedeutete. Doch sie fand einfach nicht die richtigen Worte. Er würde sie wahrscheinlich sowieso nur auslachen...
Ein kleiner Teil von ihr wünschte sich jetzt eine reale Beziehung herbei. Sie wollte in den Arm genommen und geküsst werden. Sie wollte, dass die Berührungen wirklich waren, nicht gespielt. Immer hatte sie stark sein müssen, immer das Richtige tun. Einmal wollte sie, dass sich Arme um sie legten und sie beschützten. Sie wollte sich Schwäche erlauben können.
Dann ließ Malfoy von ihr ab.
Plötzlich wurde ihr mit Eiseskälte bewusst, was gerade passierte. Nein, das durfte nicht sein. Sie durfte sich nicht verlieben. Nicht jetzt, nicht in ihn.
Sie liebte Ron, rief sie sich ins Gedächtnis. Ron! RonRonRon!
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Authors Note: Okay ich melde mich mal wieder zu Wort :)
Wenn ihr Ideen habt, wie die FF weitergehen könnte, dann schreibt das ruhig :D
Ich liebe es, Anspielungen auf verschiedene Dinge zu machen. Sowohl auf wahre Motive anderer Charaktere, andere Geschichten als auch auf noch kommende Dinge ;D
Und es ist immer toll Theorien zu lesen :D
Würde mich tatsächlich wahnsinnig freuen, wenn jemand es schafft zu spoilern :DDieses Kapitel mag ich deshalb sehr gerne, weil man in den Gesprächen mit den Slytherins immer schnell merkt, wie sie zueinander stehen.
(Die ersten Kapitel sind übrigens auch so aufeinander abgestimmt.)Und bevor ich es vergesse Danke für die exorbitant vielen Likes und Kommentare ;D
Freu mich riesig ^.^Auch verspreche ich, dass in den nächsten Kapiteln Draco und Hermione wieder mehr im Vordergrund stehen.
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Die WinWin Situation (Dramione)
RomanceWill man einen Plan für eine gute Intrige spinnen, fragt man am Besten einen Slytherin. Doch in dieser speziellen Situation, ist es der Slytherin, der einer Gryffindor anbietet Teil einer Intrige zu werden, natürlich nicht ganz selbstlos. Aber Pläne...